01. Sex CriminalsSex Criminals

Titel: Sex Criminals – Guter Sex zahlt sich aus.
Band 1: Komm, Welt – Band 2: Die Sexpolizei kommt
Autor: Matt Fraction (Skript) und Chip Zdarsky (Zeichnungen)
Verlag: Panini. 140 Seiten (farbig), Softcover. 16,99 Euro.

Klar, der Titel ist unheimlich bescheuert – übertroffen nur noch vom Untertitel des zweiten Bandes Die Sexpolizei kommt. Aber wen kümmert das schon, angesichts dieser sagenhaft unverblümten Biografie der sexuellen Evolution von College-Studentin und Ich-Erzählerin Suzie, deren ‚Superkraft‘ es ist, beim Höhepunkt buchstäblich die Zeit stillstehen zu lassen? Als sie feststellt, dass ihr neuer Freund John über dieselbe Fähigkeit verfügt, beginnen die beiden, Banküberfälle von der Kundentoilette aus zu verüben, geraten damit aber auf die Abschussliste einer reichlich obskuren Polizeieinheit. Sex Criminals marschiert mit einem Selbstverständnis durch die Spielarten der körperlichen Liebe und ihrer medialen Verbreitungsformen, für das Charlotte Roche ihren letzten Vibrator verpfänden würde. Der Einfallsreichtum beschränkt sich aber nicht allein auf das Schlafzimmer: Als Suzie in einer Bar beginnt, Karaoke zu Queens Klassiker Fat Bottomed Girls zu singen, werden die Sprechblasen mit dem Songtext von gelben Post-Its überdeckt, die dem Leser mitteilen, dass die Rechte nicht erschwinglich waren und diese stattdessen munter editorische Aspekte erläutern. Für so etwas wird man schon mal mit dem Comic-Oscar Eisner Award für die beste neue Serie ausgezeichnet und muss sich den Avancen der Fernsehsender erwehren. Vermutlich hat HBO dennoch längst eine neue Serie in der Mache, gefühlter Titel: ‚True Detective – Sex Police‘. (9)

02. Die Farbe der LuftDie Farbe der Luft

Titel: Die Farbe der Luft
Autor: Enki Bilal
Verlag: Ehapa Comic Collection.
92 Seiten (farbig), Hardcover. 24,99 Euro.

In den 1980ern galt Enki Bilal völlig zu Recht als maßgeblicher Innovator des europäischen Science-Fiction-Comics: Seine plastische Kolorierungstechnik war bahnbrechend, seine Geschichten visionär. Doch mit der Zeit nutzte sich die Wirkung der Zeichnungen ab, während die Erzählungen immer wirrer und ausufernder wurden. Mit dem Blutsturz-Zyklus begann Enki vor einigen Jahren zu allem Überfluss, nur noch in Blau- und Grautönen zu malen, wodurch neben die narrative Tristesse nun endlich auch eine optische trat. Schlechte Voraussetzungen also für Die Farbe der Luft, das Finale der Reihe, das in einer Welt angesiedelt ist, die nach diversen globalen Naturkatastrophen in Trümmern liegt. Die Zusammenführung der Figuren aus den vorangehenden Teilen gerät dabei unsäglich prätentiös: Die Protagonisten sprechen ausschließlich in hochgestochenen Zitaten von Bakunin oder Nietzsche, was die ersten Seiten zu einer regelrechten Qual macht. Dann aber kippt das Prinzip ins Selbstironische, die Bedeutungsschwere fällt sukzessiv ab und Die Farbe der Luft erlangt eine Leichtigkeit und Verspieltheit, die man weder von Enki noch aus dem Endzeitgenre überhaupt kennt. Am Ende reißt der Zeichner dann die Wolkendecke auf und lässt seine Welt wieder in den schönsten Farben erstrahlen – hier wird nicht nur die Erde, sondern auch ein Künstler revitalisiert, mit dem man eigentlich gar nicht mehr gerechnet hat. Ein kleines Comic-Wunder. (8)

03. BatmanDer Anti-Batman

Titel: Batman – Detective Comics. Band 4: Der Anti Batman
Autor: John Layman (Skript) und Scot Eaton/Jason Fabok/Aaron Lopestri/Jorge Lucas (Zeichnungen) Verlag: Panini. 156 Seiten (farbig), Softcover. 14,99 Euro.

