„In Mathe bin ich Deko“ – lautet ein roter Schriftzug auf einem blauen T-Shirt, das ausschließlich für Mädchen angeboten wird. Das T-Shirt, welches von dem Bekleidungsgeschäft aus dem Sortiment genommen wurde, suggeriert, dass Mädchen aufgrund ihres Geschlechtes nicht befähigt sind, ein Verständnis für
Mathematik zu besitzen.

In Abhängigkeit vom biologischen Geschlecht werden schon vor der Geburt Stereotypen produziert: rosafarbene Spielzeuge und Kleidungsstücke für die schöne Prinzessin und hellblaue Produkte für den wilden Piraten. Diese klar voneinander getrennten Geschlechterwelten beflügeln die Wirtschaft, denn alles muss doppelt verkauft werden. Auch im Erwachsenenalter geht es mit dieser stereotypischen Einteilung der Geschlechter weiter. So gibt es beispielsweise Lebensmittel wie Chips mit BBQ-Geschmack mit der Aufschrift „Nur für Männer“, für den „Mädelsabend“ gibt es eine cremige Variante. Ein Getränkeunternehmen wirbt mit dem Werbeslogan „Auch Männer haben Gefühle: Durst“ und unterstellt somit, dass Männer stark sein müssen und keine Emotionen zeigen dürfen.
Das zeigt: Sexismus in der Werbung ist nicht per se an das Darstellen von Nacktheit gebunden. Die von der promovierten Geschlechterforscherin Stevie Schmiedel 2012 gegründete Non-Profit-Organisation Pinkstinks, spricht sich gegen Sexismus und starre Geschlechterrollen in der Werbung aus. Die Juristin Berit Völzmann hat im Rahmen ihrer Dissertation vier Kriterien zusammengestellt, anhand derer sich Sexismus in der Werbung erkennen lässt. Diese beruhen auf der Gesetzesnorm gegen sexistische Werbung und dienen Pinkstinks als Grundlage für ihre Arbeit.

Die ersten beiden Kriterien verkörpern die Darstellung eines geschlechterbezogenen Über-/Unterordnungsverhältnisses in der Werbung sowie die Zuordnung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts zu bestimmten Eigenschaften, Fähigkeiten und sozialen Rollen. Zur weiteren Klassifizierung von sexistischer Werbung werden die Darstellung von sexueller Anziehung als ausschließlichen Wert von Frauen und das Reduzieren von Menschen auf einen Gegenstand zum sexuellen Gebrauch aufgeführt. Insbesondere kritisch betrachtet wird dabei der Aspekt, wenn (weibliche) Körper(-teile) ohne Produktbezug als Blickfang eingesetzt werden oder ein Eindruck vermittelt wird, die abgebildete Person sei wie das Produkt käuflich.

Dabei ist es nicht das Ziel, Nacktheit als Werbemittel zu verbieten. Doch scheint die Grenze zwischen Sexappeal und Sexismus nicht immer klar zu ziehen zu sein. Organisationen wie Pinkstinks setzen sich dafür ein, dass beispielsweise T-Shirts mit der Aufschrift „In Mathe bin ich Deko“ oder Flyer von Fitnessstudios mit einer halbnackten Frau und dem Spruch „Mit dieser Figur brauche ich kein Abitur“ nicht mehr als derber Humor abgetan werden und die Herabwürdigung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts kritisch hinterfragt wird. Denn Sexismus beginnt im Kleinen, Alltäglichen, fast zur Gewohnheit Gewordenen. Und von da aus schlägt er dann Kapital, getarnt im „lieb gewonnenen“ Klischee, das in der Gesellschaft und auch vielleicht in uns selbst bereits gemütlich Platz genommen hat. „In Mathe bin ich Deko“, das ist das neue alte Pink, das schon lange stinkt.


Titelbild: annie spratt/unsplash

 

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Johanna studiert seit dem Wintersemester 2016/17 Deutsch und Soziologie an der CAU. Sie ist seit Oktober 2016 Teil der ALBRECHT-Redaktion. Von Juli 2017 bis Januar 2019 war sie als Ressortleiterin für die Kultur verantwortlich. Sie war von Februar 2019 bis Januar 2022 Chefredakteurin des ALBRECHT.

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