27 Jahre nach dem Tod ihres legendären Leadsängers gibt es nun einen Film über die Band Queen. Eine Band verfilmen, wie soll das gehen, werden sich einige fragen. Soll die Musik im Fokus des Films stehen, die Bandmitglieder, ihre fantastischsten und verrücktesten Geschichten, ihr Aufstieg, Zenit oder Ende? Diese ganzen Fragen, gepaart mit dem Namen Queen, einer Band, so berühmt und geliebt von ihren Fans, erklären unter Umständen, warum es erst 2018 zu einem Film kam.

Regisseur Bryan Singer (X-Men-Filme) und seine Drehbuchautoren beschreiben in Bohemian Rhapsody die Band in ihren Anfängen in den frühen 1970er Jahren und zeichnen ihren Aufstieg bis zum Live Aid-Konzert 1985 nach. Freddie Mercury, gespielt von Rami Malek – ein besseres Look-Alike gibt es auf diesem Planeten wahrscheinlich nicht – steht dabei als Protagonist klar im Vordergrund.

Als echter Fan fällt es schwer, vorurteilslos ins Kino zu gehen, jedoch einfach, Kritikpunkte zu finden. Schon bei der Gegenüberstellung der Fakten wird deutlich, dass irgendetwas auf der Strecke bleiben wird: Anderthalb Jahrzehnte (Band-)Geschichte sollen in 135 Minuten verpackt werden. Dementsprechend oberflächlich werden einzelne Storylines angekratzt, wie zum Beispiel das schwierige Verhältnis von Freddie zu seinem Vater oder die Beziehung zu seinem späteren Lebenspartner Jim Hutton.

Gleichzeitig zeigen diese Beispiele, wer ganz klar Dreh- und Angelpunkt des Films ist, nämlich Freddie Mercury und weniger Queen als Ganzes. Dass dieser ein ausschweifendes sowie exzentrisches Leben führte, ist bekannt und so lernt das Publikum auch nichts Neues über ihn. Die Zeit, die auf Mercury und seine Geschichte verwendet wird, hätte besser genutzt werden können, um mehr über die übrigen drei Bandmitglieder zu erzählen, beispielsweise ihr Miteinander und – noch interessanter – ihr Zusammenwirken als Musiker. Brian May, Roger Taylor und John Deacon sind alle Meister ihres Fachs und haben nicht wenige der bekanntesten Queen-Hits geschrieben. Im Gegensatz zum Film waren sie im wahren Leben alles andere als Nebendarsteller und auch keine lupenreinen Familienmänner, die Partys, Drogen und außerehelichem Spaß abgeneigt waren.

Den Puristen unter den Zuschauern werden außerdem die historisch falsche Reihenfolge einiger Songs auffallen sowie die Tatsache, dass der Leadsänger in der Zeit, die der Film abdeckt, noch gar nichts von seiner HIV-Infektion wusste. Darüber hinaus fand die Band nicht wie in Bohemian Rhapsody beschrieben zusammen und Figuren wie der Plattenfirmenmanager Ray Foster sind frei erfunden.
Die mit viel Aufwand nachgestellten berühmten Konzerte wie der Live Aid-Auftritt und Musikvideos von Queen nehmen zusätzlich wertvolle Filmminuten ein. Queen war in puncto Musikvideos immer am Puls der Zeit, dementsprechend überflüssig scheint die Replikation.
Wer nur wenig Ahnung von der realen Geschichte der Band, aber Lust auf 135 Minuten gute Musik hat und sich gerne über Frisuren aus den 1970er und 1980er Jahren lustig macht, ist mit Bohemian Rhapsody gut bedient. Wahre Fans lassen lieber die Finger davon und gucken sich weiterhin Queen – The DVD Collection: Greatest Hits 1 and 2 an.

5 von 10 Kinokatzenpunkten


Titelbildquelle: Kathrin Biskop

Autor*in

Rebecca war von 2014 bis 2019 teil der ALBRECHT-Redaktion. In der Zeit hat sie für ein Jahr das Lektorat geleitet und war ein weiteres Jahr die stellvertretende Chefredakteurin.

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