Ist Fasten jetzt gesund oder nicht? Um das Thema Fasten schwirren viele Unklarheiten und Mythen. Um damit etwas aufzuräumen, hat DER ALBRECHT mit Denise Lentge gesprochen, staatlich anerkannte Heilpraktikerin, Kosmetikerin und CAU-Alumna aus Hamburg. 

DER ALBRECHT: Warum wird gefastet?  

Denise Lentge: Fasten ist bereits seit dem alten Ägypten bekannt und wird zum Beispiel auch heutzutage im Islam während des Fastenmonats Ramadan praktiziert, im Christentum gelten die 40 Tage vor Ostern als Fastenzeit. Das Fasten dient in den Religionen zum einen als Vorbereitung auf große Feiertage, zum anderen aber auch dazu, durch Verzicht Nahrung und Genussmittel wieder mehr zu schätzen. 

Fasten aus gesundheitlichen Gründen kann allgemein unter dem Wort Heilfasten zusammengefasst werden. Das bedeutet, es wird gefastet, um eine Steigerung an Gesundheit und Wohlbefinden zu erlangen, Krankheiten zu lindern oder sogar zu heilen und den Körper zu reinigen. 

Was gibt es für unterschiedliche Fastenmethoden? 

Mittlerweile gibt es unzählige Fastenmethoden. Vom Intervallfasten über Heilfasten nach Buchinger, Basenfasten bis Saftfasten ist für jede und jeden das Richtige dabei. Die Fastenarten lassen sich größtenteils sehr gut in den Alltag integrieren und nicht jede Fastenart sieht einen strikten Nahrungsverzicht vor. So wird zum Beispiel beim Basenfasten nur basische Nahrung aufgenommen, also vor allem Gemüse, Obst, Nüsse und Samen, und keinerlei tierische Produkte. Beim Intervallfasten ist es beispielsweise so, dass nur innerhalb eines bestimmten Zeitraums gegessen wird. Den Rest des Tages wird komplett auf Nahrung verzichtet. Acht Stunden darf gegessen werden, 16 Stunden nicht.  

Was passiert im Körper, wenn so lange auf Nahrung verzichtet wird? 

Fasten hat zahlreiche Effekte auf den gesamten Körper und Geist. Es trainiert den Stoffwechsel und aktiviert die Zellreinigung, sodass sich Ablagerungen aus dem Gewebe und dem Darm lösen können, das sogenannte Entschlacken. Fasten fördert also sozusagen die körpereigene Müllabfuhr.  

Für welche Personen ist Fasten empfehlenswert beziehungsweise nicht empfehlenswert? 

Empfehlenswert ist Fasten vor allem für Menschen, die unter einer der folgenden Erkrankungen leiden: Migräne, Rheuma, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Akne, Ekzeme, Allergien, Menstruationsbeschwerden, Bluthochdruck, Diabetes, chronische Gastritis, Reizdarm oder Reizblase, psychische Reizzustände oder Burn-out und viele weitere. Vor allem bei Krankheiten, die mit chronischen Entzündungen einhergehen, kann das Fasten die anti-entzündlichen Prozesse unterstützen und die Selbstheilungskräfte des Körpers anregen. 

Als Kontraindikation für eine Fastenkur gelten: Stillzeit und Schwangerschaft, Untergewicht, Psychosen sowie fortgeschrittene Leber- oder Niereninsuffizienz.  

Da ich selbst zweimal jährlich faste, bereitet es mir sehr viel Freude meine Patientinnen und Patienten beim Fasten zu begleiten. Ich weiß, dass das Fasten zwischenzeitlich auch herausfordernd sein kann – aber es lohnt sich allemal! 

Kann Fasten bei Nahrungsmittelunverträglichkeit zu einer Verbesserung führen? 

Nahrungsmittelunverträglichkeiten entstehen fast immer durch eine Überlastung des Verdauungstraktes, also des Darms, chronische Entzündungen oder durch das sogenannte Leaky-Gut-Syndrom. Eine Fastenkur kann eine sehr gute Entlastung bei diesen Symptomen sein und ich habe in meiner Praxis schon oft beobachtet, dass etliche Nahrungsmittel danach automatisch besser vertragen wurden. Der Körper schaltet quasi einmal auf ‚Reset’. Wer an einer Nahrungsmittelunverträglichkeit leidet, sollte begleitend zum Fasten die Darmflora untersuchen lassen. Dafür wird eine Stuhlprobe an ein Labor geschickt, welches anhand der Probe den Stuhl auf die Zusammensetzung der Bakterien, den pH-Wert, Pilze und die Verdauungsleistung untersucht. 

