Masterstudentin Anna Luther hat sich schon früh für die Natur begeistert. Sie engagiert sich bei der Fridays for Future Bewegung, um zusammen mit anderen jungen Menschen zu einem Umdenken in der Klimapolitik beizutragen. Durch Sitzstreiks in der Unibibliothek versucht sie den Protest an die Uni zu tragen. DER ALBRECHT ist mit Anna am Rande des Sitzstreikes ins Gespräch gekommen.

DER ALBRECHT: Wie bist du auf Fridays for Future aufmerksam geworden?

Anna: Ich bin durch Medienberichte auf die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg aufmerksam geworden. Sie hat mich sehr beeindruckt. Daraufhin bin ich das erste Mal zur Mahnwache in Kiel gegangen, die die Fridays for Future Bewegung jeden Freitag vor dem Landtag organisiert. Dort habe ich auch andere Studierende kennen gelernt, die sich bei Fridays for Future engagieren. So bin ich da reingerutscht.

Was hat dich konkret zu dem Sitzstreik motiviert?

Ich studiere Praktische Philosophie der Wirtschaft und Umwelt. Den Master gibt es an der CAU seit 2015. In dem Studiengang haben wir einen Professor, der Umweltethiker ist: Konrad Ott. Am Ende der Vorlesung zur Umweltethik meinte er: „Mein Ziel ist, dass jeder von euch jetzt eine eigene Klima- oder Umweltethik im Kopf hat“. Das hat mich sehr beschäftigt. Es hat mich aufgeregt, dass wir uns mit den Themen im Studium auseinandersetzen und wissen was los ist, aber nichts unternehmen. Ich habe mir überlegt, dass es besser ist, diese Traurigkeit und Wut in den öffentlichen Raum beziehungsweise in die Gesellschaft zu tragen, als alleine in meinem Zimmer zu sitzen und Depressionen zu bekommen. Ich wollte auch wissen, was andere Studierende an meiner Uni darüber denken und mehr Aufmerksamkeit für die Klimakrise schaffen.

Welche Erfahrungen hast du während des Sitzstreikes gemacht?

Es war cool mit anderen Leuten ins Gespräch zu kommen. Ich habe von Fridays for Future erzählt. Ein Student wusste nicht, dass es uns gibt. Andere haben gelächelt, als sie die Unibibliothek betreten und mich gesehen haben. Das fand ich sehr schön. Natürlich habe ich auch ein paar genervte Blicke abbekommen. Andere haben sich aus Solidarität zu mir gesetzt und haben mit mir über Nachhaltigkeit geredet.

Was hat sich aus den Gesprächen ergeben?

Viele waren auch unzufrieden mit der jetzigen Klimapolitik. Ein Gespräch mit einem Studenten, der Wirtschaft studiert, hat mich besonders beeindruckt. Bei den Fridays for Future-Aktivisten ist die vorherrschende Meinung, dass die Politik etwas falsch macht und etwas aufholen muss. Er war der Meinung, dass sich die Menschen endlich ändern, ihr Konsumverhalten umstellen und die richtigen Politikerinnen und Politiker wählen müssen. Ich denke, er spricht da einen wichtigen Punkt an. Eine andere Studentin meinte, dass es schwierig sei, Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen. Alle wollen erneuerbare Energien, aber niemand will vor seinem Fenster ein Windrad stehen haben.

Wie hat es sich für dich angefühlt, da alleine zu sitzen?

Es hat sich gut angefühlt, weil ich meinem Protest und meiner Wut Ausdruck verleihen konnte. Ich finde Aktionsformen im öffentlichen Raum, die friedlich verlaufen, generell spannend. Daher hat es Spaß gemacht. Mir war es wichtig mit den Leuten nicht nur im Gespräch, sondern auch mit Körpersprache und Augenkontakt in einen Dialog zu treten. Ich habe versucht, alle, die den Raum betreten haben, anzuschauen. Wenn die Person weggeschaut hat, habe ich auch weggeschaut, um ihr eine Möglichkeit zu geben mein Plakat zu lesen, ohne peinlich berührt zu sein.

Wie hat die Unibibliothek auf den Sitzstreik
reagiert?

Ich war bereits in der Unibibliothek, als sie aufgemacht hat. In den ersten zehn Minuten hat sich dann eine ältere Dame vorgestellt. Sie war sehr cool und hat mir gesagt: „Ich habe das Hausrecht hier. Falls es Probleme gibt, melde dich bei mir“.

Was brachte dich dazu, dich mit dem Thema „Klima“ zu befassen?

Als ich zehn Jahre alt war, lief der Film Pocahontas im Fernsehen. Ich habe damals meinem Großvater davon erzählt, wie schlimm ich es fand, dass die Weißen das Gebiet der Ureinwohner ausbeuten wollten. Durch die Diskussion mit ihm ist mir bewusst geworden, wie widersprüchlich der westliche Lebensstil ist. Einerseits gehen wir alle gerne in die Natur, lieben Blumen, Parks, Meer und Strand. Andererseits picken wir uns immer nur die Vorteile raus und behandeln die Natur manchmal wie eine Maschine. Aber die Natur ist so viel mehr. Wir sollten uns selbst als Teil der Natur verstehen und nicht als übergeordnetes Wesen, welches das Recht hat, sich alles zu nehmen ohne Rücksicht auf nichtmenschliches Leben. Ich glaube wir müssen uns die existentielle Frage stellen, welche Bedeutung Natur für uns haben soll.

Was würdest du anderen Studierenden mitgeben?

Sei dir bewusst, dass du in einer Demokratie lebst. Du kannst bei jeder Wahl deine Stimme abgeben und dich zur Wahl aufstellen lassen, wenn du wahlberechtigt bist. Studierende sollten sich mehr informieren, wachsam sein und klug wählen. Ich erwarte nicht von allen, dass sie Mitglied in einer Partei werden. Aber sie sollten auch nicht die Augen vor der Wirklichkeit verschließen und sich in Konsumwelten flüchten. Du kannst dich in deinem Alltag vegan, vegetarisch, saisonal und regional ernähren, öffentliche Verkehrsmittel benutzen und an Aktionen von Fridays for Future teilnehmen.

Wie können Studierende bei Fridays for Future mitmachen?

Auf der Website von Fridays for Future gibt es Einladungen zu den deutschen Ortsgruppen auf WhatsApp. Dort werden die Termine für die nächsten Treffen bekannt gegeben. Die Kieler Studierendengruppe trifft sich alle zwei Wochen. Freitags ab 08:30 Uhr findet außerdem die Mahnwache vor dem Landtag statt. Die nächste große Demo von Fridays for Future ist am 24. Mai vor den Europawahlen. Wir wollen, dass sich jede Partei zu der Klimakrise äußert.

Danke für das Gespräch!



Autor*in

Mirjam ist seit 2013 Redakteurin des Albrechts.

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