Wissen und Hochschule, das gehört untrennbar zusammen. Es gibt einen Ort auf dem Campus, an dem dieser Verbindung ein Zuhause gegeben ist: die Universitätsbibliothek (UB). Hier wird Wissen gesammelt, archiviert, weitergegeben, angeeignet, transformiert. Für das Leitthema ‚Wissen‘ dieser ALBRECHT-Ausgabe die Bibliothek ins Auge zu nehmen, lag somit auf der Hand.

Ich studiere seit zwei Jahren an der CAU. Zwei Jahre, in denen mir bei der Literaturrecherche neben Medien in der Universitätsbibliothek auch Bücher in acht verschiedenen Fachbibliotheken auf dem Campus vorgeschlagen wurden. Zwei Jahre, in denen ich gerade bei einem neuen Thema lieber in den Suchportalen anderer Unibibliotheken nach Stichworten gesucht habe, um dann konkrete Titel im Kieler Katalog einzugeben. Denn in Kiel werden nicht automatisch alle zur Suche passenden Zeitschriftenartikel aufgelistet. Zwei Jahre, in denen ich immer wieder auf vielversprechende Titel im Fernleihkatalog gestoßen bin, die ich dann aber nicht ausleihen konnte, weil die Fernleihe nicht für eBooks funktioniert. Zwei Jahre, in denen ich mich gefragt habe, warum die Bibliothek eigentlich weniger Stunden pro Woche geöffnet hat (84 Stunden) als die meiner Bacheloruniversität in Bayreuth (90 Stunden), obwohl dort über 10 000 Studierende weniger eingeschrieben sind als an der CAU. Kurzum: Zwei Jahre, in denen mir immer wieder aufgefallen ist, dass die Kieler Unibibliothek aus meiner Sicht an so manchen kleineren und teilweise auch größeren Punkten noch Verbesserungspotential hat.

Natürlich hängt es am Studienfach, den Arbeitsvorlieben und den Vergleichsmöglichkeiten, ob andere Studierende diese Kritikpunkte im Einzelnen teilen. Trotzdem legt es für mich die Frage nahe, wie studentische Interessen in der Bibliothek wahrgenommen und einbezogen werden. Grundsätzlich ist es Aufgabe des AStA, diese an der Universität hörbar zu machen. Doch auf Nachfrage dort stellte sich heraus, dass das Thema Bibliothek leider in keinem Referat auf der Agenda steht. Daraufhin habe ich mit der Direktorin der UB Kiel, Dr. Kerstin Helmkamp, über ihre Sicht auf das Verbesserungspotenzial der Zentralbibliothek und studentische Beteiligung gesprochen.

Es tut sich was

Kurz vor unserem Gesprächstermin – und passend zu einem Punkt auf meiner Liste – hat die Unibibliothek den Discovery Service eingeführt. Das neue Suchportal umfasst nicht nur die Bestände des Online-Katalogs, sondern auch weitere Titel wie elektronische Zeitschriftenartikel und Open-Access-Publikationen. Ob sich das neue System bewährt, wird sich in der Praxis zeigen.

Es stehen außerdem weitere Neuerungen im nächsten Jahr an, beispielsweise wird das Ausleihsystem auf Selbstbedienung umgestellt und der Foyerbereich im Zuge dessen neu gestaltet. Auch die Umgestaltung von Arbeitsplatzbereichen steht auf der Agenda.

Luft nach oben bei den Themen…

… Fachbibliotheken

Andere Punkte werden sich so schnell nicht ändern. Dazu zählt das Thema Fachbibliotheken. Warum die aktuelle Situation für Studierende eine Zumutung sein kann und dringend eine grundlegende Umstrukturierung bedarf, erklärt ALBRECHT-Redakteurin Nadine in diesem Kommentar. Helmkamp sieht die Schwierigkeiten des aktuellen Fachbibliotheken-Systems, erklärt aber, dass die dahinter stehende Strukturfrage nicht von der UB alleine, sondern nur gemeinsam mit den Gremien und allen Beteiligten gelöst werden kann. Die geplante Verbundbibliothek an der Leibnizstraße wird das System langfristig verbessern. Da das aber noch Zukunftsmusik ist und die CAU das gesamte nächste Jahrzehnt beschäftigen wird, ist es notwendig zu überlegen, ob die Schwierigkeiten für Studierende in den Fachbibliotheken bis dahin nicht zumindest abgemildert werden könnten.

