Das Semester neigt sich dem Ende entgegen und trotz bester Vorsätze und minutiöser Planung hat es mit dem Lernbeginn doch wieder nur auf den letzten Drücker geklappt. Anstrengende Tage stehen bevor! Schlafmangel und Überanstrengung machen sich bei vielen nicht nur durch Stimmungsschwankungen, sondern auch durch Bauchschmerzen und Verdauungsprobleme bemerkbar. Der Volksmund kennt das: Stress schlägt auf den Magen.
Das zeigt sich unter anderem in einer Veränderung der Zusammensetzung unserer Darmflora, also der dort hausenden Bakterien. Immerhin 100 Trillionen von ihnen leben in unseren Darmschlingen. Das entspricht in etwa der Anzahl unserer gesamten menschlichen Körperzellen. Dort übernehmen sie wichtige Aufgaben, wie die Spaltung von Nahrungsbestandteilen, Produktion von Vitaminen oder auch die Stärkung des Immunsystems.
Die Zusammensetzung der etwa 1000 verschieden Arten unterliegt dabei starken individuellen Schwankungen. Einfluss haben Lebensbedingungen wie Stress, Ernährung und, wie Kieler Forscher um Professor Andre Franke jüngst herausfanden, erstaunlicherweise auch unsere Gene! Etwa zehn Prozent unserer Bakterienflora unterliegen genetischen Einflüssen.
Doch während den Meisten der Einfluss unseres Gehirns auf den Magen-Darm-Trakt und seinen kleinen Bewohnern bewusst ist, deuten Studienergebnisse aus den Neurowissenschaften an, dass es sich dabei keineswegs um eine Einbahnstraße handelt. Vielmehr scheinen die Bakterien ebenfalls in der Lage zu sein, über Botenstoffe, Nervenbahnen und das Immunsystem Einfluss auf unser Gehirn zu nehmen.
Studien an Mäusen legen nahe, dass die bakterielle Besiedelung sogar unser Verhalten und unsere Stimmung beeinflussen kann. Auch wenn eine direkte Übertragung von Ergebnissen eines Tiermodells auf den Menschen meist schwierig ist, wurden bereits erste Einflüsse auf die Stimmung sowie psychische Erkrankungen, wie die Depression beim Menschen, nachgewiesen, wobei die Datenlage jedoch noch relativ dünn ist.
Interessant sind diese Ergebnisse vor allem als Ansatzpunkt für neue Therapiemöglichkeiten. Probiotische Lebensmittel, also Nahrung, die mit potenziell nützlichen Bakterien versetzt ist, tummeln sich zwar schon in den Kühlregalen unserer Supermärkte, jedoch ist die scheinbar einfachste Lösung eines täglichen Joghurtdrinks wie immer mit Vorsicht zu genießen. Zwar scheint die Zusammensetzung unserer Darmflora Einfluss auf psychische Prozesse zu nehmen, aber sie ist dabei nicht mehr als ein Baustein und weder Ursache noch die alleinige Lösung.

Autor*in

Hauke studiert Humanmedizin an der CAU und ist seit Juni 2016 Teil der Redaktion.

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