Wie Frank Turner aus Unschuldigen Groupies macht – ein Erklärungsversuch

Wer seine Alben hört, wird die Musik von Frank Turner – je nach Genre-Affinität – als angenehm bis sehr gut bezeichnen. Irgendwo zwischen Country, Folk und Rock erklingt er, allein mit der Akustikgitarre oder mit seiner Band The Sleeping Souls. Mit sechs Alben, sechs EPs und vier Kompilationen unveröffentlichter Werke beglückt er seine Fans. Dabei tendiert der Brite mal mehr Richtung Folk, mal Richtung Punk. Das Erstaunliche an Frank Turner als Künstler ist jedoch seine Livepräsenz. Mit totaler Motivation, ohne Pause und voller Gier auf Auftritte war er seit 2004 im Schnitt jeden 2,28ten Tag auf Tour, sodass sein Konzert am 15. Januar im MAX Nachttheater in Kiel bereits seine 1 814te Liveshow war. Schon für diese Zahl und die immer noch überpräsente Lust am Spielen und dem Leben allgemein, sollte die gesammelte Musikgemeinde ihm Tribut zollen.

„We are all friends now, right?“

Das Konzert begann mit zwei wirklich guten Support-Acts, die famos in den Rahmen passten und das Publikum schon vor dem Auftritt von Frank Turner and the Sleeping Souls auf gute Musik einstellten. Der große Jubel für das ersehnte Betreten der Bühne, begleitete die Musiker dann den ganzen langen Auftritt über. Musikalisch schaffte Frank Turner es, durch Radikalisierung bestimmter Tendenzen seiner Lieder, Tränen bis Mosh-Pits zum Laufen zu bringen. Die Stimmung unter den Fans war ausgelassen und verliebt. Seine Regel, dass alle „fucking nett“ zueinander sein sollen, wurde in Perfektion gelebt. Spontan umarmten sich Unbekannte, sangen sich Textzeilen zu oder vereinten sich in der Musik zu einem großen tanzenden Kreis. Auch Frank Turners Texte vermitteln ein wunderbares Gefühl. Eine Mischung aus Melancholie, Wut, Neuanfang, purer Euphorie, Einsamkeit und tiefer Freundschaft lädt zum darin Versinken ein. Das krasseste, was ihn von einem enorm großen Teil der Musiker unterscheidet, ist aber, dass die Zuhörer sich sicher sein können, dass Frank Turner meint, was er sagt. Wenn er nach einem Song „We are friends now, right?“ ins Mikro ruft, dann erfüllt es die Anwesenden mit tiefem Stolz, ein Freund dieses sympatischen Menschen zu sein. Er erschafft durch seine erstaunliche Präsenz ein Gefühl der Einheit von Fans, Band und dem großen genialen Leben.

Danach entlässt er seine Gemeinde beschwingt, voller Schweiß von sich und Anderen, beinahe schwebend und vor allem erwartungsvoll in die Welt. Dank der noch humanen Preise und der Gewissheit, dass er in seiner Lust auf Shows und Fans sowieso bald wieder in der Nähe spielen wird, kann immer wieder dorthin geströmt und einjeder, der ihm bei seiner Tour hinterher reist, verstanden werden.

Autor*in

Studiert seit 2013 Psychologie in Kiel, und frönt dem ALBRECHT seit dem Wintersemester 2014/15, von 2015 bis 2017 als Bildredakteurin und von Januar 2017 bis Januar 2018 als stellvertretende Chefredakteurin.

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