Gerade wer nicht in Großstädten lebt, weiß die Vorzüge von Online-Shopping meist zu schätzen. Gemütlich im Bett einen Tee schlürfen, eine Serie schauen und dabei den Online-Händler des Vertrauens durchstöbern. Durch kostenlose Lieferungen und Retouren ist die Verlockung groß, schnell ein paar Teile zu bestellen. Natürlich „nur um zu schauen, wie es sitzt“. Mehrere Größen, verschiedene Farben und Passformen – ist ja alles gratis. Obwohl unsere Kleiderschränke aus allen Nähten platzen und ein T-Shirt vor der Entsorgung im Schnitt nur vier Mal getragen wird, kauft laut Greenpeace jede*r Deutsche im Jahr rund 60 neue Kleidungsstücke.

Von Schadstoffen bis Plastikverschwendung

Mittlerweile wird in Deutschland jedes sechste Paket wieder zurück an den Händler gesendet. Im vergangenen Jahr waren es laut der Universität Bamberg 280 Millionen Pakete mit 487 Millionen Artikeln. In der Fashionbranche wird sogar jedes zweite Paket zur Retoure, allein die Moderetouren belasten die Umwelt damit so stark wie 166 000 Tonnen CO2. Nicht jeder Artikel kann wieder so aufbereitet werden, dass er als neue Ware an den nächsten Kunden oder die nächste Kundin verschickt werden kann. Rund vier Prozent der zurückgeschickten Artikel landen im Müll, 79 Prozent werden als A-Ware weiterverkauft, 13 Prozent als B-Ware. Meist wird hierfür der günstigste Transport über LKW genutzt, obwohl dieser mit Abstand die stärkste Luftverschmutzung verursacht. Jede durch einen LKW transportierte Tonne Ware sorgt pro Kilometer für 103 Gramm Treibhausgase. Zum Vergleich: Mit dem Schiff sind es 32 Gramm, mit der Bahn 19 Gramm pro transportiertem Kilometer.

Eine weitere Umweltbelastung sind die Verpackungen der Händler. Wer schon bei Zalando und Co. bestellt hat, kennt die Unmengen von Plastiktüten, durch die es sich zu kämpfen gilt, um zum bestellten Kleidungsstück zu gelangen. Oft werden beim Versand von zerbrechlichen Gegenständen zusätzlich Berge von Luftpolsterfolie verwendet, damit die sichere Ankunft am Ziel garantiert ist. Dementsprechend groß fallen dann auch die Kartons aus, damit die Folie genügend Platz hat.

„Ich gehe lieber in die Innenstadt, dann müssen die Produkte nicht zu mir geliefert werden und ich kann sie vor dem Kauf anprobieren“, sagen viele. Doch ganz davon abgesehen, dass die Produktion der verkauften Ware selbst der Umwelt schwer zu schaffen macht, Wasser und Rohstoffe verschwendet und Menschen ausgebeutet werden, belastet auch der stationäre Handel das Klima stark. Läden müssen mit Heizung, Strom und Licht versorgt werden. Die Produkte werden meist durch LKW angeliefert und viele Kund*innen und Mitarbeiter*innen nutzen das Auto, um in die Innenstadt zu gelangen. Also kann Onlinehandel doch gar nicht so schlimm sein, oder?

Online Shopping als Klimaschutzmaßnahme?

Tatsächlich ist Online-Shopping in der Theorie die nachhaltigere Shoppingmethode. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn die Rahmenbedingungen stimmen, wenn Kunden also nachhaltig konsumieren und Unternehmen neben der Kostenminimierung auch Umweltfaktoren wie die vollständige Auslastung von LKW beachten. Einige Onlinehändler gehen mittlerweile aktiv gegen übermäßige Retouren vor. ASOS kündigte beispielsweise die Einführung einer sogenannten Blacklist an, auf der Kunden vermerkt werden, die ungewöhnliche Kauf- und Retouremuster aufweisen. Wer auf dieser Liste steht, muss die Lieferung möglicherweise selbst zahlen oder kann nicht mehr auf sein Konto zugreifen. Außerdem werden Passformen, Größentabellen und Produktinformationen von Händlern immer präziser angegeben, um Käufern eine realistische Größeneinschätzung zu ermöglichen und das Bestellen mehrerer Größen möglichst zu verhindern.

Seit vielen Jahren existieren außerdem Organisationen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Produktion und Handel in der Fashionindustrie nachhaltiger zu gestalten. Fashion Revolution wurde 2013 in Folge des Fabrikeinsturzes in Bangladesch gegründet und fordert mehr Transparenz der Labels und Gerechtigkeit in der Modebranche. Sie informieren auf ihrer Website darüber, was jede*r Einzelne zu diesem Ziel beitragen kann. Außerdem sprechen viele Größen der Modeindustrie seit zehn Jahren auf der Copenhagen Fashion Summit darüber, wie Nachhaltigkeit und Ethik ihren Platz in der Modewelt finden können.

Das Problem ist nicht das Online-Shopping selbst, sondern was es mit unserem Konsumverhalten macht. Ein Kleidungsstück gilt laut Harper’s Bazaar erst dann als nachhaltiger Kauf, wenn es mindestens 30 Mal getragen wurde. Bevor also das nächste Mal der „Kostenpflichtig bestellen“-Button geklickt wird, sollte der Warenkorb noch einmal mit Bedacht betrachtet werden. Brauche ich den fünften grauen Sweater wirklich? Bin ich mir nicht eigentlich sicher, dass das Kleid nicht gut sitzen wird? Würde ich diese Schuhe tatsächlich anziehen oder wären sie mir nach einer Woche doch zu unbequem? Wer seinen überdachten Warenkorb dann so klimafreundlich wie möglich zu sich nach Hause liefern lassen möchte, sollte auf Expressversand verzichten, denn dieser sorgt für eine schlechte Auslastung der LKW und belastet das Klima damit zusätzlich.

Autor*in

Jonna ist 19 Jahre alt und studiert BWL an der CAU. Seit dem Sommersemester 2017 gehört sie zur ALBRECHT-Redaktion.

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