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„Gartencafé geöffnet“ steht auf der großen Tafel vor dem Fresco in der Möllingstraße. Als ich das Café durch die Schwingtüren betrete, eröffnet sich mir ein Traum in Türkis: Alte hölzerne Türen wurden mit Glasplatten zu Tischen umfunktioniert, der Kamin zu meiner Linken wartet nur darauf, bald wohlig warm zu knistern und eine Theke präsentiert liebevoll gebackene Kuchen, die ich am liebsten alle probieren würde. Das neue Café Fresco  befindet sich zwar noch im Soft-Opening, scheint aber schon jetzt zu Kiels beliebtesten Kaffeehäusern zu gehören. Das liegt vor allem am fast verwunschen wirkenden Garten-Paradies im Hinterhof des Cafés. Bäume, Blumen, Sofas, weiche Kunstfelle auf Stühlen und eine riesige auf Stelzen gebaute Holzterrasse, die an ein Baumhaus erinnert, geben das Gefühl, als sei man zu Gast bei Oma auf dem Lande. Kein Wunder, dass schon hunderte Bilder in den sozialen Medien kursieren und sogar das zehnte Meeting der Kieler Instagramer (@igerskiel) im Fresco stattfand. Viel zu bestaunen und fotografieren gibt es hier allemal.

Manfred Simonet betritt beschwingt aus einer HintFresco_P_onlineertür das Café. Er ist groß, hat volles blond-weißes Haar und stahlblaue Augen. Er ist gelernter Bootsbauer und Bauunternehmer und hat so zum Beispiel die noch heute vorhandene Treppe im Luna Club gebaut. Im Café wird er von allen nur ‚Fred‘ genannt. Mit dem Fresco hat er viel vor und erzählt dem ALBRECHT von seinen großen Plänen:

DER ALBRECHT: Seit wann gibt es das Fresco?
Manfred Simonet: Seit Mai kann man sagen. Fresco ist eigentlich eine ewige Baustelle. Wir bauen noch eine Backstube, und haben drüben noch einen großen Raum, fertig mit allem werden wir wahrscheinlich im Frühjahr nächsten Jahres sein, wenn alles gut läuft. Der Garten war anfangs eine Ruine, ein Schrottplatz, das war ganz schlimm. Deswegen habe ich auch fast drei Jahre gebraucht, und brauche noch ein Jahr, um alles fertig zu bauen. Nach Feierabend habe ich immer zwei, drei Stunden gearbeitet. Die Möbel sind von Baustellen und alten Häusern, Recycling kann man sagen, alles selbst gebaut. Dasder Garten früher ein Kutschenhof war, hätte ich gerne die Historie im Gebäude zurück und baue hinten im Garten eine offene Werkstatt. Eine Kutsche steht ja schon da Bei gutem Wetter habe ich vor, die rauszuschieben, sodass man in der Kutsche Kaffee trinken kann.Fresco2_online

Schmeißt du das hier alles alleine?
Einen Chef gibt es so gesehen nicht, aber Gründer bin ich dann schon. Es gibt einen Kapitän, aber auch Matrosen und Offiziere. Das Boot kann ja nicht segeln, wenn nicht alle mitmachen. Ein Team, eine Mannschaft.

