„Ich bin Rüdiger von Schlotterstein und bei Nacht bin ich nicht gern allein. Ich öffne meinen Sarg und ich flieg‘ zu dir! Ich, der kleine Vampir.“ Der Kassettenvorspann schafft es immer wieder, mich in Nostalgie zu versetzen. Auf einmal bin ich wieder acht Jahre alt, liege in meinem Bett und höre Der kleine Vampir auf meinem knallgelben Walkman anstatt zu schlafen.

Angela Sommer-Bodenburg hat mit ihren zahlreichen Geschichten über Särge, Vampirumhänge und misstrauische Eltern den Grundstein für meine spätere Fantasy-Affinität gelegt und nicht nur mich, sondern zahlreiche andere Kinder mehrerer Generationen in Begeisterung versetzt. Damit begann sie im Jahre 1979, als sie erstmals von dem Menschenjungen Anton schrieb, der eines Nachts unerwarteten Besuch eines Vampirs bekommt. Und Rüdiger ist so ganz anders, als andere Vampire. Zwar riecht er ungefähr so wie unser AStA-Keller, meidet das Sonnenlicht und verfügt über die obligatorischen Eckzähne, doch es gibt auch Dinge, die nur dem kleinen Vampir passieren können. Denn wie bereits sein Vater feststellt: „Rüdiger, du bist kein Vampir, sondern ein Hasenfuß.“ Der Grund dafür ist einfach: Der kleine Vampir fürchtet sich vor der Dunkelheit. Dies gesteht er Anton in ihrem ersten Gespräch. Als die beiden Jungen dann noch ihre gemeinsame Leidenschaft für Gruselgeschichten entdecken, bricht das Eis und die anfängliche Angst verfliegt.

Und während sich Anton und Rüdiger anfreunden und gemeinsam Abenteuer erlebten, fieberten Millionen Kinder mit. Die Bücher wurden zwölf Millionen Mal verkauft und in 30 Sprachen übersetzt. Auch die Kassetten, Comics und der Film aus dem Jahre 2000 erfreuten sich großer Beliebtheit. Die amerikanisch-deutsche Filmproduktion erweiterte die Geschichte allerdings um gefährliche Kruzifixe, mit denen der Vampirjäger Geiermeier unterwegs ist und baute fliegende untote Milchkühe ein. Sommer-Bodenburgs Familie Schlotterstein musste somit einige fragwürdige Veränderungen in Kauf nehmen. Doch einem echten, kindlichen Vampir-Fan können auch blutsaugende schwarz-bunte Kühe nicht den Spaß verderben.
Rüdiger und Anton sind ein Team, wie es unterschiedlicher nicht sein könnte. Und doch blüht Anton, der in der Schule nicht beliebt ist und keine menschlichen Freunde hat, im Umgang mit Vampiren auf. Nicht unwesentlich trägt hierzu natürlich auch Anna, Rüdigers jüngere Schwester, bei. Sie ist Antons erste und größte Liebe.

Und da es die Abenteuer von Rüdiger und Anton nun auch bei YouTube gibt, ist das Abendprogramm für die nächsten sechs Tage schon festgelegt. Heute schlafe ich wieder mit dem kleinen Vampir und der großen Liebe ein.

Autor*in

Johanna schreibt seit Anfang 2015 vornehmlich für das Ressort Gesellschaft. Seit Februar 2017 ist sie Chefredakteurin des ALBRECHT. Sie studiert seit dem Wintersemester 2014 Deutsch und Soziologie an der CAU.

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