Gerade in Zeiten aufgeschobener Hausarbeiten und bevorstehenden Prüfungen greifen wir Studenten häufig zum Telefon und bestellen unser Abendbrot, anstatt zu kochen. Und daran ist schließlich auch nichts Verwerfliches, ist doch das einzig noch essbare, nicht abgelaufene Lebensmittel im Kühlschrank ein Glas Senf. Mehrmals die Woche stellt sich also die schwierige Frage: Pizza, Sushi, Burger, Döner oder Croque?

Nach reichlicher Überlegung fällt die Wahl auf einen Croque. Nach der Umfrage „Welches Fastfood schmeckt Ihnen am besten?“ von statista.com hätten sich wohl mehr als die Hälfte der Befragten ebenfalls für ein Sandwich wie den Croque entschieden. Die Deutschen lieben sie: Meterlange weiche Baguettes mit Kochschinken oder gegrillter Pute, Krautsalat, Tomaten, Cocktailsoße, Knoblauchsoße und massenhaft Gouda.

Wer jedoch bereits in Frankreich, speziell in Paris, gewesen ist und sich bei seiner Reise nicht nur von Crêpes und Champagner ernährt hat, wird bei dieser deutschen Essgewohnheit den Kopf schütteln: Wer hat sich bloß diesen Quark, pardon, Croque, ausgedacht? Die soßenüberladenen Baguettes haben mit Croques genauso viel zu tun wie Dirndl mit Schleswig-Holstein.

Der ursprüngliche Croque Monsieur tauchte erstmals 1910 auf der Speisekarte eines Pariser Cafés auf und ist seitdem nicht mehr aus Frankreich wegzudenken. Konzipiert war dieses simple aber doch geniale Gericht für Geschäftsmänner, die nicht viel Zeit für ihre Mittagspause einplanen konnten. Anders als in Deutschland werden für das Originalrezept Brioche- oder Weißbrotscheiben verwendet. Viele Bistros benutzen erfahrungsgemäß auch ein helles Graubrot mit dünner Kruste. Das gebutterte Brot wird mit Kochschinken und Gruyèrekäse belegt, je nach Rezept noch mit einer Béchamelsauce oder einem verquirlten Ei mit Milch bestrichen und im Ofen gebacken. Auch für die Mesdames dachten sich Gastronomen schnell eine Variante aus: Der fertige Croque wurde um ein Spiegelei erweitert.

Doch woher kommt die Idee, Brot durch das viel populärere und französisch klingendere Baguette zu ersetzen und es mit einem Potpourri an Soßen und Salaten zu füllen? Als Erfinder gilt der in Hamburg lebende Gastronom Rudolf Scheichl, der die Sandwiches 1976 als günstiges Gericht für seinen Imbiss kreierte und unter dem Namen Croque sehr erfolgreich verkaufte. Und seien wir doch ehrlich: Ab und zu brauch jeder einfach ein riesiges, herzhaftes, mayonaiselastiges Baguette, um einen anstrengenden BIB-Tag vor dem Fernseher ausklingen zu lassen.

Wenn dich statt der Lust auf Knoblauchsoße nun doch eher die Frankophilie gepackt hat, bleiben dir nur zwei Möglichkeiten. Zum einen kannst du dir ein schönes Restaurant suchen, um dich mit der französischen Bistro-Küche vertraut zu machen. Gerade in Hamburg wird man schnell fündig (Café Paris, Brasserie La Provence…), doch auch Kiel hat bereits eine schöne Brasserie und Créperie (Blé Noir) sowie ein nettes Restaurant mit französischer Note (Pastis Restaurant Grill) vorzuweisen.

Zum zweiten könntest du trotz Hausarbeiten den Kochlöffel schwingen – der Croque ist nicht umsonst als Blitzgericht in Paris eingezogen. Mit seiner einfachen Zubereitung und den wenigen Zutaten passt er, versprochen, in jeden Zeitplan und in jeden Geldbeutel. All diejenigen unter euch, die einen Hang zur Extravaganz haben, finden im Anschluss ein Rezept für die etwas aufgepeppte Variante eines Croques – gefunden in der letzten Ausgabe der Lust auf Genuss.

Autor*in

Johanna schreibt seit Anfang 2015 vornehmlich für das Ressort Gesellschaft. Seit Februar 2017 ist sie Chefredakteurin des ALBRECHT. Sie studiert seit dem Wintersemester 2014 Deutsch und Soziologie an der CAU.

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