Fehlende Struktur bei Besetzung der Senatsausschüsse

Wir haben Post bekommen! Im Gastkommentar berichtet Student Ernst* von seiner Bewerbung als Vertreter der Studierendenschaft in einem der Senatsausschüsse der CAU Kiel. Organisiert und gesammelt werden diese allen Studierenden möglichen Bewerbungen durch den AStA; Ernsts Bewerbung wurde abgelehnt – aus welchen Gründen konnte ihm kein Vertreter der Studierendenschaft zufriedenstellend begründen. DER ALBRECHT hat beim AStA nachgefragt, wie es zu einer anscheinend unbegründeten Ablehnung kommen konnte und berichtet über die Gremienstruktur sowie die Hintergründe zur Vergabe der Plätze in den Gremien. Dazu wurde vom Rechercheteam im Januar zusätzlich eine nicht repräsentative Umfrage unter 98 Studierenden in der Mensa I durchgeführt, deren Ergebnisse weitere Schlüsse auf das strukturelle Problem der Hochschulpolitik zulassen:

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Gremienstruktur: der Senat und seine Ausschüsse
Der Senat ist die oberste Instanz in hochschulpolitischen Angelegenheiten. Dies schließt Forschung, Lehre, Studium sowie alle die gesamte Hochschule betreffenden Themen mit ein. Das Hochschulgesetz Schleswig-Holsteins regelt dabei die genauen Aufgaben sowie die Zusammensetzung des Senats. Zur Vorbereitung seiner Beschlüsse bildet der Senat außerdem zehn beratende Ausschüsse – dazu unten mehr.

Der Senat besteht insgesamt aus 23 Vertretern der verschiedenen Mitgliedergruppen der CAU: 12 Sitze werden durch die Professorenschaft gestellt, jeweils vier durch Vertreter des wissenschaftlichen Dienstes und der Studierendenschaft sowie drei durch den technisch-administrativen Dienst. Auch der Präsident der CAU, die Dekane der Fakultäten, einige andere Vorsitzende sowie die Gleichstellungsbeauftragte gehören dem Senat mit Antragsrecht und beratender Stimme an.

Unter anderem entscheidet der Senat darüber, wie Hochschulgesetze an der Uni implementiert werden, stimmt über Forschungsschwerpunkte ab und entscheidet über andere hochschulinterne Regelungen. Zum Beispiel hat der Senat im November die Erhöhung der Gebühren für verspätete Rückmeldung zum nächsten Semester von sechs auf 20 Euro erhöht. Die Sitzungen des Senats finden dreimal pro Semester statt und sind für Mitglieder der Universität öffentlich. Über die Website des Senats lassen sich aus dem Uni-Netz die Einladungen abrufen.

Die vier studentischen Senatsmitglieder werden genau wie die studentischen Mitglieder der Fakultätskonvente direkt durch die Studierendenschaft gewählt. Dies passiert im Rahmen der Studi-Wahlen in Form eines eigenen Wahlblatts, das den Wahlunterlagen des AStA beiliegt.

Des Weiteren bildet der Senat Ausschüsse zu bestimmten Themen, die bei Beschlüssen in beratender Funktion tätig sind. An der CAU gibt es davon zehn. Je nach Ausschuss ist das Verhältnis der Vertreter von Studierenden, vom wissenschaftlichen und technischen Dienst sowie den Professoren unterschiedlich.

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Die zehn Senats-Ausschüsse: Wie werden sie besetzt?
Die Vertreter der Studierendenschaft in den oben genannten Ausschüssen werden nicht durch direkte Wahlen bestimmt, sondern dem Senat vom AStA vorgeschlagen. Der AStA schickt dafür alljährlich Emails an die Studierendenschaft, die zur Bewerbung für den Sitz in einem der Senatsausschüsse aufrufen. Die Liste der Freiwilligen wird dann vom AStA an den Senat weitergeleitet, die Resonanz aus der Studierendenschaft ist laut Aussage des AStA jedoch leider eher mau.

Dass die Mails nicht viel Rückmeldung bekommen, kann zumindest nicht daran liegen, dass sie nicht gelesen werden. Bei einer nicht repräsentativen Befragung von 98 Studierenden, durchgeführt von DER ALBRECHT in der Mensa I im Januar 2018, gaben immerhin 69,9 Prozent der Befragten an, zu wissen, dass sich jeder für die Senatsausschüsse bewerben kann. Trotzdem ringen die hochschulpolitischen Institutionen um jedes Mitglied.

