opencampus.sh steht für erweiterte Horizonte, Vernetzung und Lernen aus Leidenschaft

Ein unscheinbarer, großer, grauer Büro-Container steht in der Kuhnkestraße, gleich hinter dem Wissenschaftszentrum am Rande des nahe der Uni gelegenen Wissenschaftsparks. Eine rote 6 prangt an seiner Außenwand, einige Autos parken an der Straße zwischen den in regelmäßigen Abständen gepflanzten Bäumen. Es ist ruhig. Wenig verrät, dass sich im ersten Stock des Containergebäudes gerade dutzende Menschen Nutella auf Brötchen schmieren.

Gemeinschaft geht am besten bei leckerem Essen // Quelle: lse
Gemeinschaft geht am besten bei leckerem Essen – da sagt auch opencampus-Mitbegründer Alex nicht Nein  // Quelle: lse

Es ist Mittwoch, halb zehn, und damit Gründer*innen-Frühstück in den Räumen des Starterkitchen-Coworkingspace: Organisator*innen, Start-up-Mitarbeitende, Unternehmer*innen und Interessierte treffen hier aufeinander, um sich kennenzulernen, zu vernetzen, über ihre aktuellen Projekte auszutauschen, oder einfach gemeinsam in den Arbeitstag zu starten. Möglich macht dies der Bildungsclusters opencampus.sh. Auf rund 400 Quadratmetern erstreckt sich eine Start-up-Welt, die Kiel so noch nicht gesehen hat.

Angefangen hat alles 2009 mit Harm Brandt und der Gründung von Campus Business Box e.V. – Harm war, genau wie seine späteren Kollegen Alexander Ohrt und Frederik Steinbock, ein etwas unzufriedener Absolvent. „Uns allen war das reine Studium an sich zu wenig, guter Hintergrund, aber schlecht, um tatsächlich aktiv zu werden“, erzählt Alex, der für die Organisation der Starterkitchen, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, und das Veranstaltungsmanagement zuständig ist. Mit opencampus wollten sie eine Ergänzung zum universitären Curriculum schaffen, das sich jedes Semester neu gestalten lässt und die Möglichkeit bietet, sich außerhalb des klassischen Bildungsweges zu orientieren. Mit der Überzeugung, dass es mehr geben muss als nur Schule, Uni und Job, traten sie in Verbindung mit der Geschäftsführung des Wissenschaftszentrums. Aus gemeinsamem Ideenspinnen entstand ein Konzept: Ein Coworkingspace, der Start-up-Unternehmen Raum gibt, Lehrveranstaltungen für Studierende und alle anderen Interessierten bietet und Vernetzung mit der Unternehmenswelt möglich macht. Eines der ersten Start-ups, die sich opencampus anschlossen, war my Boo Bambusfahrräder. Sie sind eins der besten Beispiele für den Nährboden von Coworkingspaces: klein anfangen, sich vernetzen, gemeinsam Ideen entwickeln und dann loslegen – my Boo hat es erfolgreich geschafft, über den Coworkingspace hinauszuwachsen und nun auf eigenen Beinen zu stehen.

DSC_3054Auch opencampus wuchs mit der Zeit: Als ihnen die Räume im Wissenschaftszentrum zu klein wurden, bewarben sie sich auf eine Ausschreibung des Stifterverbandes der deutschen Wissenschaft: Mit 250 000 Euro war der Umzug in den Bürocontainer und der Aufbau der Starterkitchen sicher. In Eigenregie renovierte und gestaltete das Team die 400 Quadratmeter Vision und schuf sich Räumlichkeiten, die ihren Bedürfnissen entsprachen. „Es war alles ein Austesten“, sagt Eliza Rottengatter, die seit einem Jahr für opencampus Organisationsarbeit leistet und erzählt, dass Harm, Freddy und Alex sich vorab auf Tour begeben haben, um sich vorrangig bei skandinavischen Coworkingspaces Inspiration zu holen.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Hinter der grauen Fassade des Bürocontainers steckt eine einladende opencampus-Welt. Der große Eventraum mit moderner Küchenzeile bietet Platz für offizielle Veranstaltungen, mittägliches Kochen und eine an Wichtigkeit nicht zu unterschätzende Kaffee-Flat. Ein Tischkicker auf dem Flur, zwei Büroräume für die Start-ups, die so genannte Sauna mit Einzelarbeitsplätzen sowie weitere kleine Konferenz- und Telefonräume lassen die Herzen der Jungunternehmer*innen höher schlagen.