Wer ist eigentlich dieser maulfaule Miesepeter, der neuerdings so schlecht rasiert wie gelaunt durch Gotham City stapft? Ach, das ist John Laymans Batman? Ein Typ, der den Superhelden gibt, weil es halt irgendwer machen muss. In der zweiten Storyline (US-Detective Comics #21-26) des Autoren geht es gegen den Industriellen Caldwell, der nicht nur wirtschaftlich erfolgreicher, sondern auch wohltätiger ist als Batmans Alter Ego Bruce Wayne, dessen Firmen er sich nun einzuverleiben versucht. Noch mehr geht der Fledermaus aber gegen den Strich, dass sein Konkurrent sich des Nachts eine High-Tech-Rüstung überzieht und systematisch Attentate auf die Polizisten der Stadt verübt. Im finalen, ungemein druckvollen Duell prügeln sich die beiden wie kämpfende Elefanten durch den Porzellanladen Gotham und planieren dabei schon mal die halbe Innenstadt – stand halt im Weg. Unter der Armada von Zeichnern versteht es Jason Fabok am besten, die Essenz dieses kantigen Monuments in Szene zu setzen: Hier ist Batman mal kein Mann, der mit sich selbst ringt, sondern einer, der einfach nachts raus geht und Schellen verteilt, wenn ihm jemand dumm kommt. Und was für belebende Ohrfeigen für den Superheldencomic das sind! (9)

 

04. ValentinaWiederveröffentlichung des Monats: Valentina

Titel: Valentina
Autor: Guido Crepax
Verlag: Avant Verlag.
207 Seiten (s/w), Hardcover. 34,95 Euro.

Im Italien der 1960er mochte man seine Comics gerne schlüpfrig: Giorgio Cavedons Serie Isabella trug damals in Deutschland nicht ohne Grund den Untertitel Mit blanker Brust und spitzem Degen. Auch Guido Crepax Figur Valentina zeigte sich zur selben Zeit regelmäßig unbekleidet, die Abenteuer der Fotografin waren aber mitnichten bloßer Schmuddelkram. Vielmehr illustrierten sie die Reise in das Innenleben einer selbstbewussten jungen Frau, die früh ihre Eltern verlor und ihren Platz in einer Welt behauptete, die von Männern dominiert wurde. Crepax, einer der größten Comic-Künstler seiner Zeit, erforschte die Emotionen seiner Protagonistin in assoziativen, eleganten Bildfolgen, die im Laufe der Serie, die erst in den 1990ern ihren Abschluss fand, zunehmend zerfielen, sich neu zusammensetzten und vom Leser forderten, einen eigenen Weg durch die Seite zu konstruieren. Das ist noch heute ebenso faszinierend wie enigmatisch, wobei gerade die Unbestimmtheit verhindert hat, dass die Geschichten wirklich Staub ansetzen. Die vorliegende Neuausgabe ist überfällig und kompiliert formal bestechend die ersten fünf, von 1965 bis 1972 erschienen, Valentina-Erzählungen ergänzt um zwei jeweils opulent bebilderte und kenntnisreiche Vorworte, das erste von niemand Geringerem als Umberto Eco. Stilvoll. (8)

 

 

05. BorgiaBorgia

Titel: Manara Werkausgabe.
Band 15: Borgia
Autor: Alejandro Jodorowsky (Skript) und Milo Manara (Zeichnungen)
Verlag: Panini. 220 Seiten (farbig), Hardcover. 39,99 Euro.

