Menschen mit riesigen Ohrstäbchen, morgensternähnlichen Waffen und Schilden, die auf einem großen Spielfeld durcheinander und gegeneinander laufen – so sieht Jugger für den Laien aus. Dass hinter diesem visuellen Spektakel ein Mannschaftssport mit Strategie, Energie und Philosophie steht, wissen nur die wenigsten. Ebendiese Sportart wird auch in Kiel gemeinsam von Studierenden und Arbeitnehmern praktiziert: Sie nennen sich die Fischkoppkrieger und gehören zum TuS Gaarden.

Die Sportart hat seinen Ursprung im Film Jugger – Kampf der Besten. Bereits seit etwa 20 Jahren wird Jugger in Deutschland gespielt, was Deutschland zu einem der ersten Länder macht, das dieses Spiel in seine Reihen mit aufgenommen hat. „Da der Film in Australien gedreht wurde, hat Jugger dort schon vorher begonnen“, erzählt Denise, Mitglied der Fischkoppkrieger. Dementsprechend sind einige der deutschen und australischen Regeln verschieden. Das Grundprinzip ist jedoch überall gleich.

Ziel des Spiels ist es, den Jugg (das ist der Ball aus Schaumstoff – oftmals wie auch bei den Fischkoppkriegern eine Nachbildung eines Hundeschädels) in das gegnerische Mal (=Tor) zu befördern. Dafür gibt es verschiedene Strategien und Waffen, die den Spieler*innen zur Verfügung gestellt werden. Es stehen sich zwei Mannschaften mit jeweils fünf Spieler*innen gegenüber. Von den fünf Spieler*innen ist der sogenannte Läufer unbewaffnet; dieser ist dafür zuständig, den Jugg über das Feld ins Mal zu versenken. Sobald ihm/ihr dies gelungen ist, wird der Spielzug abgebrochen und die Mannschaften stellen sich von Neuem gegenüber auf dem Feld auf. So erinnert die Sportart auf den ersten Blick besonders an Rugby. Tatsächlich stellt sich Jugger aus Rugby und Fechten zusammen, zeigt aber auch eigene sportliche Elemente auf, wie zum Beispiel das Abwehren mit den sogenannten Pompfen. Diese Pompfen sind die Waffen, die in Wahrheit fast vollständig aus Schaumstoff bestehen, womit diese sehr weich und nicht gefährlich sind. Es ist aber nicht so, dass aufeinander eingehauen wird, wie bei einem Vergleich von Jugger und LARP (Live Action Role Play) angenommen werden könnte. „Tatsächlich ist das Treffen mit dem Pompfen nur ein leichter Stups“, erklärt Hanni, ebenfalls Mitglied der Fischkoppkrieger seit etwa acht Jahren. Die Pompfen können Stäbe sein, die entweder an beiden oder nur an einem Ende zum Schlag dienen, eine sogenannte Kette, bei der ein gepolsterter Ball am Kettenende hängt, oder ein Schild, mit einem Durchmesser von etwa 60 Zentimeter.

Die Zeitmessung beim Jugger ist etwas ganz Besonderes: Sie wird als ‚Steine‘ bezeichnet und wird durch Trommelschläge angezeigt. Ein Stein dauert 1,5 Sekunden. Jede der Halbzeiten eines Spiels dauert 100 Steine.

Es ist unerlässlich, dass sich alle Spieler*innen an die Regeln halten, um ein sicheres und faires Spiel zu ermöglichen. „Jugger ist ein Sport, der sehr auf Fairness beruht“, betont Denise. Und das ist ein ganz entscheidender Punkt, wenn es um den so verrückt anmutenden Sport geht. Denn obwohl es Schiedsrichter*innen gibt, können diese bei dem Gewimmel auf dem Spielfeld nicht überall ihre Augen haben. Da ist es wichtig, dass die Spieler*innen, die von einem Pompfen des Gegners oder der Gegnerin getroffen wurden, freiwillig und kniend ihre Zwangspause von fünf Steinen nehmen.

Jedoch handelt es sich bei Jugger keinesfalls um einen Nischensport: Mittlerweile gibt es Europa- und Weltmeisterschaften. Auch die Fischkoppkrieger selbst haben ein Turnier in die Welt gesetzt, das Kieler Nordderby. 2019 findet es schon zum sechsten Mal statt. Wer es nicht dorthin schafft, der kann sich die zahlreichen Videos im Internet anschauen, in denen das Spektakel eines Jugger-Spiels beobachtet werden kann. Es ist auf jeden Fall sehenswert!

Wer jetzt Lust auf diese außergewöhnliche Sportart bekommen hat, kann sich montags, mittwochs oder freitags ab 18.45 Uhr neben der Coventryhalle in Gaarden bei einem Training zusätzlich informieren und sich selbst einen Live-Eindruck verschaffen.

Weitere Informationen findet Ihr auf
www.tusgaarden.de/Jugger

Autor*in

Ann-Kathrin studiert Deutsch und Anglistik im Master an der CAU. Da sie nicht auf Lehramt studiert, hielt sie es für klug, im Oktober 2017 Teil der ALBRECHT Redaktion zu werden. Von Februar 2018 bis Februar 2019 war sie Leiterin des Ressorts Gesellschaft und übernahm dann bis Januar 2020 den Posten der stellvertretenden Chefredakteurin.

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