„Du bist anders als wir, du bist schwul, kapiert? Du wirst von der Sekte nicht mal ein Prozent akzeptiert“ disst Sido seinen Zuhörer in dem Song Westberlin. Allein diese Zeile steckt voll aggressiver, homophober Wendungen, bei denen die Rapperin Sookee „mal kurz hassen“ muss, wie sie selbst sagt. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Refpolk zieht sie durchs Land und informiert ihr Publikum in Vorträgen über Themen wie Homophobie, Transexualität im Kontext von Männlichkeitsentwürfen und Sexismus. Der Titel ihres Vortrags ist Programm: „Schwule Rapper es wird Zeit, dass wir Tacheles reden“, finden Refpolk und Sookee und haben das nach ihrem Rap-Workshop in der Pumpe auch getan. „Hip Hop hat Probleme, weil ein Großteil dieser Szene nicht drauf klar kommen will, dass Männer nunmal Männer auch begehren, sie wollen ihnen verwehren ihre Liebe auch zu leben“ spricht Sookee in ihrem Track „Pro Homo“ das Problem aus.

Sookee während des Workshops. Foto: alo
Sookee während des Workshops. Foto: alo

Ihre Position ist klar. Sie kämpft gegen eine starre Einteilung der Geschlechter im deutschsprachigen Rap und für die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Liebe. Der Begriff schwul wird laut Sookee heute zu unrecht als inflationäres Schimpfwort benutzt. Ihrer Erfahrung nach würden die Rapper dies damit begründen, dass das normal sei und doch alle wüssten, was damit gemeint ist. Doch Sookee sieht das anders: „Die Zeiten, in denen Männer ein dominantes Alphatier darstellen müssen, sind vorbei“. Auch zurückhaltende, sensible Männer sollten gesellschaftlich akzeptiert werden. Bereits in der Geschichte des Rap ist er als Sprache von unterdrückten Minderheiten entstanden. So setzen sich auch Sookee und Refpolk für Gruppen wie Homo- oder Transexuelle ein, die 2013 immer noch am Rande der Gesellschaft stehen.

Refpolk erzählt, dass die Homophobie an vielen Stellen zu finden ist. Der Berliner Rapper zeigt auf, dass Positionen wie: „Sollen sie doch alle machen, wie sie wollen, solange sie mich in Ruhe lassen“, von der Angst vor dem Unbekannten zeugen. Auch die Haltung, dass Homosexuelle Männer als Verräter der hegemonialen Gesellschaft angesehen werden hat seiner Meinung nach nichts im Hip Hop zu suchen.

Refpolk klärt über Homophobie auf. Foto: alo
Refpolk klärt über Homophobie auf. Foto: alo

Manche Rapper sind sich dieser Probleme durchaus bewusst, ignorieren das aber, wie Sido in seinem Song Westberlin sagt: „Ich geh nicht den Weg, den du für deutschen Rap pflasterst“ und „deiner Meinung nach soll Rap friedlich sein, mach du deinen Rap, ich mach meinen“. Doch Sookee und Refpolk setzen sich trotzdem weiter für friedliche Texte ein. Wie diese Texte entstehen haben die zwei Berliner siebzehn Interessierten in einem Workshop in der Pumpe verraten. Dabei standen technischen Fertigkeiten wie der Takt und das Grundgerüst eines Songaufbaus im Fokus. „Wir haben verschiedene Beats mitgebracht, anhand derer die Teilnehmer sich ausprobieren konnten“, erzählt Refpolk. Viele würden den Fehler machen, erst den Text zu schreiben und ihn dann zu verbalisieren, doch es sei wichtig die Texte sofort zu artikulieren, um die Atempausen mitdenken zu können.

Die Inhalte der Raptexte stehen jedem frei. Es ist wichtig jeden Künstler ernst zu nehmen. „Wenn er rassistische oder homophobe Texte schreibt, sage ich natürlich, wie ich zu dem Thema stehe, akzeptiere allerdings die Kunst des anderen auch“, so Refpolk. Sookee und er versuchen für Rassismus im Alltag zu sensibilisieren. „Es geht darum sich selbst zu beobachten, wie man auf sexistische und homophobe Texte reagiert, oder ob einem beim Fluchen sogar solche Wendungen rausrutschen“, erklärt Sookee. Da müsse jeder für sich selbst entscheiden, ob er das feiert oder diese Sprache und diesen Rap ablehnt.

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