Jetzt aber mal zu echtem Schweinkram aus italienischer Feder: 2004 widmete sich mit Milo Manara, ein Meister des erotischen bis lüsternen Strichs, der durchtriebenen, aus Film und Fernsehen bekannten Borgia-Sippe des Kardinals und späteren Papstes Alexander VI. In vier Alben, die hier erstmals in gesammelter Form vorliegen, zeichnet er deren Herrschaft ab 1493 als ausuferndes Fresko aus Intrigen, Mord und Inzest. Zwar verliert sich die Chronik dieser schrecklich netten Familie nie gänzlich in den drastischen Exzessen – eine gewisse Affinität zum Derben und Brutalen sollte man dennoch mitbringen, um den rüden Charme von Borgia goutieren zu können. Manaras Zeichnungen sind einmal mehr über jeden Zweifel erhaben, der eigentliche Clou ist aber das Skript des unermüdlichen Alejandro Jodorowskys, das jeglicher historischen Genauigkeit abschwört: Wenn Leonardo da Vinci dem Heeresführer Cesare Borgia im Gegenzug für sexuelle Gefälligkeiten grotesk-fantastische Kriegsmaschinen baut, biegen sich die Balken der Geschichte bis sie bersten. Borgia ist Inglorious Basterds im 15. Jahrhundert, nur dass Jodorowsky und Manara Quentin Tarantinos stilbildendem Konzept, geschichtliche Fakten nach eigenem Gutdünken zu modifizieren, um Jahre zuvorgekommen sind. Die Gesamtausgabe weiß darüber hinaus auch noch mit deftigem Bonusmaterial zu punkten. Schundtastisch. (7)

 

06. JokerJoker Anthologie

Titel: Joker Anthologie – Die grössten Schurkenstücke des Verbrecherclowns
Autor: Diverse
Verlag: Panini.
372 Seiten (farbig), Hardcover. 29,99 Euro.

Weihnachten steht mal wieder vor der Tür und gesegnet ist da derjenige, der ein passendes Geschenk für alle Altersklassen zur Hand hat. Besonders empfehlenswert in dieser Hinsicht: Die Joker Anthologie, die zum 75. Geburtstag des vermutlich größten Schurken im Superhelden-Comic erscheint. Der war genau genommen zwar schon im Frühjahr (erster Auftritt in: Batman #1, Spring Issue 1940), aber das dürfte Freunden und Verwandten, die mit dieser Kollektion von 18 Geschichten bedacht werden, herzlich egal sein. Beginnend mit Erzählungen aus den 1940ern ist für jede Generation etwas dabei, da freut sich auch die Oma, die ansonsten immer meckert, dass optisch nichts mehr gerissen wurde, seit Dick Sprang 1970 die Zeichenfeder abgab. Nur für die Kleinsten dürften die grotesk-einfallsreichen Attentate des ‚Harlekin des Hasses‘ weitestgehend etwas zu drastisch ausfallen – obwohl: Genau darauf stehen die ja eigentlich. Muss man sich dann halt auf die bösen Blicke ihrer Eltern einstellen. Ergänzt werden die Episoden, die einen exzellenten Querschnitt durch die Historie der Figur geben, jeweils um einen Textbeitrag, der die Einordnung ermöglicht und Hintergrundinformationen bereitstellt, Coverillustrationen und ein hochwertiger Einband runden das Erscheinungsbild ab. Ein breiteres Grinsen – es reicht von Ohr zu Ohr – wird man dieses Jahr unterm Tannenbaum nicht finden. (9)

 

07. LoboLobo Collection

Titel: Lobo Collection. Band 1.
Autor: Alan Grant (Skript) und Val Semeiks (Zeichnungen)
Verlag: Panini. 164 Seiten (farbig), Softcover. 14,99 Euro.

