Zum Start von Mad Max – Fury Road: Die jüngsten Meilensteine der Filmtechnik

Als Avatar 2009 das Zeitalter der dreidimensionalen Blockbuster einläutete, dauerte es nur wenige Monate, bis das Kino förmlich von 3D- Filmen überflutet wurde. Nahmen Zuschauer den 50-Prozent-Ticket-Aufpreis anfangs noch mit den guten Erinnerungen an Avatar in Kauf, ebbte die Begeisterung für das Format in den letzten Jahren rapide ab.

Wieso ist das so? Die meisten der sehr schnell produzierten 3D-Filme hatten den entscheidenden Nachteil, dass sie nicht mit 3D-Kameras gedreht, sondern ausschließlich digital nachbearbeitet wurden. Bis aufwendig und langwierig produzierte Herzensprojekte wie Life of Pi 2013 und Alfonso Cuarons Gravity 2014 mit dem Oscar für die besten Special Effects in die Fußstapfen von Avatar traten, war der durchschnittliche Kinogänger scheinbar von drei Jahren Billig-3D vom Format abgeschreckt.

Eine Ausnahmeproduktion: Peter Jacksons Hobbit-Trilogie. Das 400 Seiten lange Tolkien-Buch wurde nicht nur wegen seines ‚echten‘ 3D zum dreifachen Kassenschlager – die erstmals in einem Blockbuster verwendete doppelte Bildwiederholungsrate (HFR) entwickelte die Kinotechnik sogar insgesamt weiter.

Der etwas zu große Fokus auf künstliche Effekte und der bunte Ton im Vergleich zu Herr der Ringe brachten kritische Stimmen auf einen Vergleich mit einem anderen Kino-Visionär: 1999 bis 2005 beeindruckte George Lucas mit den erstmals im großen Stil vor Greenscreens gedrehten Star Wars-Episoden I – III, bewies aber dennoch ebenso, dass ein zu großer Technik-Fokus auch mächtig an den Fans vorbei gehen kann.

Die Hauptkritikpunkte sowohl an der Hobbit als auch der neuen Star Wars-Trilogie beziehen sich auf den Mangel der Authentizität der Urtrilogien. Während Herr der Ringe noch mit Oscar-ausgezeichneten Kostümen und Masken punktete, setzte Jackson zehn Jahre später wie der Großteil heutiger Hollywood-Produktionen ebenso wie Lucas auf Morphsuits, Computerfilter und Studiodrehs. Die Entwicklung betrifft nicht nur Herr der Ringe, sondern den Großteil der heutigen Filmlandschaft: Aufgrund immer mehr künstlich wirkenden Filme entwickelt sich momentan unter Filmemachern sogar ein Hang zurück zu klassischeren Effekten.

Nachdem die letzten drei Jahre in Folge ein 3D-Film den Oscar für die besten Spezialeffekte gewann, wurde dieses Jahr die 2D-Weltraumoper Interstellar ausgezeichnet. Ein Grund für die Auszeichung war die richtige Mischung zwischen digitalen und klassischen Effekten: Zwar gibt es in Interstellar auch spektakuläre Computersequenzen wenn Schauspieler am Set des Raumschiffs aber schlicht aus dem Fenster ins All schauen sollten, platzierte man einfach eine Leinwand dahinter.

Ebenso wird sich die Star Wars-Reihe Ende dieses Jahres auf ihren technischen Ursprung zurück besinnen. Macher J. J. Abrams wurde bereits jetzt mit dem Visionary Award der Visual Effects Society für diese Herangehensweise an das Projekt ausgezeichnet. Star Wars: Das Erwachen der Macht wird zwar wie die Urtrilogie wieder auf echte Sets, echte Jungschauspieler und ‚echte‘ Puppen setzen, diese Elemente aber auch mit dem heutigen Stand der Technik kombinieren.

Am 15. Mai geht eine andere Franchise-Fortsetzung einen ähnlichen Weg: 30 Jahre nach dem letzten Ableger muss das postapokalyptische Actionfeuerwerk Mad Max – Fury Road zwar ohne Originaldarsteller Mel Gibson auskommen, wurde dafür aber vom Ursprungsschöpfer George Miller furios inszeniert: Da die Filmhandlung sich auf eine non-stop durch die Wüste rasende Autokarawane begrenzt, ließ der Regisseur seine Kameramänner trotz gefährlicher Stunts und Zusammenstöße an den original Filmfahrzeugen angeschnallt mitfahren, um das Geschehen so authentisch wie möglich einzufangen. Dieses Risiko und eine zehn Jahre lange Planung scheinen sich zumindestens nach der optischen Wucht der ersten Bilder und Ausschnitte ausgezahlt zu haben.

Sowohl Star Wars VII, als auch Mad Max kommen zwar auch mit digital nachbearbeitetem 3D ins Kino, die gesunde Mischung zwischen Computereffekten und bodenständigen Filmtechniken und das Herzblut eines leidenschaftlichen Regisseurs wird man beiden Projekten aber wohl, auch über den Brillen-Effekt hinaus, anmerken.