Welche Bedeutung hat das Fasten in der Naturheilkunde? 

Fasten hat in der Naturheilkunde seit Jahrtausenden eine sehr große Bedeutung, da es zum einen für die Patienten leicht umsetzbar, kostengünstig und ohne viel Aufwand und Vorbereitung durchgeführt werden kann, und zum anderen eine gute Einleitung für eine langfristige Ernährungsumstellung darstellt. Mit Einwilligung der Patienten kann Fasten auch als Therapie von Haut- und Darmerkrankungen eingesetzt werden. Beim Fasten ist nämlich das Allerwichtigste die Eigenmotivation. 

Denise Lentge, staatlich anerkannte Heilpraktikerin und Kosmetikerin aus Hamburg
Bild: Denise Lentge

Im Folgenden haben wir Denise gebeten zu fünf der häufigsten Mythen über das Fasten Stellung zu nehmen:

#1 So lange auf Nahrung zu verzichten, ist ungesund. 

Ein Nahrungsverzicht für bis zu 40 Tage ist für den gesunden Menschen ungefährlich, sollte aber nur in Begleitung erfahrener Therapeuten durchgeführt werden! Ein zeitweiser Nahrungsverzicht wie beim Heilfasten ist sehr gesund, weil es den Stoffwechsel trainiert und zur Entgiftung beiträgt. Unser Körper verfügt über viele Depots, die einen vorübergehenden Nahrungsverzicht ermöglichen. 

#2 Während des Fastens wird Muskelmasse abgebaut. 

Innerhalb einer Fastenzeit gelangt der Körper in den Eiweiß-Katabolismus. Dies geschieht, wenn das gespeicherte Glykogen in der Leber aufgebraucht ist. Um einen gewissen Blutzuckerspiegel zu gewährleisten, fängt der Körper allmählich an, Eiweiß in Glukose umzuwandeln, also in Zucker. Wenn dann  kein Eiweiß von der Nahrung zugeführt wird, greift der Körper auf seine eigenen Eiweißspeicher, wie beispielsweise die Muskulatur, zurück. Das geschieht aber meist erst nach über einer Woche vollkommenen Nahrungsverzichts und dabei geht auch nicht direkt eine enorme Menge an Muskelmasse zurück. Fazit: Ein Bodybuilder sollte in der Vorbereitung auf einen Wettkampf nicht unbedingt Fasten, Hobbysportler hingegen gerne!  

#3 Ein dauerhaft niedriger Blutzuckerspiegel ist ungesund.  

Der Körper schafft es auch bei mehrtägigem Nahrungsverzicht, Zucker selbst herzustellen. Außerdem sind die meisten von uns heutzutage so überzuckert, dass ein dauerhaft niedriger Blutzuckerspiegel gar nicht so schnell erreicht werden kann. Einfachzucker braucht der Mensch nur in Extremsituationen, zum Beispiel, um vor dem Säbelzahntiger zu fliehen – und wer macht das heute noch? Vergleichbar mit dem Säbelzahntiger sind heutzutage wohl Uniklausuren oder Hausarbeiten, aber auch da führen wir uns viel mehr Einfachzucker zu, als der Körper überhaupt verarbeiten kann.  

#4 Fasten führt zu einem Jojo-Effekt.  

Dies ist wohl die größte Angst der Menschen, die sich aufgrund zu vieler Pfunde für das Fasten motivieren. WICHTIG: Fasten eignet sich nicht zum Abnehmen, sondern eher dazu, den Stoffwechsel auf eine langfristige Ernährungsumstellung vorzubereiten. Zwar wird beim Fasten an Gewicht verloren, jedoch handelt es sich hierbei vor allem um Wasser, das vom Körper als Reserve gespeichert wurde und nach der Fastenphase direkt wieder eingelagert wird.  

Hier gilt also wie immer: Nur ein langfristiges Kaloriendefizit führt zum Abnehmen ohne Jojo-Effekt!  

#5 Abführen zerstört die Darmflora.  

Ein einmaliges Abführen zerstört die Darmflora nicht. Wenn das so wäre, würde jeder Mensch, der einmal Durchfall hatte, eine zerstörte Darmflora haben.  

Falls ihr Fragen zu Gesundheit, Haut, Darm oder Hormonen habt, besucht Denise gern unter www.alternativmedizin-hamburg.de

Autor*in

Anika studiert BWL an der Fachhochschule Kiel. Seit September 2019 ist sie beim ALBRECHT als Redakteurin tätig, seit Januar 2020 zusätzlich als Ressortleiterin der Gesellschaft.

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