Wo wir gerade bei Antihelden sind, gleich noch ein bisschen Neunziger-Revival mit Lobo hinterher. Die Anzahl an Comics, die sich an den Splatter-affinen Sprachwissenschaftler richten, ist traditionell ja eher gering, umso größer war die Freude in der Linguistengemeinde, als der intergalaktische, wenig zimperliche Kopfgeldjäger 1993 seine eigene Serie erhielt. Mit höchst individuellem Wortschatz, der etwa das Wort „Fichte“ völlig neu besetzte und das multifunktionale „Frägg“ etablierte (dies und seine tendenziell blaue Hautfarbe weisen Lobo als entfernten Verwandten der Schlümpfe aus), prägte er den Wortschatz des Jahrzehnts, wie sonst wohl nur Bill und Ted. Die ‚Collection‘ hat sich nun dem chronologischen Nachdruck seiner Abenteuer unter eigenem Titel verschrieben, lässt aber leider die zuvor in Anthologien und anderen Serien erschienenen, ersten Auftritte des selbsternannten „Präsis“ vermissen. Die sechs versammelten Hefte selbst wirken heute, als hätte man Judge Dredd mit einer Ausgabe des MAD Magazines gekreuzt und lassen entsprechend Freude aufkommen. Der Zahn der Zeit konnte diesem, optisch ansprechend umgesetzten Kampf der Ein-Mann-Armee gegen die Mafia, moralisch übermäßig integren Superhelden und verlogene Weltraumtrucker wenig anhaben, schließlich ist Lobos Welt, die sich ausschließlich um Prügeleien, Bier und Zigarren sowie die willigen Damen dreht, irgendwie zeitlos. Allerdings kommt natürlich auch derjenige auf seine Kosten, der sich einfach mal wieder amüsieren will, als wäre es 1993. Volle Kanne, Hoschis! (7)

 

08. TransmetropolitanTransmetropolitan

Titel: Transmetropolitan. Band 5: Höllenfahrt. Autor: Warren Ellis (Skript) und Darick Robertson (Zeichnungen) Verlag: Panini. 388 Seiten (farbig), Hardcover. 29,99 Euro.

Unsere kleine Parade der Antihelden beschließt aber Spider Jerusalem, gegen den selbst Lobo wie ein eher umgänglicher Zeitgenosse wirkt. Seine Erlebnisse in der nahen Zukunft füllten von 1997 bis 2002 stolze sechzig Ausgabe der Maxiserie Transmetropolitan, einem tollwütigen Bastard aus Science-Fiction, Politthriller und Gesellschaftssatire, der noch heute wie die Exzeption des Exzeptionellen erscheint. Nachdem Spider, seines Zeichens Menschenhasser, letzter Investigativ-Journalist und Junkie aus Leidenschaft, instrumentalisiert wurde, den psychopathischen Präsidentschaftskandidaten Callahan ins Amt zu erheben, setzt er nun alles daran, den mächtigsten Mann in Amerika zu Fall zu bringen. Ein Vorhaben, das dadurch erschwert wird, dass ihm eine ganze Armada von Killern aus dem Weißen Haus auf den Fersen ist. Transmetropolitan verbeißt sich in diese Story wie ein Jagdhund, der einem Braunbären gegenübersteht – zäh, ausdauernd, unnachgiebig. Mit dem fünften und letzten Band der Gesamtausgabe lehrt uns die Serie alles, was es über Politik, das Wesen des Menschen, Fatalismus und Zynismus zu wissen gibt – einschließlich dessen, was wir nie wissen wollten. Erschreckend aktuell ist das natürlich in einer Zeit, in der das Amt des Präsidenten für gestörte Milliardäre in komfortabler Greifweite liegt, nur dass weit und breit kein Spider Jerusalem zu sehen ist, der Amerika vor Donald Trump retten könnte. Aber auch ohne die tagespolitische Konnotation gilt: Ein eindrücklicheres Erlebnis als Transmetropolitan wird man zwischen zwei Buchdeckeln nicht finden. Man müsste schon zu Heroin greifen. (10)

Short Cuts

Mark Millar/John Romita jr.: „Kick-Ass 3“: Der Traum vom Superheldendasein scheint ausgeträumt: Hit-Girl sitzt im Hochsicherheitstrakt ein und Kick-Ass kuschelt lieber mit seiner neuen Freundin anstatt für Recht und Ordnung zu sorgen. Als die Mafia versucht, an den beiden Ex-Vigilanten ein Exempel zu statuieren, provoziert sie jedoch eine fatale Gegenreaktion. Nicht mehr ganz so überraschend und nihilistisch wie die Vorgänger, hat der Abschluss der Trilogie immer noch mehr als genug Biss, um einen der wichtigsten Comics des dritten Jahrtausends zu einem würdigen Ende zu führen. (252 Seiten; Softcover. 19,99 Euro)

