Stellt euch vor, einmal im Monat wacht ihr auf und jemand hält eure Hoden fest im Griff. Und er folgt euch. Zur Uni, zur Arbeit, zum Sport, immer mit seiner Hand an euren Eiern und immer mal wieder drückt er etwas zu. Aber niemand sieht ihn außer euch. Und ihr könnt auch niemandem davon erzählen, denn vor allem die Frauen wollen davon nichts hören, wenn sie nicht gerade Witze darüber machen können. Und dabei blutet ihr nicht einmal aus dem Penis.

Natürlich ist es nun nicht die Schuld von uns Penisträgern, dass der Uterus einmal im Monat auf sich aufmerksam macht. Es ist ein völlig natürlicher Prozess und etwas daran ändern können wir sowieso nicht. Doch obwohl es so ein natürlicher Prozess ist und wir nicht einmal viel davon merken, scheint es ein riesiges Stigma zu geben, das erwachsene Männer abschreckt, überhaupt darüber reden zu wollen. Wir ziehen theatralisch angewiderte Gesichter, wenn die Periode erwähnt wird, vermeiden jede Vorstellung davon, eine Frau könnte gerade aus ihrer Vagina bluten. Und ist es auch noch die Partnerin, fragen wir immer wieder vorsichtig, wie lange sie denn noch gedenkt zu menstruieren, um ja nicht die Vorstellung von Sex und der Periode kollidieren zu lassen. Wir wollen unbedingt die Distanz wahren, wünschen uns, Menstruation wäre etwas, das Frauen im Geheimen tun und uns nicht damit belästigen.

Bis ihre Periode dann mal auf sich warten lässt und wir panisch anfangen zu googlen und das Nötigste erfahren, um uns zu beruhigen, und zurück in die Ignoranz gleiten.

Bluten wie die Niagarafälle

Warum aber gibt es diese breite Unwissenheit? Weshalb können wir nebeneinander am Pissoir stehen, aber nicht mit einer Frau über einen mindestens ebenso normalen Vorgang sprechen? Ich zumindest habe im Sexualunterricht nichts weiter über die Periode erfahren, als dass es sie gibt. Dies führte dazu, dass ich über Menstruation hauptsächlich aus Witzen gelernt habe. Die Wissenslücken wurden mit Mythen und Vorurteilen gefüllt, die später durch mein weibliches Umfeld mühsam aufgeklärt werden mussten.

Dazu habe ich viele Metaphern gelernt, um nicht „Periode“ oder „Tage“ zu benutzen, und ich bin mir sicher, dass ihr auch viele davon schon gehört habt und sogar noch welche hinzufügen könntet. Dinge wie „Diese Zeit im Monat“, „Vampirwoche“, „Rotes Meer“ oder „Erdbeerwoche“, bis hin zu „strawberry fields“. Letzteres habe ich bis vor ein paar Jahren selber benutzt, was mir aufrichtig peinlich ist, weil es im Nachhinein so kindisch wirkt. Aber genau das ist der Punkt. Damals war es mir unangenehm, die Worte Periode oder Menstruation überhaupt zu benutzen. Und genau genommen ist ja sogar „die Tage“ eine Metapher, die benutzt wird, um es dem Umfeld erträglich zu machen. Allerdings eine, die sich erfolgreich eingebürgert hat.

Zuhören statt Mensis Dentata

Natürlich will ich damit auch nicht sagen, dass wir jede Frau gleich auf ihre Periode ansprechen sollen und Mann muss nun auch nicht gleich ein Menstruationsexperte werden. Aber zumindest sollten wir uns bemühen, die einfachsten Dinge zu wissen. Und sei es auch nur, dass verschiedene Tampongrößen zur Auswahl stehen, dass es mehr als nur Tampons und Binden gibt (wie zum Beispiel Menstruationstassen) und vor allem, welche Geschichten über die Periode wahr und welche nur Mythen sind. Wir sollten aufhören, Menstruation als dieses Monster zu sehen, das Frauen zurückhalten, damit es nicht über uns alle herfällt. Es kann schon schlimm genug sein, die Periode zu haben, dann muss nicht noch der Stress dazukommen, es geheim zu halten.

Ob eine Frau ihre Periode nun verflucht oder sie als Zeichen ihrer Weiblichkeit feiert, wichtig ist, auch als Mann darüber zu sprechen. Und dass wir uns bereit zeigen zuzuhören, wie wir helfen können, das Stigma zu beenden, oder zumindest die Menstruation erträglicher zu machen.

Autor*in

Kaspar Studiert Deutsch auf Medienwissenschaft an der CAU. Er kam im Wintersemester 2019 zum Albrecht und ist seit dem Sommersemester 2020 für den Weißraum zuständig.

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