Harry Potter und die Heiligtümer des Todes haben es vorgemacht, Twilight: Breaking Dawn dann weiter etabliert und selbst Marvel plant es inzwischen: Um noch einmal den letzten Dollar aus einer erfolgreichen Filmreihe herauszuholen, teilt man das Finale einfach in zwei Häppchen und streckt diese dann auf die nächsten zwei Kinojahre. Während ich die Aufteilung der Twilight-Reihe nicht fachlich bewerten kann und zwei Teile der Heiligtümer des Todes dem Buch gerechter wurden, als die meisten anderen Harry Potter-Verfilmungen, ist die Partition des letzten Teils der Panem Reihe, jedenfalls in filmischer Sicht, gescheitert.

Es ist schwierig im Einzelnen zu beschreiben, wieso die ersten zwei Tribute-Teile beim Publikum so durch die Decke gegangen sind. Mögen eine mitreißende Umsetzung, der vielseitige Cast oder eine perfekt ausgewählte Hauptdarstellerin große Pluspunkte gewesen sein, spielten das exotische Dschungel-Setting und das faszinierende Szenario der titelgebenen Hungerspiele definitiv eine sehr entscheidende Rolle – und waren gerade für Nichtkenner der Buchvorlage die überzeugendsten Argumente, mit seiner Freundin in einen „Mädchenfilm“ zu gehen. Spätestens nach Catching Fire (Tribute 2) hing das Jennifer Lawrence Poster dann aber nicht nur an der Zimmertür einer 14-Jährigen, sondern auch an der ihres volljährigen testosteronlastigen Begleiters. Diese Harmonie der Interessen fand Ende letzten Jahres ihr jähes Ende: Mockingjay Teil 1 hatte keine Hungerspiele, keine Urlaubslocation und noch nicht einmal eine vernünftige Love Story. Das Hauptaugenmerk des Films lag stattdessen auf der Rolle des Mockingjays als Kriegspropaganda-Figur. Dazu gab es nächtliche S.W.A.T.-Einsätze, Bunkerszenen, Massengräber, Selbstmordattentäter und ein (ziemlich gutes) Trauerlied, gesungen von der Hauptdarstellerin persönlich. Der Film vollzog einen vollkommenen Genre-Wechsel vom einst rasanten Actionkino mit leichter Politiknote hin zu einem düsteren Anti-Kriegsfilm. Während Buchkenner wussten, was sie erwartet, hatten normale Kinobesucher Probleme mit diesem plötzlichen Stimmungs- und Themawechsel. Viele Tribute-Fans lobten die Detailtreue,die bei einer 2-Stunden-Umsetzung von 200 Buchseiten natürlich mehr als zu erwarten war – Außenstehende hatten hingegen Probleme zusammenzufassen, ob in den letzten 120 Minuten überhaupt irgendetwas Relevantes passiert sei.

Fest steht: Mockingjay Teil 1 konnte das aufstrebende Ende von Catching Fire nicht nutzen und hat Wind aus den Segeln genommen. Leider gelingt es auch Mockingjay Teil 2 nicht, das Tempo des zweiten Teils wieder aufzunehmen.

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Der neue Panem hat zwar vor allem gegen Anfang sehr schöne und thematisch interessante Szenen (beispielsweise die Evakuierung der Kriegsgefangenen), diese wirken im Nachhinein aber eher wie nebensächliche Ausschmückungen. Auf der anderen Seite erscheinen die wirklich wichtigen Sequenzen überraschend schnell abgehandelt und oberflächlich. Dem Film fehlt es insgesamt an einer vernünftigen Struktur und einem ansteigenden Spannungsbogen. Die im Trailer angekündigten 76. Hungerspiele bestehen beispielsweise nur aus drei Fallen und einer Katakomben-Szene – selbst wenn die Buchvorlage hier einfach nicht mehr hergäbe, hätte es eine bewusste Entscheidung des Drehbuchautors gebraucht, diesen Aspekt für den Film auszuweiten. Die schlichte Abarbeitung des Romans wirkt in diesem Fall aber motivationslos und ohne Spannung. Auch ein Problem dieser Herangehensweise: Anstatt etablierten Figuren wie Finnick, Johanna und Katniss‘ Schwester Primrose einen vernünftigen Abschied vom Kinopublikum zu gönnen, werden für wenige Szenen noch einmal ganz neue Charaktere eingeführt, wie zum Beispiel Gwendoline Christies Commander Lyme. Josh Hutcherson als Peeta bekommt im Vergleich zu seinen Kollegen zwar mehr Raum zur Charakterentfaltung, die Resolution seiner Figur wird am Ende des Films aber ebenso schnell abgefrühstückt wie der große Endtwist und dessen Folgen.


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Quelle: Lionsgate

FAZIT

Tribute von Panem: Mockingjay Teil 2 fehlt eine klare Fokussierung auf die filmisch wichtigen Aspekte der Buchvorlage. Trotzdem Regisseur Francis Lawrence und Drehbuchautor Danny Strong ganze 4 Stunden und 20 Minuten für  420 Buchseiten Zeit hatten, endet die Panem Filmreihe sehr hastig und wird es mit seiner geringen Substanz beim normalen Kinopublikum ähnlich schwer haben, wie Mockingjay Teil 1. Trotz der Makel, die offensichtlich durch die Aufteilung des Buches entstanden sind, werden Tribute-Fans die Ausführlichkeit der Umsetzung zu schätzen wissen und ihren Spaß mit Katniss Everdeens letztem Abenteuer haben. Mockingjay ist kein Totalausfall, aber auch kein wirklich guter Film und hätte als Einzelwerk definitiv mehr Wumms gehabt.


WERTUNG: 6,5 Kinokatzenpunkte


 

The Hunger Games: Mockingjay Part 2

Francis Lawrence, USA 2015, 137 Minuten
Cast: Jennifer Lawrence, Josh Hutcherson, Liam Hemsworth, Donald Sutherland, Woody Harrelson, Julian Moore, Philip Seymor Hoffmann

Filmstart: 19. November 2015

Zu sehen im Metro Kino im Schloßhof und CinemaxX Kiel
(Quelle Titelbild: Lionsgate)

 

 

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