Diverse: „Das DC-Universum vs. Masters of the Universe“: Klar, wenn He- und Superman aufeinandertreffen erwartet man nicht Goethes „Faust“, sondern sinnfreies Hauen und Sprücheklopfen. Dennoch sind Handlung und Dialoge dieses Crossovers, das die He-Man und Entourage per Dimensionssprung auf die Erde katapultiert, erschreckend flach. Eine satte Portion Selbstironie verhindert aber das Schlimmste und auch die Kämpfe sind einigermaßen spektakulär. Am Ende darf Batman das Fazit sprechen: „Ich dachte die hauen NIE ab.“ (164 Seiten; Softcover. 16,99 Euro)

Terry Moore: „Rachel Rising Bd. 4“: Lilith will die Kleinstadt Manson, in der sie vor 400 Jahren (zu Recht) als Hexe hingerichtet wurde, zerstören. Nur Rachel, die Reinkarnation ihrer Schülerin Bryn, die hier Freunde und Familie hat, stellt sich ihr in den Weg. Als Zünglein an der Waage entpuppt sich die besessene Göre Zoe, stets schwankend zwischen nachvollziehbaren Ausbrüchen gegen die repressive Erwachsenenwelt und purer Mordlust. „Wintersterben“ ist Teil 4 dieser exzeptionellen Charakterstudie in Horror, ein weiterer aufsässig-einfühlsamer Solitär im Genre, der dessen Motive so in Szene setzt, als würde man sie zum ersten Mal erblicken. (127 Seiten; Softcover. 14,95 Euro)

Tim Seeley/Mike Norton: „Revival Bd. 3“: Auch die andere Serie um die zurückgekehrten, aber nicht gleich auch zombifizierten, Toten geht mit „Ein ferner Ort“ in eine weitere Runde. Die leitende Polizistin Dana Cypress rätselt noch immer, was dazu geführt hat, dass die Verstorbenen in Wausau, Wisconsin plötzlich wieder lebendig werden, da diese psychisch aber nicht immer gut auf ihre Reinkarnation reagieren, bleibt zum Grübeln nur wenig Zeit. „Revival“ verstrickt sich glücklicherweise nicht in immer neue Rätsel, sondern nähert sich dem Unglaublichen mit rationalem, aber nicht unterkühltem Blick. Da bleibt man dran. (144 Seiten; Hardcover. 18 Euro)

Scott Snyder/Greg Capullo: „Batman: Jahr Null – Die geheime Stadt“: Mit der existentiellen Joker-Konfrontation „Der Tod der Familie“ hat sich das Gespann Snyder/Capullo einen exzellenten Ruf erworben, folglich kann es sich leisten, mit einer Rückblende in die Anfangstage der Fledermaus an Frank Millers Klassiker „Year One“ anzuknüpfen. Das gelingt stilistisch solide, vermag dem Vorbild aber nichts hinzuzufügen. (172 Seiten; Softcover. 16,99 Euro)

Brian Wood/Greg Smallwood: „Moon Knight Bd. 2: Blackout“: Seit der Söldner Marc Spector symbiotisch mit der ägyptischen Gottheit Khonshu verbunden ist, hat er zwar Superkräfte, leidet aber auch unter einer multiplen Persönlichkeitsstörung. Besonders ungünstig also, wenn seine Therapeutin versucht, sich seiner Fähigkeiten zu bemächtigen, um blutige Rache an einem Kriegsverbrecher zu nehmen. Experimentelle Seitenkompositionen spiegeln Spectors Geisteszustand wieder und machen „Moon Knight“ zu einem der interessantesten Titel des Marvel-Verlags. (132 Seiten; Softcover. 16,99 Euro)

Jim Aparo: „Batman Collection Bd. 4“: Rekordverdächtige 30 Jahre zeichnete der 2005 verstorbene Jim Aparo für „Batman“ – da kommt natürlich einiges zusammen. Versammelt sind hier Arbeiten von 1973-74 sowie 1977-79, in denen der Protagonist mit einer illustren Schar von Co-Stars zusammenarbeitet. Einen gewissen Hang zur Nostalgie sollte man schon mitbringen, wenn der dunkle Ritter gemeinsam mit Flash das Geheimnis der „Disco des Todes!“ lüftet und seine Gegenspieler als „Drecksäcke“ oder „Obermacker“ verunglimpft. Aber das ist auch eine Form von historischer Akkuratesse. (276 Seiten; Softcover. 24,99 Euro)

