Die ungleiche Ressourcenverteilung zwischen den Fakultäten auf dem Prüfstand

Nach Erhebung des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung im Jahr 2012 kostet ein Studierender der Mathematik und Naturwissenschaften der CAU jährlich 13 946,04 Euro, ein Studierender der Sozialwissenschaften schlägt dagegen nur mit rund einem Drittel, nämlich 4 946,84 Euro, zu Buche. Verantwortlich für die unterschiedliche finanzielle Unterstützung der Fakultäten ist die CAU selbst. Sie verteilt im Senat die erhaltene Summe nach einem intern beschlossenen Schlüssel auf die Fakultäten.

Der Leiter des Finanz- und Berichtwesens der CAU, Ulf-Peter Holt, rechtfertigt die ungleiche und für Naturwissenschaften deutlich höhere Bereitstellung von Finanzmitteln: „Studiengänge dieser Fakultäten haben höhere rechtliche Anforderungen, die die Universität erfüllen muss, um diese anbieten zu dürfen.“ Intensive Betreuung bei Praktika, die notwendige Beschaffung großer und damit kostenintensiver Geräte und Maschinen sowie die Einrichtung von Laboren seien unverzichtbar für die Arbeit der Forscher. Um einen theoretischen Studiengang zu betreiben, sind dagegen deutlich geringere Kriterien einzuhalten. „Es ist von daher ganz selbstverständlich, dass die Naturwissenschaftler mehr Geld als Geisteswissenschaftler benötigen und auch bekommen.“

Geld für Labore, aber keine Mittel für Arbeitstische.

Auch wenn das Gleichheitsprinzip aufgrund unterschiedlicher Bedürfnisse nicht gelten kann, weisen einige Belege darauf hin, dass die Standards, um einen theoretischen Studiengang zu betreiben, zu gering bemessen sein könnten. Marode Gebäude der Studiengänge lassen sich nicht mit geringeren Bedürfnissen dieses Fachbereichs begründen. Außerdem fehlt es in allen Fachbibliotheken an Gruppen-Arbeitstischen, die ebenso unverzichtbar für das Lernen in der Philosophischen Fakultät sind und gewissermaßen die Labore der Geisteswissenschaftler darstellen. Ulf-Peter Holt räumt ein, dass die Gebäude der gesellschaftlichen Disziplinen in schlechterer Verfassung seien, sieht die Verantwortung aber im Gebäudemanagement der Landesregierung.

„Man steckt nur das nötigste Geld hinein, damit der Betrieb einigermaßen am Laufen gehalten werden kann“, bemängelt auch Sophia Schiebe vom AStA. Sie sieht die größten Mängel vor allem in der Lehre bei knappen Seminarplätzen und einer nicht ausreichenden Zahl von Dozierenden. Die Schuld für die Unterfinanzierung dieses Fachbereichs gibt Schiebe der Politik. „Hochschulen werden zu Unternehmen umgebaut, die möglichst rentabel sein müssten.“ Das führe dazu, dass Hochschulen gezwungen würden, Studiengänge nach Verwertbarkeit für die Wirtschaft zu fördern. Da diese großes Interesse an den Ergebnissen der MINT-Fächer hätte, könnten die Naturwissenschaften hohe Summen an Drittmitteln akquirieren, auf die Geisteswissenschaftler nicht zurückgreifen könnten.

Die Bedürfnisse der Biologen und Physiker sind doch auch viel höher als die der Politologen und Anglisten.

Schiebe sieht dadurch die Vielfalt des Wissensspektrum an der Uni gefährdet: „Die ungleiche finanzielle Unterstützung macht sich vor allem im Aussterben von Orchideenfächern bemerkbar.“ Die AStA-Vorsitzende fordert daher mehr Geld für die Philosophische Fakultät, um Bildung nicht nur ökonomischen Gründen unterzuordnen, sondern auch um kritisch-hinterfragende, selbstreflektierende junge Menschen auszubilden. Gleichzeitig müssten bei Einsparungen auch bei den Naturwissenschaften der Rotstift angesetzt werden.

Alle Studienfächer bringen Erkenntnisse, nur eben in anderer Form. Abstufungen von Fachbereichen sind nur bedingt nachvollziehbar. Jede Fakultät kann Finanzmittel zur Verbesserung ihrer Lehre gebrauchen. Naturwissenschaftler brauchen Labore, doch wie steht es um die Geisteswissenschaftler? Neben der Instandhaltung der Gebäude und der Personalausstattung besteht Nachholbedarf vor allem im Ausbau von praxisbezogenen Feldforschungen und Experimenten, die Wissen innerhalb von Projekten an der Realität überprüfen sowie technisches Equipment, um Wissen in multimedialer Form produzieren zu können.

Dem häufig auf dem Campus zu vernehmenden Vorwurf, dass vor allem in den MINT-Fächern bereits nach ein bis zwei Jahren Büros wieder mit neuen Möbeln ausgestattet würden, nur um zum Ende des Jahres den veranschlagten Etat ausgegeben zu haben, kann Holt nicht bestätigen. Nach dem Haushaltsrecht sei dies nicht zulässig. Eine vor zehn Jahren umgesetzte Gesetzesinitiave mache zudem das sogenannte „Dezemberfieber“ überflüssig. Institute dürften Rücklagen bilden, nicht ausgegebene Finanzmittel würden dem nächsten Etat hinzugefügt. Über die Verwendung der Geldmittel könnten die Institute autonom verfügen. Sie seien weder der Universität noch dem Finanzcontrolling Rechenschaft schuldig. Allerdings laufen alle Rechnungen über das Finanzwesen und werden stichprobenartig und bei Hinweisen auf Missbrauch auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft.

Eine Straße, zwei Welten. Moderne Labore und marode Fakultätsgebäude in der Leibnizstraße.

Eine Umverteilung von übriggebliebenen Finanzmitteln der naturwissenschaftliche Institute am Ende des Jahres an andere finanzbedürftige Fakultäten lehnt Ulf Holt ab. „Rücklagen werden gebildet, um größere Beschaffungen finanzieren zu können, die sonst aus dem Etat nicht zu bezahlen wären.“

Die Bedürfnisse der Geisteswissenschaftler sind nicht ausreichend gedeckt. Die Universität muss den Schlüssel zur Vergabe von Finanzmitteln neu berechnen, um eine gerechte Verteilung zu gewährleisten. Die Umverteilung sichert die Vielfalt der Forschung, denn unzureichend finanzierte Studiengänge werden auf lange Sicht nicht überleben können.

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