Was ist deine Vision für das Fresco?
Es wird ein Laden werden, den man ‚Shop to Shop‘ nennt. Ich habe die Idee gehabt, den Laden immer intern unterzuvermieten. Der Garten ist aufwendig gemacht worden, 60 laufende Meter Ablagen wurden geschaffen, im Moment sind da überall Blumen drin. Das heißt nicht, dass ich mit 39 noch anfange, den Gärtner zu spielen. Wir bringen den Gärtner hier rein – shop to shop. Übers Internet kannst du alles kennenlernen, einen Mann fürs Leben, einen Koch, einen Gärtner. Viele Gärtner suchen in Kiel eine Möglichkeit, eine Fläche zu pachten, um ihre Pflanzen und Produkte zu verkaufen. Ich biete meinen Garten für wenig Geld an. Im April kommt zum Beispiel eine Kräuterfrau aus Husum, die ihre Kräuter vorstellt und verkauft. Auf den Ablagen stehen dann die ganzen Preisschilder und dann arbeiten wir das als Event noch in unser Essen mit ein. Zwei Wochen später kommt jemand aus Kopenhagen, der sich auf Waldfrüchte spezialisiert hat. Alles ein Event.
Genauso ist es mit der Küche gemeint. Im November haben wir also zwei Frauen aus Prag zu Besuch und die machen Fondues, einen ganzen Monat lang. Weiterhin machen wir Speisen, entwickeln die, haben ein außer-Haus-Geschäft, man kann an Kursen teilnehmen, sich das angucken. Einen Monat später haben wir einen Koch von Sylt, der sich auf die Titanic spezialisiert hat. Die Titanic hatte 14 Küchen an Bord und er macht dazu ein Menü. Wir arbeiten momentan am Programmheft, in dem wir dann jeden Monat, oder individuell einen neuen Schwerpunkt setzen.

Man kann also das Fresco als eine Art Plattform für alle möglichen künstlerischen Ideen sehen?
Ja, und auch für Kinder. Wir planen für Dezember einen Weihnachtsmarkt mit dem Thema ‚Sicht des Kindes‘. Ich habe einen neun-jährigen Sohn und war mit ihm hier auf den Kieler Weihnachtsmärkten, da hat er gesagt: „Papa, was soll ich hier, fürs Karussell bin ich zu alt, und sonst ist hier nichts.“ Dann habe ich gesagt: „Nächstes Jahr machen wir einen Weihnachtsmarkt und den planen wir dann hier.“ Zum Beispiel machen wir einen Wettbewerb um das beste Engelskostüm. Obwohl wir noch ga

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r nicht richtig Werbung gemacht haben, haben wir schon 38 Engel, die ihr Kostüm basteln. Dann dekoriere ich als Baumeister mit richtigen Tannen und Lichteffekten, dann läuft auch mal Weihnachtsmusik, das ist dann  nicht unbedingt christlich, aber weihnachtlich.

Wofür steht der Name Fresco eigentlich?
Fresco heißt Frische. Zu uns gehört noch eine Farm im Naturpark Westensee. Da haben wir vor zehn Jahren angefangen. Da sind Fischteiche, die einzige Wildherde an Pferden, Welsh-Black Rinder in den Wäldern. Diese Farm soll später, wenn das hier alles fertig ist, das Fresco dann auch beliefern. Dann kann man sagen, Fresco sind wir, das Fleisch ist gut, der Fisch ist gut, die Früchte sind nicht gespritzt und die Eier sind gesund, Kräutergarten, Obstgarten, alles hab ich da. Irgendwann möchte ich auf meine Farm und meine letzten zehn oder zwanzig Jahre, die ich noch lebe, da verbringen.
Ich möchte einfach versuchen, hier ein bis

schen Liebe hier reinzubringen. Da werden Waffeln im Hintergrund gemacht und es wird gesagt „Toll, dass ihr da seid“. Dass man für 3,40 Euro einen Cappuccino nimmt und sich irgendwo mal hin setzt, ich finde, das reicht nicht. Meine Sache ist, Brücken aufzubauen. Die Leute sollen lustig sein, rausgehen und sagen, das war toll.

Vielen Dank für das Gespräch!


Bildquellen: Leona Sedlaczek

Autor*in

Leona ist seit Juni 2014 Teil der Redaktion und war von Dezember 2014 bis Februar 2017 Chefredakteurin der Print-Ausgabe des ALBRECHT. Anschließend leitete sie die Online-Redaktion bis Mitte 2018. Leona studiert Englisch und Französisch an der CAU, schreibt für verschiedene Ressorts der Zeitung und kritisiert Land, Leute, Uni und den Status Quo ebenso gerne wie Platten.

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