Alan Moore/John Totleben: „Miracleman Bd. 3: Olymp“: Im dritte Zyklus (1987-89) seines meisterlichen „Miraclemen“ sprengte Alan Moore endgültig die restriktiven Grenzen des Superheldencomics: Überwesen Mike Moran entfremdet sich zunehmend von seinen Mitmenschen, zieht in den Kosmos ein, tötet um zu retten und erfährt die finale Apotheose ins Göttliche. Die narrative Brillanz konkurriert hier höchstens noch mit Shakespeare oder dem bärtigen Kerl im Nachthemd, der die Bibel diktiert hat. Triumphal. (164 Seiten; Hardcover. 29 Euro)

Joe Kelly/Diverse: „Deadpool Killer-Kollektion Bd. 4“: Grelle Farben, dicke Outlines und ein Figurendesign das von absurd schmalen Taillen, riesigen Füßen und gnubbeligen Gesichtern bestimmte wird: Welche geschmacklichen Entgleisungen die Jahre 1997/98 auch boten – die „Deadpool Killer Kollektion“ (die, die deutsche Erstveröffentlichung der originalen Serie enthält) hat sie alle. Das ist umso bedauerlicher, da die launigen Abenteuer des durchgeknallten Mutanten-Söldners rein inhaltlich nämlich durchaus Laune machen. (156 Seiten; Softcover. 16,99 Euro)

Leonardo Ortolani: „Star Rats“: Eine Faustformel der Kulturindustrie lautet: „Star Wars“ geht immer. Das gilt auch für Parodien. „Star Rats“ (1999) erzählt auf der Folie des ersten Films von 1977 die Geschichte mit knuffig-einfältigen Rattenviechern neu und entlockt dem Kenner damit durchaus den ein oder anderen Schmunzler. Der Charme klassischer „Krieg der Sterne“-Persiflagen wie Jeffrey Browns „Vaders kleine Prinzessin“ bleibt dabei allerdings unerreicht. (84 Seiten; Hardcover. 12,99 Euro)

Loisel: „Peter Pan Bd. 2“: Erstaunlich erwachsen nimmt sich die Imagination der Vorgeschichte des Kinderbuchklassikers zwischen Charles Dickens „Oliver Twist“ und Alan Moores „From Hell“ noch heute aus. Der zweite Band der Gesamtausgabe versammelt die letzten drei Alben „Rote Hand“ (1996), „Der Haken“ (2002) und „Schicksale“ (2004). Während das erste den Höhepunkt der Reihe markiert, fallen die letzteren qualitativ merklich ab, was dem Status als Klassiker letztlich aber schaden konnte. Extras: Informatives, aber nicht sonderlich analytisches Vorwort, illustriert mit besonders schönem Bildmaterial, mustergültige bibliografische Aufarbeitung, komplette Covergalerie. (168 Seiten; Hardcover. 29,99 Euro)

Terry Moore: „Stranger in Paradise Bd. 6“: Nach 13 Jahren und 90 Ausgaben brachte Terry Moore sein Opus Magnum „Strangers in Paradise“ 2007 zum Abschluss. Mit dem sechsten Sammelband liegt die emotional und chronologisch ausufernde Liebesgeschichte zwischen der verklemmten Francine, ihrer lesbischen Freundin Katchoo und dem geläuterten Kriminellen David erstmals in kompletter Übersetzung vor. Verabschieden wollte sich aber selbst der Autor nicht endgültig von seiner wundersam-verworrenen Erzählung und übernahm einzelne Figuren in seine neue Serie „Rachel Rising“ (siehe oben). Gute Entscheidung. (288 Seiten; Softcover. 16,95 Euro).

Autor*in

Janwillem promoviert am Institut für Neuere deutsche Literatur- und Medienwissenschaft. Er schreibt seit 2010 regelmäßig für den Albrecht über Comics und Musik, letzteres mit dem Schwerpunkt Festivalkultur.

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