Es ist wieder soweit, die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel befindet sich in der heißen politischen Phase: Noch bis zum 14. Juni 2016 finden die Wahlen der Fachschaftsvertretung* sowie des Studierendenparlamentes (StuPa)** statt.

Eingeschriebene Studierende sollten die Wahlunterlagen bereits per Post erhalten haben und können sie in die auf dem Campus aufgestellten Wahlurnen einwerfen. Wer Ersatzwahlunterlagen benötigt, kann diese im Wahlamt der Universität (Audimax, Untergeschoss) beantragen. Das Wahlamt hat während des Wahlzeitraums (7. bis 14. Juni) montags bis donnerstags von 9 bis 16 Uhr und freitags von 9 – 12 Uhr geöffnet.

Sechs Listen kandidieren bei den diesjährigen Wahlen an der CAU: Neben den CampusGrünen, der JUSO-Hochschulgruppe, der Liberalen Hochschulgruppe, der Campus Union Kiel und der Fachschaftsliste (FaLi), kandidiert erstmalig auch der Bund Freiheitlicher Studenten (BFS).


RÜCKBLICK: PODIUMSDISKUSSION AM 9. JUNI


Um die Studierendenschaft aktiv über die Wahlprogramme der Listen zu informieren, fand am Donnerstag, den 09. Juni 2016 eine vom Wahlausschuss organisierte Podiumsdiskussion mit je zwei Vertretenden aller kandidierenden Listen (die FaLi schickte nur einen Vertreter) im Audimax der CAU statt. Zwar hätte die vom AStA Vertreter André Groß moderierte Veranstaltung weitaus besser besucht sein können, jedoch war das Zuschauen über einen Livestream und somit bequem von Zuhause möglich. Der Diskussion tat die nicht allzu rege Teilnahme jedoch keinen Abbruch. Im Gegenteil wurde sowohl auf dem Podium als auch im Publikum heftig debattiert und argumentiert. DER ALBRECHT fasst hier die wichtigsten Punkte der Diskussion und Aussagen der Kandidierenden für Euch themenorientiert zusammen:


SEMESTERTICKET

In Sachen Mobilität rundum den Campus waren sich alle Listen einig, dass zwar die Verbesserung der Fahrradwege und des ÖPNV dringend notwendig, das Semesterticket jedoch in jedem Fall zu erhalten sei. Nur der Bund Freiheitlicher Studenten (BFS) sprach sich gegen die Erhaltung des Tickets aus. Sie argumentierten, dass es nicht gerechtfertigt sei, die Studierenden zum Kauf des Tickets zu zwingen und stattdessen lieber individuell entschieden werden sollte. Die Campus Union sprach sich für eine optionale landesweite Erweiterung aus, um auch im Rest Schleswig-Holsteins sowie Hamburg mobil zu sein.


PROBLEME AN DER CAU UND LÖSUNGSVORSCHLÄGE

Immer wieder kam in den letzten Jahren rundum die Uni-Ohne-Geld-Debatte das Thema Unterfinanzierung der Universität und die damit verbundenen Missstände auf. Moderator André Groß wies besonders auf den zum Wintersemester 2016/2017 kommenden Doppeljahrgang hin und bat die Vertretenden der Listen die für sie größten Problembereiche der CAU sowie mögliche Lösungsansätze zu benennen.

Die Campus Union schlug vor, dem Problem des eventuell übermäßigen Andrangs mit standardisierten Aufnahmetests oder Einführung beziehungsweise Erhöhung des Numerus Clausus entgegenzuwirken. Sie legten ihren Schwerpunkt jedoch besonders auf die „digitale Hochschule“. Die CAU hätte ihre Möglichkeiten in diesem Bereich noch lange nicht ausgeschöpft. Mit ins Internet übertragenen beziehungsweise abgespeicherten Videoaufnahmen der Vorlesungen könne die Situation auf dem Campus direkt entlastet werden.

Auch der BFS sprach sich für die Digitalisierung der Lehrveranstaltungen sowie für mehr Lehrpersonal und HiWis und die Schaffung neuer Räumlichkeiten aus. Dies könne beispielsweise durch eine Eingliederung der Fachbibliotheken in die Universitätsbibliothek erreicht werden, für welche der BFS durchgängige Öffnungszeiten erreichen will.

Philip-Alexander Caspers von der FaLi wies auf die gut funktionierende Jura-Fachbiliothek hin, räumte jedoch ein, dass die begrenzten Öffnungszeiten vieler Fachbibliotheken ein Problem seien. Trotzdem sprach er sich auch aufgrund von Platzgründen gegen eine Zusammenlegung aller Bibliotheken aus. Des Weiteren argumentierte Caspers, dass beispielsweise durch das immer beliebter werdende Gap Year, nicht alle Doppeljahrgänge Schleswig-Holsteins auf einmal an die Unis kämen, sondern sich die Zahlen auf die nächsten Jahre verteilen würden.

JUSO-Hochschulgruppe Vertreter Robert Dorschel erklärte, dass seine Liste gegen eine 24/7 Öffnung der UB sei, um den Arbeitnehmerschutz zu gewähren. Ähnlich wie Caspers argumentierte auch er, dass sich die zusätzlichen 3 000 Studierenden in jedem Fall integrieren ließen.