Schwächelnde Beteiligung sei, so der AStA, Teil des im Gastkommentar von Ernst beschriebenen Problems: Das Auswahlverfahren sei nicht intransparent, sondern schlichtweg nicht vorhanden. „In der Regel kommen immer alle rein. Es gibt grundsätzlich zu wenig Bewerbungen, weshalb wir gar nicht auswählen können, so Katharina Mahrt, die im AStA für die Gremienkoordination zuständig ist und selbst im Senat sitzt.

Dies erscheint zwar nachvollziehbar, zeigt jedoch auch, dass fehlende Strukturen das Kernproblem darstellen. Denn im Falle des Ethikausschusses gab es zum Zeitpunkt von Ernsts Bewerbung eben anscheinend doch zu viele Bewerber auf zu wenige Plätze. Was fehlte, waren nicht die Interessenten, sondern eine Richtlinie zur Auswahl dieser. Was genau damals hinter den Kulissen passiert ist, lässt sich nicht mehr nachvollziehen, da die damaligen Verantwortlichen trotz mehrmaliger Anfragen nicht zu erreichen sind. Doch auch jetzt gibt es keine verbindlichen Regeln zur Auswahl der studentischen Vertreter in den Ausschüssen: „Wenn überhaupt, achten wir darauf, dass alle Studiengänge vertreten werden“, so Katharina. Als Beispiel führte sie den Ausschuss zur Lehrerbildung an: Wenn sich fünf Studierende mit der Fachrichtung Deutsch bewerben würden und einer mit Physik, sei es klar, dass der oder die Physikstudent*in genommen werde. Die Frage lautet dann allerdings: Wie wird entschieden, welche*r Deutschstudierende stattdessen gehen muss?


Kernproblem: mangelnde Resonanz und schwerfällige Strukturen
Dass diese Überlegungen meist hypothetischer Natur sind, beweist die Realität: Stellvertreter-Plätze werden oft in großer Not und letzter Instanz an Studierende vergeben, die meist schon in der Hochschulpolitik einen Posten innehaben und somit doppelt arbeiten.

Die Liste der vom Senat gewählten Mitglieder bestätigt die Probleme beim Besetzen der Ämter: Im Zentralen Studienausschuss konnten so dieses Jahr zum Beispiel nur fünf von sechs Plätzen der Studierenden besetzt werden und statt sechs Stellvertretern existieren nur zwei, die sich diese Arbeit für alle fünf Sitze teilen. Auch im Gleichstellungsausschuss gibt es nur halb so viele Stellvertreter wie eigentlich vorgesehen.

Aus der im Gastkommentar geschilderten Problematik und dem Gespräch mit dem AStA lassen sich einige Schlüsse ziehen: Es mangelt an Interesse der Studierenden für die Mitgestaltung an der Kieler Universität, zumindest was die hochschulpolitische Beteiligung im Senat angeht. Dies gestaltet es für die wenigen hochschulpolitisch aktiven Studierenden als schwierig, die Ämter so zu besetzen, wie es im Optimalfall sein sollte: demokratisch und transparent und breit aufgestellt. Gleichzeitig ist es die Pflicht der studentischen Vertreter, auch ein faires Bewerbungsverfahren zu gewährleisten, bei dem nach klaren Kriterien entschieden wird. Sonst werden mit Pech und wie in dem Gastkommentar geschilderten Fall auch noch die wenigen Neueinsteiger vergrämt, die sich für die Studierendenschaft engagieren möchten.

Die Frage stellt sich, ob das Grundproblem der mangelnden Beteiligung, das sich ebenfalls einmal im Jahr bei den Studi-Wahlen zeigt, vielleicht auf andere Art und Weise angegangen werden muss. Ein häufiger Kommentar der befragten Studierenden zur oben genannten durchgeführten Umfrage lautete, dass die Hochschulpolitik zu den Studi-Wahlen sehr präsent sei, den Rest des Jahres jedoch nicht. Auch Katharina spricht im Interview über die Schwierigkeiten beim Erreichen der Studierendenschaft und nutzt die Gelegenheit für einen Aufruf: „Wir suchen noch immer Interessierte für den Zentralen Studienausschuss! Außerdem sind weitere Stellvertreter gern gesehen, da wir einfach zu wenig Leute haben.“

*Name von der Redaktion geändert

 

Autor*in

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