Christopher von 'Bummelbude' arbeitet am Design einer Präsentation für die lokale Einkaufs-App
Christopher von ‚Bummelbude‘ arbeitet am Design einer Präsentation für die lokale Einkaufs-App // Quelle: lse

Trotz der begrenzten Räumlichkeiten sind in der Starterkitchen neue Menschen und Ideen immer gerne willkommen. Wer neu ist, kann zunächst im Coworkingspace in der Sauna starten und bei nächster Möglichkeit, in die Büroräume nachrücken. 19 Start-ups, unter anderem das Craft-Beer-Unternehmen Lillebräu, mit einem bis fünfzehn Mitarbeitenden verweilen zur Zeit für nur 20 Euro im Monat unter dem Dach von opencampus. Ihre Arbeitsplätze sind ihren Bedürfnissen angepasst, es gibt keine mini- oder maximale Nutzungsdauer, all dies wird individuell entschieden. In einem der Büroräume sitzt auch Christopher. Er betreibt mit zwei Kollegen mittlerweile hauptberuflich die lokale Einkaufs-App Bummelbude. Was er an der Starterkitchen schätzt ist die Mischung der Leute und Teams. „Ich finde, dass die Start-up-Szenen oft sehr snobby sind, gerade im Vergleich zu Hamburg. Hier ist es einfach ein ganz normaler Haufen von kreativen Menschen.“ Auch Eliza hat Erfahrung mit anderen Coworkingspaces: „Berlin ist immer fünf Jahre voraus, dann schwappt es langsam rüber. Hier ist aber einfach eine extrem familiäre Stimmung, es ist total angenehm und entspannt, jeder ist auf Augenhöhe. Die Leute starren wirklich nicht nur in ihren Computer, sondern tauschen sich aus, man kommt in Kontakt und hilft sich gegenseitig.“

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Die so genannte ‚Sauna‘ im Coworkingspace von opencampus // Quelle: lse

Zusätzlich zur Start-up-Plattform und einem Netzwerk aus rund 130 Unternehmen organisiert opencampus in diesem Sommersemester 18 kostenlose Lehrveranstaltungen, unter anderem zu den Themen Social Media, Web & Design, Eventmanagement und Prototyping, sowie zehn weitere Events. Die Anmeldung zu den Kursen ist zu jedem neuen Semester für alle Interessierten möglich. Studierende profitieren, indem sie sich dank der Kooperation mit den Kieler Hochschulen ECTS-Punkte anrechnen lassen können. „Was hinter den ganzen Aktivitäten steckt: Die Leute sollen einfach durch möglichst viel Input für sich selbst herausfinden, was sie wirklich gerne machen. Viele Leute trauen sich nicht, ihren Leidenschaften zu folgen. Die sagen dann lieber, nee, ich kann jetzt nicht einfach das machen, was mir Spaß macht, ich muss jetzt BWL studieren, weil meine Eltern gesagt haben, da kriegt man später Geld. Unserer Ansicht nach, ist das ein Irrglaube. Man ist so viel besser in den Dingen, die man mit Leidenschaft macht“, erklärt Alex und pocht darauf, dass jeder für seinen eigenen Lernerfolg verantwortlich sei und die einzigartige Chance des Studiums nutzen solle, möglichst viel auszuprobieren.

DSC_2995Um diesen Rahmen auszuweiten, organisiert opencampus nun zum zweiten Mal das waterkant #startupSH Festival. Vom 15. bis 16. Juni füllt sich die Halle 51 des ehemaligen MFG5-Geländes zwischen Holtenau und Friedrichsort mit hunderten Start-ups, Unternehmen und Interessierten. Workshops, Meet-Ups, Pitches und Austausch stehen im Vordergrund, Keynotes gibt es zum Beispiel von Thomas Jensen, Mitgründer des Wacken-Festivals, der unter anderem erzählen wird, wie man aus einem Dorfkonzert eines der größten Heavy Metal-Festivals der Welt macht. Zielgruppe sind alle, die Interesse an Start-ups und generellen Zukunftsfragen und Lust auf Inspiration haben.


DER ALBRECHT verlost in Kooperation mit opencampus zehn Tickets für das waterkant-Festival. Dafür einfach eine Mail an info@waterkant.sh schreiben und in zwei bis drei Sätzen erklären, warum du beim waterkant dabei sein solltest. Viel Erfolg!

 

Autor*in

Leona ist seit Juni 2014 Teil der Redaktion und war von Dezember 2014 bis Februar 2017 Chefredakteurin der Print-Ausgabe des ALBRECHT. Anschließend leitete sie die Online-Redaktion bis Mitte 2018. Leona studiert Englisch und Französisch an der CAU, schreibt für verschiedene Ressorts der Zeitung und kritisiert Land, Leute, Uni und den Status Quo ebenso gerne wie Platten.

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