Der Wunsch nach ewiger Jugend und Schönheit, der nicht ohne erschreckende Konsequenzen bleibt. Das zentrale Thema in Oscar Wildes Roman Das Bildnis des Dorian Gray, welcher von Ballettdirektor Yaroslav Ivanenko als Grundlage für sein neues Handlungsballett gewählt wurde. 

Der junge und attraktive Dorian Gray möchte eines um jeden Preis: An seiner jugendlichen Schönheit lebenslang festhalten können. Sein Wunsch geht in Erfüllung, als er einen Pakt mit dem Teufel schließt und sein Bildnis anstelle von ihm selbst altert. Da niemand von dem Portrait weiß, kann sich Dorian ganz seinen Begierden hingeben und tut was er will. Auch wenn er damit seinen Mitmenschen schadet. Zwar ist es Dorian von außen nicht anzusehen, hält ihm sein Bildnis jedoch die Auswirkungen seines maßlosen Verhaltens deutlich vor Augen. Damit kann Dorian nicht umgehen, und er versucht es zu zerstören.  

Ivanenkos getanzte Adaption der Romanvorlage fokussiert sich dabei auf die inneren Prozesse, die der Titelheld Dorian durchläuft. Es steht die Frage im Raum, wie ein Mensch allein durch die Möglichkeit lebenslang jung zu bleiben, so auf Abwege geraten und sich in sein eigenes Gegenteil verwandeln kann. 

Die innere Zerrissenheit des Titelhelden wird ausdruckstark und sehr gelungen von Christopher Carduck in der Hauptrolle des Dorian Gray getanzt. Sein Gegenpart, der ihn in die Abgründe gewissermaßen begleitet, stellt Lord Henry Wottom dar, der von Amilcar Moret Gonzalez verkörpert wird. Doch mein persönliches Highlight ist das Pas de deux Carducks mit Keito Yamamoto als seine Liebe Sibyl Vine zu Ludovico Einaudis Experience, welches die Emotionen auf einen dramatischen Höhepunkt bringt. 

Als musikalische Grundlage dient neben Ludovico Einaudi auch die Kompositionen von Dmitri Schostakowitsch und Frédéric Chopin. Lediglich ein Streichquartett und Dirigent Daniel Carlberg am Klavier nahmen vor der Bühne im hochgefahrenen Orchestergraben Platz. Es entsteht eine intime und besondere Atmosphäre. 

Das Ballett Das Bildnis des Dorian Gray war ein sehr gelungener und unterhaltsamer Tanzabend. Das bewies auch das Publikum, das sich begeistert applaudierend von seinen Sitzen erhob. Eine absolute Empfehlung. Der nächste Spieltermin vor der Sommerpause ist am 16. Juni.  

Autor*in

Johanna studiert seit dem Wintersemester 2016/17 Deutsch und Soziologie an der CAU. Sie ist seit Oktober 2016 Teil der ALBRECHT-Redaktion. Von Juli 2017 bis Januar 2019 war sie als Ressortleiterin für die Kultur verantwortlich. Sie war von Februar 2019 bis Januar 2022 Chefredakteurin des ALBRECHT.

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