Max Herre, Rapper, Liedermacher, souliger Sänger, Produzent und bekannter Künstler aus dem Schoße der Kolchose. Auf diesen Mann lassen sich viele Attribute anwenden, aber eines ist er vor allem – ein Wanderer zwischen den Welten. Als er am 07. März in der Kieler Diskothek MAX die Bühne betrat war es bereits geschehen, wie viele Male zuvor an anderen Orten seiner Tour. Der Laden war mit über 1200 Menschen extrem voll und praktisch ausverkauft. Die Stimmung in der angenehm ausgeleuchteten Location war vom murmelndem Sprachfluss hunderter Menschen erfüllt, die in froher Erwartung dem Auftritt des glutäugigen Musikers aus Stuttgart entgegenfieberten. Auf der Bühne stand der barackenartige Holzverschlag, der auch auf dem aktuellen Album zu sehen ist. Dieser wie ein funkiger Kiosk anmutende Verschlag machte, ohne dass man einen einzigen Ton gehört hätte, deutlich wer da an diesem Abend kommen sollte. Der musikalische Verwandlungskünstler Max Herre, den einstmals das Stuttgarter HipHop-Projekt „Kolchose“ aus seinem Leib geboren hatte. Unter dem grölenden Applaus erklomm Max schließlich die Bühne, um auch in Kiel sein aktuelles Album vorzustellen.

Das aktuelle Werk ist ein Aufbruch ins Neue, das vielfach aus Bekanntem schöpft. Prinzipiell ist die aktuelle musikalische Schaffensphase, die „Hallo Welt“ darstellt, gar nicht weit von den Arbeiten aus Freundeskreis-Tagen entfernt. Es findet sich beim heutigen Maxe eine grundsolide und musikalisch hochwertige Mischung aus viel Rap, Soul, Funk und einer Prise Liedermacher-Charme. Er kann aber auch, wie in „Berlin Tel-Aviv“, wieder wie früher zum einfühlsamen Geschichtenerzähler werden, der zu jazzigem Klavierklang vom Flüchtlingsweg emigrierter Juden erzählt. Man könnte „Hallo Welt“ insgesamt als ein großes Stelldichein vieler Köche sehen, die beim Kochen wahrlich nicht den Brei verdorben haben. Sie sorgen mit und durch Max Herre für eine einheitlich anmutende Vielseitigkeit, die so auch auf dem Konzert weitergetragen wurde. Unter den illustren Teilnehmern dieser Album-Kollaboration finden sich solch bekannte Namen wie Patrice, Megaloh, Cro, Clueso und Samy Deluxe, die mit ihren Beiträgen auch ihren individuellen Stil in das Süppchen mit haben einfließen lassen. Die gesamte Musik ist insgesamt sehr vielschichtig mit lyrisch ausgefeilten Texten und melancholischen Pop-Hymnen wie „Wolke 7“. Es finden sich darüber hinaus ebenso gesamplete Kompositionen, die sich wie „1992“ deutlich im Geiste des Stils der frühen Neunziger bewegen und an De La Soul, Black Sheep oder Arrested Development erinnern.

Max Herre bewies im MAX sein aus Freundeskreis-Zeiten bekanntes Alleinstellungsmerkmal im HipHop-Himmel – die Verbindung von elektronisch komponierten Elementen mit dem musikalischen Tiefgang echter Instrumente. Diese besondere Art der Musik ist nicht nur blasse musikalische Rap-Beat-Untermalung für den singend-rappenden Frontmann. Seine Musik sorgt für den authentisch rauen Klang von klassischem Soul oder Funk, wie sie bei Curtis Mayfield oder Isaac Hayes im Jahre 1972 kaum hätten besser klingen können. Der gesamte Abend im MAX war daher auch eine gelungene Werkschau der neuesten Lieder, wie beispielsweise die funkrocklastige Ton-Steine-Scherben-Reminiszenz „Einstürzen Neubauen“ belegte. Dieser Erfolg ist sicherlich nicht nur ihm, sondern auch seiner musikalisch überzeugenden Band geschuldet, die sogar mit zwei Keyboardern aufwartete, um den notwendigen deftigen Sound erreichen zu können. Aber auch durch die Begleitung seiner souligen Sängerin, die ihm an Bühnenpräsenz in nichts nachstand oder solchen Lachern wie einem eingeschobenen Kurzauftritt von Afrob. Es war auch jenes Deutschrap-Urgestein, das an diesem Abend beim geneigten Betrachter dieses Gefühl einer Reise in die eigene Vergangenheit der 90er Jahre vervollkommnete. Und um die Zeitreise zu vollenden, spielte er es tatsächlich abermals, A-N-N-A, den bekanntesten Anker in die Stuttgarter Vergangenheit, und bewies wer der Chefkoch in der Soulküche ist. Mach weiter so Max und vergiss Charlotte Roche, du taugst zu viel mehr!

Foto: www.universal-music.de

Autor*in
Share.
Leave A Reply