Der Abend wird nichts für „ein weiches Gemüt“ hatte Dennis Jahnke, welcher zusammen mit Matthias Ehr das Studio Filmtheater betreibt, im voraus, nicht ohne ein süffisant diabolisches Grinsen auf den Backen dem bereits verängstigten Redakteur versprochen. Er sollte widerlegt werden.

Gang ins Ungewisse? Diese Tür führt jedenfalls zur Sneak Preview im Studio Filmtheater. (Foto: Tim Vüllers)

Als Dennis Jahnke, gemeinsam mit Matthias Ehr, im Jahr 2009 das Studio Filmtheater übernahm, hatte es gerade den so oft herbei zitierten Untergang des Kinos hinter sich. Ein träge gewordenes, konzeptloses Altmanagement hatte das 1914 eröffnete Traditions-Lichtspielhaus in die Insolvenz getrieben. Geblieben waren nur noch zwei motivierte studentische Aushilfen und eine Tradition, welche mit ein wenig Politur wieder frischen Glanz erhaschte: Die Sneak-Preview.

Für all diejenigen, die nicht mit diesem Konzept vertraut sind: Wer eine Sneak in einem Kino besucht, weiß gemeinhin nur eines: Er oder sie wird einen Film sehen und dieser Film ist zu diesem Zeitpunkt in Deutschland noch nicht angelaufen.  Im Studio Filmtheater wissen veritable Stammbesucher noch mehr: Die Filmauswahl ist sehr volatil. Vom Kinderfilm oder ähnlich anspruchsvollen Action-Blockbustern bis hin zu Dokumentationen und skandinavischen Kunstfilmen kann alles dabei sein.

Das Organisieren einer Sneak ist dabei gar nicht so einfach wie der unbedarfte Besucher denken mag. Der durchschnittliche Betriebswirtschaftsstudent könnte es gar als unwirtschaftlich bezeichnen. Doch eine Sneak ist mehr. Und für das Studio Filmtheater gilt dies ganz besonders.

Eine Sneak hat Tradition. Sneak ist Kultur. Und Sneak ist vor allem eins: Brandgefährlich.

Da die Filme noch nicht offiziell gestartet sind, kommen viele von ihnen häufig erst am Tag der Sneak-Vorstellung selbst an. Der Grund: Das Sneak-Publikum ist nicht nur sehr treu – 50 Stammgäste die regelmäßig neues Publikum mitbringen – sondern auch sehr jung. „70 bis 80 Prozent der Sneaker sind Studenten“. Und das wissen nicht nur die Betreiber Dennis und Matthias sondern auch die Verleiher. Groß ist die Angst daher auch vor Raubkopien. Denn ein junges, film-affines Publikum erfreut sich auch, so die Befürchtung der Verleiher, an einem hohen Technikwissen.

Der befürchtete Ernstfall, dass der geplante Film nicht pünktlich eintrifft, ist aber erst einmal in der nun immerhin mehr als zweieinhalb jährigen Geschichte der Sneaks eingetreten. Doch die Filmspiel-Jungs vom Dreiecksplatz hatten Glück im Unglück. Vom Sonntag lag damals noch ein Knetfigurenfilm einer Kinderpreview in den Regalen, welcher statt dessen gezeigt wurde. Man weiß in einer Sneak halt nie, was man zu sehen bekommt.

Was in der, jeden Mittwoch stattfindenden, Sneak-Preview aber definitiv nicht präsentiert wird sind Horror-, Thriller- oder Splatter-Filme. Das Publikum solcher Filme sei einfach zu klein, die Gefahr seichtere Kinogänger langfristig zu vergraulen zu groß. Jahnke und Ehr entschieden sich folglich gegen ihre Ausstrahlung und kamen nach einigen Monaten auf eine andere Idee, welche Dennis Jahnke wie folgt erklärte: Da es nicht genügend Material für eine wöchentliche Thrill und oder Horror Sneak gibt, beschränkt man sich eben auf vermeintlich gute Filme und zeigt diese in einer „regelmäßig unregelmäßig stattfindenden Genre-Sneak“.

Eine solche Sneak war es auch, die Der Albrecht in der vollmondschwangeren zweiten Juninacht zu sehen bekam. Gut 100 furchtlose Horrorfilm-Veteranen hatten sich mit Mut und Tatendrang in das Filmspielhaus gewagt um sich Angst und Schrecken auszusetzen, ihr weiches Gemüt auf den Prüfstand zu stellen.

Im Vorfeld des Films wurde in Tradition des Studios ein Filmschnipsel gezeigt. Es war ein Ausschnitt, die Endszene des Texas Chainsaw Masakers. Die neue Version. Eine junge Frau im Publikum gab hierzu schnell und lautstark zu verstehen, dass sie nicht lange bleiben werde, sollte dieser Schnipsel auf die Art des Hauptfilms schließen lassen. Es sei gesagt: Sie blieb an diesem Tage bis zum Ende. Denn der Film, und hier sei das Studio Filmtheater selbst zitiert, war einfach nur „gruselig schlecht“. (Siehe auch „Der Albrecht sah: Evidence – Eine Filmkritik“ in der Online-Ausgabe).

Genau diese knisternde, unbekannte Erwartung ist es aber auch, welche die Sneak zu einem, von vielen Kinofans geschätzten Event machen. Man weiß nicht was man sehen wird und genau deshalb sollte man hingehen.

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