Wenn wir gefragt werden, wie wir unseren Partner oder unsere Partnerin kennengelernt haben, dann verspüren wir das Verlangen, eine Geschichte zu erzählen. Eine Geschichte, die diesen speziellen Moment in einem Netz aus Romantik, Zufällen und spontanen Entscheidungen einfängt. Es ist das Besondere, das Individuelle, nach dem wir uns sehnen. Und weshalb sehnen wir uns danach? Weil eben jene Vorstellung des Verliebens nicht existiert, jedenfalls nicht in der Art und Weise, wie sie uns in Büchern und Filmen vermittelt wird. In der allseits beliebten TV-Serie „How I Met Your Mother“ erzählt der Protagonist Ted Mosby seinen Kindern die unglaubliche Geschichte, die in der Realität so selten geworden ist: Wie und durch welche Zufälle er schließlich seine Frau kennenlernte. Der Erfolg der Serie liegt wahrscheinlich vor allem an den liebenswürdigen Charakteren und dem leichtfüßigen Humor, doch ist es sicherlich auch die Thematik, die dazu anregt, nicht umzuschalten. Wir wünschen uns eine Geschichte wie die Ted Mosbys, denn sie ist aufregend und definitiv einzigartig. Etwas, das heutzutage mit sozialen Netzwerken wie Facebook, Dating-Websites und Plattformen wie BibFlirt einen absoluten Seltenheitsgrad erreicht hat. Die Realität ist anders, sie ist planbarer.

Das Kennenlernen wird „entzaubert“

Wir sind die „Generation Online“. Unsere virtuelle Welt verschmilzt mit der realen Wirklichkeit. Spürbar wird dies nahezu überall: In unserem Alltag, im Berufsleben und natürlich auch in Bezug auf unsere Dating-Kultur. Wir verabreden uns wahrscheinlich öfter zu einem Date vor dem Computer als zu einem Treffen in einem schicken Restaurant. Warum das so ist? Ganz einfach: Weil es möglich ist. Früher gab es vermutlich nur die eine Möglichkeit jemanden kennenzulernen. Er oder sie musste angesprochen werden. Traute man sich nicht, sah man die Person eventuell nie wieder. Heute werfen wir einen Blick auf den potenziellen Partner und haben die Wahl. Frage ich ihn nach seiner Handynummer oder schreibe ich ihm lieber morgen bei Facebook eine Nachricht? Und falls der Name nicht bekannt ist, gibt es ja immer noch die Notlösung „Spotted“. Was hierbei jedoch verloren geht, ist der Zauber des Kennenlernens, die Geschichte, die man mit Stolz seinen Kindern erzählt.

 

Mutiger unter dem Deckmantel der Anonymität

Doch die Ausweitung unseres Lebens auf die virtuelle Welt bringt auch einige Vorteile mit sich. Unsere Reichweite hat sich vergrößert: Wir sind nicht mehr, wie noch unsere Großeltern, auf unser unmittelbares Umfeld angewiesen, was die Partnerwahl betrifft. Bundesweit und auch international können wir nach demjenigen suchen, der genau zu uns passt. Dieses „Filtern“, mit dem wir nach Kategorien wie Interessen oder Alter aussieben können, macht diese Art der Partnerwahl besonders „effizient“. Genau wie Effizienz ist Sicherheit ein Begriff, der einem beim Thema Kennenlernen traditionell nicht als erstes in den Sinn kommt. Doch Plattformen wie BibFlirt erlauben es uns, anonym den ersten Schritt auf jemanden zuzugehen, wenn einem bei der ersten Begegnung vielleicht der Mut dazu gefehlt hat. Hinzu kommt, dass es leichter ist, sich beispielsweise in einem Online-Chat zu öffnen. Wie der Autor Aaron Ben-Ze’ev es in seinem Buch „Love Online“ ausdrückt: „Tiefgehende Intimität scheint online die physische Distanz wettzumachen.“ Das kommt auch daher, dass man online weniger verletzlich ist als in der Realität. Man kann so viel oder wenig über seine richtige Identität preisgeben wie man möchte und so der anderen Person Dinge anvertrauen, die man den Menschen in seinem nächsten Umfeld vielleicht so nie sagen würde.

Unromantisch? Und wenn schon!

So abgedroschen er auch klingt, der Name „Generation Online“ passt ganz gut zu uns. Wir können uns das Leben heute einfacher machen. Indem wir Sachen bestellen, anstatt sie im Laden zu kaufen, indem wir E-Mails versenden anstatt richtiger Briefe und indem wir unsere sozialen Kontakte auf virtueller Ebene herstellen und pflegen. Es mag unromantisch sein, das erste Date in einem Chat verbracht zu haben, aber wenn man dadurch den Partner fürs Leben gefunden hat – wen interessieren dann noch die Umstände des Kennenlernens? Was die mediale Umsetzung in Serien wie „How I Met Your Mother“ angeht: Dort wird die Vermischung von realer und virtueller Wirklichkeit, die für uns alltäglich ist, wohl auch in Zukunft in der Form nicht ankommen. Denn ganz ehrlich: Wer will im Fernsehen schon Pärchen getrennt vor dem Computer sitzen sehen?

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