… Fernleihe von eBooks

Ein weiterer Punkt auf meiner Liste waren die Fernleihoptionen: Medien, die die eigene Unibibliothek nicht im Bestand führt, können per Fernleihe aus den Beständen anderer Bibliotheken, mit denen die Kieler Unibibliothek im Gemeinsamen Bibliotheksverbund (GBV) organisiert ist, ausgeliehen werden. Nur gilt das an der CAU nicht für eBooks, obwohl sie im Fernleihkatalog auftauchen. Das ist gerade in Anbetracht der steigenden Nutzung elektronischer Medien nicht nachvollziehbar und nicht zeitgemäß. Helmkamp konnte diese Einschränkung zunächst nicht erklären, fand aber im Anschluss an unser Gespräch heraus, dass es an den nötigen Voraussetzungen des IT-Dienstleisters GBV hapert. Daran wird allerdings gearbeitet, es besteht also Hoffnung, dass Kieler Studierenden bald auch das Repertoire an eBooks anderer Unibibliotheken wie Hamburg oder Bremen zur Verfügung steht.

… Öffnungszeiten

Die Tatsache, dass die Zentralbibliothek im Vergleich zu einigen anderen Unibibliotheken beim Vergleich der wöchentlichen Öffnungszeiten nicht vorne dabei ist, ist Helmkamp bewusst. Das liegt ihrer Erklärung nach insbesondere an der Lage der jeweiligen Unibibliothek in der Stadt. In Unibibliotheken mit zentraler Stadtlage wird die 24/7 Öffnung durchgängig gut angenommen. Mit ihrer eher abseitigen Lage in Kiel ist die Unibibliothek vor allem tagsüber bis 20 Uhr hochfrequentiert (etwa 713.000 Besuche pro Jahr); am Wochenende und außerhalb der Prüfungsphasen wird es jedoch deutlich ruhiger. Deshalb steht für Helmkamp nicht die Verlängerung der Öffnungszeiten im Vordergrund, sondern die Überlegung, die Öffnungszeiten dem konkreten Nutzer*innenverhalten anzupassen. So ist beispielsweise für sie denkbar, unter der Woche früher zu öffnen und dafür an manchen Abenden oder an den Wochenenden etwas früher zu schließen.

…Taschen-Jacken-Essens-Verbot

Wir haben auch über eine mögliche Lockerung des Taschen-Jacken-Essens-Verbots gesprochen. Es gibt andere Universitätsbibliotheken, die bei diesem Thema eine entspanntere Position einnehmen, in Mannheim wurde beispielsweise nach einer Testphase das Taschenverbot in diesem Jahr aufgehoben und an meiner Erasmusuniversität in Dundee, Schottland ist es außerdem erlaubt, in den Bibliotheksräumen zu essen, so lange das keine allzu große Geruchsbelästigung für die Mitmenschen darstellt. Helmkamp zeigt Bereitschaft, neu auszuloten, wie das in Kiel in Zukunft gehandhabt werden könnte, sieht aber Überzeugungsbedarf bei manchen Kolleg*innen. Vielleicht ist nach dem Mannheimer Vorbild eine Testphase eine gute Möglichkeit, sich langsam an Neuerungen heranzutasten und mit verschiedenen Ideen zu experimentieren.

Studentisches Engagement

Das Gespräch hat gezeigt, dass es wichtig ist, die studentische Perspektive einzubringen. Ich habe mit meiner Kritik offene Türen eingerannt und die Erfahrung gemacht, dass Helmkamp studentischen Meinungen gegenüber sehr offen eingestellt ist. Der Austausch steckt momentan aber noch in den Kinderschuhen, denn es mangelt an regelmäßigen Gesprächen unter anderem zwischen dem AStA, weiteren studentischen Vertretungen und der Bibliotheksleitung. Eine Möglichkeit hierfür ist nach Ansicht der Bibliotheksdirektorin beispielsweise ein*e studentische Vertreter*in im Leitungsgremium.

Grundsätzlich gibt es Aufholbedarf in Bezug auf die Möglichkeiten, die eigene Perspektive als Studentin in die Geschehnisse auf dem Campus einzubringen und die Punkte, über die wir uns zum Beispiel beim Mittagessen in der Mensa mit Kommiliton*innen aufregen, auch an die Stellen weiterzuleiten, die etwas daran ändern könnten. Als das AStA-Referat Studienangelegenheit im vergangenen Sommersemester zum Vernetzungstreffen Studierbarkeit lud, um über Schwierigkeiten und Verbesserungspotenzial rund um das Studium an der CAU zu sprechen, war das Echo fast nicht wahrzunehmen: Von den über 25 000 eingeladenen Studierenden der CAU kamen fünf. In Bezug auf studentisches Engagement bei der Mitgestaltung des Campuslebens ist also auch noch Luft nach oben.

Autor*in

Hannah ist seit Herbst 2017 Teil der Albrecht - Redaktion. Sie studiert Praktische Philosophie der Wirtschaft und Umwelt seit dem Wintersemester 17/18.

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