Die Kieler Woche fällt im Juni aus. Das lassen wir nicht zu und nehmen euch deshalb mit auf einen geistigen Abstecher auf das größte Volksfest Nordeuropas!  

Die Stadt ist unruhig. Auf den großen befahrenen Straßen der Kieler Innenstadt fahren Lastwagen und Autos mit beladenen Anhängern in Richtung Förde. Vereinzelte Sonnenstrahlen locken Menschen aus ihren Wohnungen und Häusern, die Stimmung ist heiter und voller Erwartung. Und es ist laut. Je näher der Kiellinie, umso lauter der Krach und Lärm, der mit dem Aufbau der unzähligen Buden und Stände einhergeht. Natürlich dürfen auch der Malibu-Steg und das Bayernzelt nicht fehlen. Die Attraktionen der Kieler Woche ähneln sich von Jahr zu Jahr, und doch gibt es vereinzelt Überraschungen, wie beispielsweise das Waterkant-Festival an der Kiellinie im Jahr 2019. Schon bald sind wir gezwungen in Schlangenlinien am Wasser entlang zu laufen oder zu fahren, so schnell schreitet der Aufbau voran. Es ist jedes Jahr aufs Neue faszinierend, wie rasant die riesige Partymeile in der Innenstadt und das Segel-Mekka in Schilksee entstehen und auch plötzlich gar nicht mehr wegzudenken sind.   

Doch nicht nur am Wasser ist viel los, die ganze Stadt ist aufgeregt. Es gibt nur noch dieses eine Thema, und auch diejenigen, die keine Fans der Kieler Woche sind, werden mitgezogen und geraten in den unaufhaltsamen Strudel, dem sich niemand so leicht entziehen kann. Die Gäste der Kieler Woche könnten unterschiedlicher nicht sein: Zum einen gibt es die Freunde des alkoholischen Gesöffs, die nicht lange suchen müssen, um auf der KiWo auf ihre Kosten zu kommen. Zum anderen jene, die sich berieseln lassen wollen, und einfach so, ohne Ziel, über die Meile schlendern. Oft vergessen, und meist unter Empörung erwähnt, sind die Menschen, die sich für das Segeln allgemein und die stattfindenden Segelwettbewerbe interessieren. Manche mag es überraschen, dass dies das ursprüngliche Motiv der Kieler Woche ist! Welcher Grund auch immer zum Kommen lädt, die KiWo ist im Juni DAS Event in Schleswig-Holstein.  

Kiel öffnet die Tore  

Das erste Wochenende läutet den Start ein und schwämmt die ersten Tagestouristen in die Stadt. Kiel füllt sich und wer im Zentrum wohnt, wird unweigerlich Tag ein Tag aus mit der Kieler Woche konfrontiert, sei es die Masse an Menschen oder die Musik, die von den Bühnen am Ostseekai, der Hörn oder dem Ratsdienergarten die Stadt erfüllt. Wen weder die unzähligen Konzerte noch die Segelevents interessieren, wird meist beim Essensangebot schwach. Im Strom der Menschen, vorbei an unzähligen Crêpes- und Würstchenständen, erstreckt sich die Festmeile von der Hörn bis zum Institut der Weltwirtschaft, und in Schilksee entlang des Hafens.   

Direkt an der Kieler Förde befindet sich meist zu Beginn auf der linken Seite der Künstler, dessen Seil so gespannt ist, dass das Hinaufklettern fast unmöglich und nur mit viel Können und Gleichgewicht machbar ist. Wer kennt ihn nicht? Trotzdem werden viele nicht müde, es immer und immer wieder zu versuchen – und zu scheitern. Andere Seilkünstler*innen versuchen ihr Glück beim Balancieren über ein über das Wasser gespannte Seil in der Nähe des Ruderclubs. Aber auch auf dem Wasser ist viel los: sei es Handball auf Ruderbooten, die unzähligen Regatten von Schilksee aus, oder die Windjammerparade auf der Kieler Förde.   

Ob auf dem Malibu-Steg, im Bayernzelt oder im Schlossgarten an der Karibik-Bar – es gibt viele Möglichkeiten, den Abend auf der KiWo feuchtfröhlich zu verbringen. Den letzten Abend verbringen allerdings alle Besucher*innen gleich, ob mit oder ohne Getränk in der Hand. Am zweiten Sonntag findet das alljährliche große Feuerwerk statt, um die KiWo gebührend ausstreichen zu lassen. Der Augenblick hat etwas Magisches, wenn die Menschen eng umschlungen oder Händchen haltend gemeinsam in den Himmel blicken. Oooh! Aaaah! Wow!  

Dieses Jahr ist alles anders  

Seit Einzug des Frühlings erblüht die Stadt und leuchtet in all ihren Farben dem Juni entgegen. Es scheint, als sei Kiel einzig und allein für den Sommer gemacht. Es sind die Sommermonate, in denen die Liebe zur Stadt exponentiell ansteigt und einen über das gesamte weitere Jahr hinwegträgt. Inliner und Skateboard fahren, im Schrevenpark grillen, sich einen Kaffee bei der Campus Suite holen, alles noch möglich – sich an Abenden auf der Kieler Woche in den Armen liegen dieses Jahr nicht. Es fallen auch die Konzerte weg, deren Musik sich mit dem Möwengeschrei am Himmel vermischt, und diese, so unabhängig von der Musikrichtung, einen skandinavischen Touch bekommt. Dieses Jahr fehlt auch das Wiedersehen mit lange nicht gesehenen Menschen,  mit denen wir uns plötzlich gemeinsam am Cocktailstand wiederfinden. Es fehlt das Kribbeln im Bauch und das Knistern in der Luft, die Anspannung und Aufregung innerhalb der sich von Stand zu Stand kämpfenden Menschenmassen – alles fehlt. KiWo, du fehlst.  

„Aber nicht doch!“, werden einige empört sagen, die KiWo finde doch statt. Ja das tut sie, und zwar in ihrer ursprünglichsten Form. Mit den Motti back to the basics und Segeln plus X wird sich die Kieler Woche in diesem Jahr vom 5. bis zum 13. September  ganz auf ihre charakteristischen Wurzeln beziehen – auf den Segelsport. Ob es noch weitere Aktivitäten und Events außerhalb der Segelregatten geben wird, soll in den kommenden Wochen entschieden werden. Fest steht jedoch: Dieses Jahr wird alles anders.  

Autor*in

Anika studiert BWL an der Fachhochschule Kiel. Seit September 2019 ist sie beim ALBRECHT als Redakteurin tätig, seit Januar 2020 zusätzlich als Ressortleiterin der Gesellschaft.

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