Tagtäglich machen sich tausende Studierende auf den Weg zur Uni. Dafür benutzen sie die öffentlichen Verkehrsmittel, fahren Auto, nehmen das Rad oder gehen schlichtweg zu Fuß. In den Hörsälen und Seminarräumen schreiben sie mit und hören zu, was die Dozenten und Professoren zu ihrem jeweiligen Fach zu sagen haben, sie leihen und lesen Fachliteratur aus der Universitätsbibliothek – im Idealfall zumindest. Für viele ist jedoch all das manchmal nicht immer einfach. Als Studierende/r mit Behinderung kommen Probleme auf, die für die meisten unter uns häufig nicht vorstellbar sind. Wie beispielsweise sieht der Weg zur Uni für diejenigen aus, die durch eine Querschnittslähmung auf den Rollstuhl angewiesen sind? Wie lesen blinde Studierende in denen für ihr Studium notwendigen Büchern?

Die Schwierigkeiten der Betroffenen werden durch die Sondererhebung „beeinträchtigt studieren“ aus dem vergangenen Jahr bestätigt; etwa 16 000 Studierende mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen wurden befragt, inwiefern das Studium für sie erschwert wird. Daraus geht zum Beispiel hervor, in welchen Bereichen des Studiums sie mit Hürden konfrontiert werden. Ebenfalls ersichtlich wird die Zusammensetzung der studierenden Behinderten; etwa 45 Prozent gaben an, dass sie durch körperliche Behinderungen am stärksten im Studium beeinträchtigt werden, gefolgt von 20 Prozent der Studierenden, für die chronisch-somatische Störungen das größte Erschwernis darstellt. In diese Kategorie gehören beispielsweise Rheuma, Tumore oder starke Allergien. Acht Prozent der Befragten leiden unter Seh-, oder Hör- und Sprechbeeinträchtigungen, sechs Prozent unter Leistungsstörungen wie Legasthenie und vier Prozent gaben an, dass es vor allem Bewegungsbeeinträchtigungen sind, die das Studium behindern. Für 13 Prozent der Befragten sind es mehrere Behinderungen, die das Studium zu einer großen Herausforderung machen. Es wird deutlich, dass die Arten der Behinderungen vielfältig sind und die Betroffenen individuelle Hilfe in ihrem Studienalltag benötigen. Doch wie behindertengerecht geht es auf dem Campus zu?

Bei genauerer Betrachtung einzelner universitärer Gebäude fällt auf: Viele Einrichtungen, ob Mensa oder Universitätsbibliothek, verfügen über mindestens einen Fahrstuhl. Oft ist dies allerdings nicht der Fall. Beispielsweise bei den Gebäuden hinter dem Torbogen, in der Johanna-Mestorf-Straße, dort sucht man vergeblich danach. Ein Blick auf dem Lageplan der CAU verrät, dass viele Gebäude nicht über barrierefreie Zugänge verfügen. Deutlich wird auch, dass vor allem beim Leibniz-Institut der Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) hinsichtlich der Behindertengerechtigkeit Modernisierungsbedarf besteht. Positiv zu nennen ist, dass viele Behinderten-WCs auf dem Campus verteilt sind. Außerdem wird der Gebäudekomplex in der Olshausenstraße 75 derzeit durch automatische Türen, wie wir sie am Audimax kennen, ergänzt.

Doch das sind nur kleine Schritte in ein barrierefreies Unileben. Schritte, die für einige viel zu langsam vorangehen. Allerdings bringen nicht nur die Einrichtungen Hürden mit sich, sondern auch mangelnde Informationen rund um das Leben mit Behinderung auf dem Campus bereiten den Studierenden Probleme. Als individuelles Beispiel kann Jakob* genannt werden. Jakob ist Gasthörer aus Polen, welcher unter Blindheit leidet und zudem noch hörgeschädigt ist. Er absolvierte in Polen seinen Bachelor und anschließend seinen Master in Germanistik und Polonistik. Er ist eine sehr offene Person und hat keinerlei Hemmungen andere Leute anzusprechen und kennenzulernen. Zum allerersten Mal lebt er alleine – und dazu noch in einem fremden Land. Alles ist eine Herausforderung für ihn. Sachen, die für uns selbstverständlich sind, sowohl das Kopieren von Arbeitsmaterialien oder auch das Bücher lesen, bringen für ihn Hindernisse mit sich. Wir lesen problemlos ab, was auf den Arbeitsutensilien steht. Für ihn muss das Geschriebene erst einmal digitalisiert und anschließend auf eine spezielle Tastatur mit Blindenschrift überspielt werden.
In Vorlesungen und Seminaren nimmt er mit Hilfe eines Funk-Mikrofons teil, um somit das Gesagte besser zu verstehen, gleichzeitig wird dies aufgezeichnet.

Damit ihm der Unialltag ein wenig leichter fällt, hat er einen freiwilligen Helfer an seiner Seite. Dieser bringt ihn morgens zur Uni und holt ihn im Laufe des Tages wieder ab. Dies klingt nach einer guten Unterstützung beim Studieren, doch auch hier gibt es zahlreiche Probleme zu bewältigen. Da sein Helfer ebenfalls Student ist, hat er dementsprechend nicht immer viel Zeit. Er hilft ihm wo er nur kann, aber fällt er nun einmal aus, zum Beispiel aus Krankheitsgründen, so muss Jakob Freunde oder Kommilitonen finden, die ihn begleiten. Nicht nur sein Weg zur Uni weist dann Schwierigkeiten auf, auch Einkäufe tätigen oder einfach mal über die Straße gehen ist für ihn allein unmöglich.

Für die Betroffenen ist ein barrierefreies Unileben nicht immer einfach. Natürlich spielt vor allem die Art der Behinderung eine große Rolle. Dennoch erschweren die institutionellen Einrichtungen an unserer Uni und die materiellen Möglichkeiten die vorliegenden Umstände. Die Uni gibt sich jedoch große Mühe diese Nachlässigkeiten zu regeln. Auch die einzelnen Institionen bemühen sich, den Studierenden mit Handicap entgegen zu kommen und helfen ihnen wo sie nur können.

Weitere Informationen zu diesem Thema findet ihr unter www.handicap.uni-kiel.de

*Name von der Redaktion geändert

Foto: Querschnitt  / pixelio.de

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