Tires screeching. Loud honking. Steps clicking. Random jabbering. Leaves rustling. ‚Hey man!‘ ‚What’s up?‘. Birds whistling. Seagulls squawking. And then? Nothing.“ Nicht jeder wird in diesen Zeilen sofort die Kieler Universitätsbibliothek erkennen. Dennoch handelt der Text, aus dem sie stammen, von der UB, er ist Teil des literarischen Reiseführers, der vom English Department der CAU Kiel bald herausgegeben wird. Erarbeitet wurden die dort enthaltenen Texte in einem Creative Writing-Seminar, das in Blockform im September 2014 stattfand. Ganz regulär, wie jedes andere Blockseminar, also auch mit den allseits heißbegehrten ECTS.

Schreiben, so Emmanuel Kugland, mit Dr. Barbara Röckl zusammen Leiter des Seminars, sei erlernbar. Wie Handwerkszeug müsse man sich die Fähigkeit nur aneignen. Diese Fertigkeiten seien nicht nur für die, die später selbst schreiben wollten wichtig. Auch in rein literaturwissenschaftlichen Seminaren mache sich der durch den eigenen Schreibprozess veränderte Zugang zur Literatur positiv bemerkbar. In der motivierenden Atmosphäre wurde so der Umgang mit Sprache spielerisch geübt und mithilfe der amerikanischen Autorin Linda Lappin verfeinert. Dem anfänglichen Gefälle des Niveaus in der 14-, beziehungsweise später 12-köpfigen Gruppe, verschafften Schreibübungen und andere Aufgaben bald Abhilfe. Das von Anfang an gesteckte Ziel einer Veröffentlichung war klar, auch wenn der Schaffensprozess als solcher im Vordergrund stand.

Subjektivität und Individuelle Eindrücke sollen durch die Polaroids festgehalten werden – Quelle: Finja Desler
Subjektivität und Individuelle Eindrücke sollen durch die Polaroids festgehalten werden – Quelle: Finja Desler

Der Doppelspitze aus Dr. Barbara Röckl und Tristan Immanuel Kugland war bei ihrem so bisher nicht dagewesenen Projekt ein freundlicher und vertrauter Umgang wichtig. Die Erarbeitung und Publikation eines literarischen Reiseführer durch Kiel auf Englisch der die Stadt als Labyrinth, Summe einzelner Orte und derer subjektiven Eindrücke begreift und darstellt, war Ziel. Während der Arbeit an dem an ein internationales Publikum gerichteten Buch, wurde schnell das ‚Du‘ eingeführt, um eventuelle Barrieren einzureißen und zielgerichtetes Arbeiten zu ermöglichen. Das Aufbrechen der „Jahrgangskohorten“ half auch dabei, die Studierenden aus Bachelor und Master zu einer Gruppe zu formen, die ganz im Sinne von Kursen zum Kreativen Schreiben Kritik übt, ohne dabei unnötig vorsichtig oder forsch zu sein. So wurde die subjektive Sicht auf Kiel und Kieler Orte, wie den Rathausplatz oder den Keller des Englischen Seminars in mehr als 40 kleinen Texte in Worte gefasst. Die einzelnen Beiträge umfassen zwischen einer halben bis drei Seiten – formatiert nach den seminareigenen Richtlinien – und lassen den Travel Guide somit auf rund 75 000 Zeichen anschwellen. Die einzige Hürde zu den lesenswerten Kurzgeschichten liegt in ihrer Lesbarkeit. Bisher steht das als Jubiläumsprojekt und durch die Alumni, das Zentrum für Nordamerikastudien und weitere Organisationen geförderte Projekt vor Finanzierungsschwierigkeiten. Nichtsdestotrotz besteht ein Angebot eines Verlags, das auch eine elektronische Veröffentlichung und eine Kiel App, die die Texte mit dem jeweiligen Standort des Nutzers in Bezug stellt, beinhaltet. Dass die 1000 geplanten Exemplare nicht im self-publishing veröffentlicht werden, liegt an den Skrupeln der Dozent*innen demgegenüber. Die Ausschussware sei zu hoch, man wolle außerdem ein gutes Buch veröffentlichen, die Fachkenntnisse eines Verlags seien da in allen Belangen wichtig und machten die Arbeit mit einem solchen schlichtweg reizvoll.

Begleitet werden die Texte in ihrer bewussten Subjektivität von ebenso subjektiven Polaroid-Fotografien von Finja Desler. Auch hier zeigt sich wieder die bewusste Abgrenzung von vorher dagewesenen, offiziellen Guides der Stadt, die generische Texte und altbekannte Lokalitäten flüchtig neu verputzt präsentieren. Der Stadtführer ist somit in mehreren Belangen anders, vielleicht sogar besser, als die bisher dagewesenen Exemplare. Er ist keine bloße Aneinanderreihung von Einkaufsmöglichkeiten, er zielt darauf ab, für die Schreiberlinge interessante Orte zu beleuchten und diese Mannigfaltigkeit der Eindrücke zu einem persönlichen Band zusammenzufassen.

Gerne würden Frau Dr. Röckl und Herr Kugland auch in Zukunft Workshops und Seminare anbieten können, in denen der Universitätsalltag mit neuen Herangehensweisen und kreativem Schaffen durchbrochen wird. Das Problem, das vor einer solchen Unternehmung jedoch immer im Raum steht ist die der Finanzierung. Man darf den beiden nur wünschen, dass diese Fragen für das aktuelle Publikationsprojekt und alle weiteren Unternehmen dieser Art schnell und zufriedenstellend geklärt werden. Der Travel Guide ist ein Unikat, ein Einzelfall sollte er nicht werden.

Autor*in

Paul war seit Ende 2012 Teil der Redaktion. Neben der Gestaltung des Layouts schrieb Paul gerne Kommentare und ließ die Weltöffentlichkeit an seiner Meinung teilhaben. In seiner Freizeit studierte Paul Deutsch und Anglistik an der CAU.

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