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(Dieser Artikel wurde am 13.04.2015 in der Print Ausgabe des ALBRECHTS veröffentlicht)
Bildquelle: Warner Bros.

 

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Ein Kommentar

  1. Stefan Kraft on

    Ich kann es mir als SW-Saga-Fan nicht nehmen, hier den etwas abgeänderten Text einer E-Mail zu posten, den ich an den Albrecht geschickt hatte:

    Liebe Albrecht-Redaktion,

    enttäuscht musste ich feststellen, dass im Artikel „Evolution des
    Effektkinos“ leider zwei starke Pauschalisierungen enthalten sind:

    Zuerst wird behauptet, dass die Star Wars-Prequels „mächtig an den
    Fans vorbei“ gegangen seien. Nun, die Filme haben damals zwar
    gemischte Kritiken erhalten, wurden aber keineswegs pauschal in Grund
    und Boden verdammt und je nach Kritiker auch ausdrücklich gelobt –
    Roger Ebert sei als Beispiel genannt.
    Das Meme „Die SW-Prequels ist im Fandom allgemein verhasst“ stimmt
    zudem m.E. hinten und vorne nicht. Im Gegenteil haben sie eine große
    Menge an Leuten überhaupt zu Fans gemacht. Tumblr ist voll von Fan-Art
    von Prequel-Freunden, und die Stimmung auf der gerade zu Ende
    gegangenen Celebration VII schien generell in Richtung „Wir feiern
    eine große Saga aus 6 und bald mehr Filmen“ zu gehen.
    Als Ergänzung möchte ich noch auf diesen Tumblr-Post verweisen:
    sarah531.tumblr.com/post/104841157661

    Zudem wird behauptet, George Lucas habe auf Authentizität verzichtet
    und „auf Morphsuits, Computerfilter und Studiodrehs“ gesetzt.
    Abgesehen davon, dass „Studiodrehs“ nicht per se negativ sein müssen
    und auch sehr viel in Ep. IV-VI eingesetzt wurden (Todesstern,
    Wolkenstadt Bespin, rasender Falke im Inneren, Dagobah, Jabbas Palast,
    Thronraum des Imperators…) – hier wird vergessen, dass EP I und II
    sehr viele Außenaufnahmen hatten: Nicht umsonst wurde am Comer See, in
    Spanien und in Tunesien gedreht. (Ich kann gerne Links nachreichen mit
    den entsprechenden Bildern, aber man findet sie im normalen
    Zusatzmaterial der Filme. Zudem habe ich den Palazzo Caserta für die Innenaufnahmen des Palasts von Theed aus Ep. I und II persönlich besucht und ja, das waren Aufnahmen in einem echten Gebäude.) EP III hatte zwar praktisch keine
    Außenaufnahmen, setzte aber wie auch die vorigen Filme auf sehr viele
    echte Kulissen (prominentestes Beispiel mag die Endsequenz sein, in
    der Darth Vader und Darth Sidious auf der Sternenzerstörer-Brücke den
    Bau des Todessterns beobachten – eine vielleicht zwei Minuten lange
    Sequenz, für die die Kulisse trotzdem eigens gebaut wurde).
    Hinzu kommt, dass jeder Prequel mehr Modelle enthielt bzw. man mehr
    Geld für Modelle ausgab als für EP IV insgesamt. Natürlich ist das
    angesichts der Inflationsrate nicht mehr der Betrag, dem das damals entsprach, aber immer
    noch eine ziemliche Hausnummer.
    Also: Auch die Prequels setzten auf „echte Sets… und ‚echte‘
    Puppen.“ (Wenn ich mich nicht täusche, wurde die Motorik der
    Neimoidianer-Masken zwischen EP I und III, also nur innerhalb von 6
    Jahren, tatsächlich weiterentwickelt!)
    Persönlich habe ich sogar den Eindruck, dass das
    Marketing-Department von Lucasfilm den Einsatz „echter“ Spezialeffekte
    bei EP VII betont, um der (in meinen Augen falschen) Wahrnehmung
    entgegenzuwirken, der Einsatz der Spezialeffekte habe die Prequels
    unbeliebt gemacht.
    Lustigerweise sagte Abrams selbst, dass er auf möglichst viele praktische Effekte setzen wird, aber der Film trotzdem „tons of CGI“ enthalten wird.

    Mit den Spezialeffekten in den Prequels hatte ich insgesamt keine
    Probleme, aber natürlich kann man immer über die Mischung und
    Umsetzung reden. Und ich erwarte auch nicht, dass jeder SW-Fan alles
    mag; wer nur EP IV und V als das „wahre Star Wars“ ansieht, kann das
    gerne machen, und wer die künstlerische Umsetzung der Prequels nicht
    mochte, bitte.

    Pauschalisierungen, wie sie im Artikel benannt wurden, sind in meinen
    Augen aber fehl am Platz.

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