Social Media. Sie gestalten die Welt deutlich schneller als Tim Bendzko sie rettet. Instagram zum Beispiel ist ein Paradies der schnellen Informationsbeschaffung: nach 30 Sekunden scrollen weiß ich, dass Selena Gomez nun doch mit The Weeknd liiert ist, Jan Böhmermann Selfies mit Seth Meyers macht und welche Bücher auf Christian Krachts Nachttisch stehen. Die Posts der Berühmtheiten kriegen auch ganz ohne Hashtags tausende Likes, weil ihre pure Existenz für digitale Doppelklick-Liebe ausreicht. Unsereins muss das anders handhaben – Instagram erlaubt uns maximal 30 Hashtags, um die Welt da draußen auf uns aufmerksam zu machen. Da gilt es, geflissentlich auszuwählen; alle 30 zu nutzen wäre jedoch reichlich übermütig. Wer das trotzdem tut, macht meistens auch Folgendes: Wochentag-Hashtags benutzen. Sie sind die Ausgeburt des alltäglichen Langweiler-Elends, der Schrei nach Liebe der ausgehungerten Möchtegern-Gurus, das ‚Carpe Diem‘ unter den Poesie-Album-Sprüchen, zusammengefasst: die Büchse der Pandora der wirklich schlimmen Instagram-Posts.

Es fängt an mit dem #motivationalmonday: Weil Montage sehr schrecklich sind, postet eine Freundin, die Einhörner mag, ein Bild mit Spruch über positives Denken. Wer Montage zwar auch doof findet, aber Männer nicht, taggt das neue Pärchen-Selfie mit #mancrushmonday – vielleicht mögen manche ihren Freund auch nur an Montagen, weiß ich nicht, ich bin #single-af. Wenigstens kann ich so an Montagen posten, dass auch ich Ryan Gosling unfassbar heiß finde, oder für wie schön ich Ian Somerhalders Kiefer halte, und so die Männer meines Umfeldes in Selbstzweifeln ertrinken lassen – #sorrynotsorry. Am #transformationtuesday schöpfen dann alle noch mehr Motivation und sorgen für den Wow-Effekt mit unfassbaren Vorher-Nachher-Bildern und Gym-Selfies. Wer auch ‚Wow‘ will, aber keine Muskeln hat, nutzt einfach den #traveltuesday und postet atemberaubende Urlaubsbilder aus den Subtropen – #throwback.

Nun der Mittwoch. Mittwoch bietet so viel Material. #weddingwednesday für glücklich Verheiratete oder die, die verlassen und heulend mit Chips in einem Kreis aus vollgerotzten Taschentüchern im Bett liegen, #winewednesday für Supermamas, die sich ‚auch mal wieder was gönnen‘ wollen, und #wisdomwednesday für Püppchen, die ihre Selfie-Stick-Selfies mit Aristoteles-Zitaten versehen. Weil niemand so ganz weiß, was man mit diesen vermaledeiten Donnerstagen eigentlich anfangen soll, widmet man sie dem Rückblick und schwemmt das Internet mit #throwbackthursday-Nostalgie, bis er dann endlich da ist, der #feelgoodfriday. Heißgetränke grüner Kaffeehausketten in der Hand, #fashionfriday gemäß das #ootd anziehen, einfach das absolute #friyay-Feeling, und dann ab ins Wochenende, den #saturdayswag aufdrehen und am #sinday auch mal wieder so richtig sündigen und eine ganze Tafel Schokolade essen, #imsobad. Jetzt mal ehrlich, was in Gottes Kim Kardashians Namen ist denn bitte in euch gefahren? Ich kann den nächsten #throatpunchthursday und #fuckyoufriday kaum abwarten.


Titebild: Brian Solis, www.briansolis.com

Autor*in

Leona ist seit Juni 2014 Teil der Redaktion und war von Dezember 2014 bis Februar 2017 Chefredakteurin der Print-Ausgabe des ALBRECHT. Anschließend leitete sie die Online-Redaktion bis Mitte 2018. Leona studiert Englisch und Französisch an der CAU, schreibt für verschiedene Ressorts der Zeitung und kritisiert Land, Leute, Uni und den Status Quo ebenso gerne wie Platten.

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