Die CampusGrünen wiesen auf die Problematik des studentischen Wohnraums hin und lieferten sich eine Debatte mit der Liberalen Hochschulgruppe, die sich unter anderem für die Erweiterung der Infrastruktur und somit den Bau von Parkplätzen aussprach.


EINBINDUNG DER WIRTSCHAFT

Auch über eine mögliche Einbindung der Wirtschaft in die Universität wurde diskutiert. André Groß nannte das Beispiel einer Umbenennung des Frederick-Paulsen-Hörsaals in Siemens-Hörsaal und den somit möglichen Gewinn an Geldern. Die Liberale Hochschulgruppe sagte, dass dies sicherlich möglich und in manchen Bereichen sinnvoll sein, dass es jedoch in Sachen Entscheidungsgewalt und Einfluss wirtschaftlicher Interessenvertreter durchaus schwierig werden könne. Sowohl die JUSO-Hochschulgruppe als auch die CampusGrünen sprachen sich ganz klar gegen die Einbindung der Wirtschaft an der Universität aus. Der BFS argumentierte, dass somit eine bessere Wertschätzung des Bachelor-Abschlusses erreicht werden könne, stieß mit dieser Aussage jedoch auf großes Unverständnis. Robert Dorschel von den JUSO machte deutlich, dass er die Verbindung nicht sehe. Für tatsächliche Aufschreie auf dem Podium sowie im Publikum sorgte die Aussage des BFS, Studierendenwohnheime privatisieren zu wollen und durch Aussetzen der Mietpreisbremse potenziellen Investoren den Bau neuer Wohnheime zu erleichtern.


PARTEIMITGLIEDSCHAFT DER VERTRETENDEN

Eine Frage aus dem Publikum zielte auf die Parteimitgliedschaft der Vertreterinnen und Vertreter der kandidierenden Listen. Während die meisten Mitgliedschaften bei SPD, CDU, Grüne und FDP hingenommen wurden, reagierte das Publikum im Audimax lautstark auf den der AfD angehörenden Daniel Babe vom BFS. Sinje Lornsen, ebenfalls Vertreterin des BFS, wies jedoch darauf hin, dass die Liste für parteiunabhängige Politik und die AfD entgegen vieler Behauptungen nicht im Hintergrund des Bundes Freiheitlicher Studenten stünde.


RELEVANZ DES StuPa

Anschließend wurde lange über die Frage diskutiert, ob das Studierendenparlament bei einer Wahlbeteiligung von ungefähr zehn Prozent überhaupt gerechtfertigt die Studierenden der CAU vertreten könne. Einvernehmlich wurde festgestellt, dass die Studierenden noch zu wenig vom StuPa mitbekämen und dies dringend geändert werden müsse.  Die Liberale Hochschulgruppe sagte, es sei ganz klar Pflicht des StuPa, mehr nach Außen zu treten und den Kontakt zu suchen. JUSO-Hochschulgruppen– und AStA-Vertreter Robert Dorschel verwies darauf, dass durch den neuen StuPa-Newsletter schon in diese Richtung gearbeitet werde und die Ausweitung auf Social Media durchaus Zukunftsberechtigung habe. Die Campus Union legte das Augenmerk hier besonders auf Transparenz über finanzielle Ausgaben und plädierte für eine Imagekampagne. Die CampusGrünen wandten ein, dass Imagekampagnen das eine seien, es aber vielmehr darum gehe, den Studierenden deutlich zu machen, dass es bei den Wahlen um etwas gehe und diese Erkenntnis nach außen zu tragen. Der BFS forderte eine Trennung von AStA-Vertretenden und Listenvertretenden und auch die FaLi stimmte zu, dass eine zu große Deckungsgleichheit die Diskussion stagnieren lassen könne.


„ZWANGSMITGLIEDSCHAFT“ BEI DER STUDIERENDENSCHAFT

Der BFS stellte des Weiteren die von ihm betitelte „Zwangsmitgliedschaft“ bei der Studierendenschaft zur Diskussion. Gemeint ist der in den für jedes Semester zu zahlenden Semestergebühren enthaltene „Beitrag für die Aufgaben der Studierendenschaft“ von zehn Euro. Dieser Beitrag sei jedoch von Nöten, so die CampusGrünen, um Angebote auf dem Campus schaffen zu können, für die sonst weder Geld noch Engagement da sei. Weiter argumentierten die CampusGrünen, dass die Abschaffung dieses Beitrages die Auflösung der Selbstverwaltung der Studierendenschaft zur Folge hätte und dies nicht gewollt sein könne. Die CampusUnion argumentierte unterdessen, dass über eine Senkung von ein bis zwei Euro nachzudenken sei, um dann ausschließlich die – wie sie es nannten – „sinnvolle Dinge“ zu finanzieren.

Die Podiumsdiskussion machte deutlich, dass in vielen Bereichen der studentischen Angelegenheiten Uneinigkeit herrscht und es je Liste durchaus verschiedenen Ansätze gibt, die Problematiken an der CAU anzugehen. Am Ende stand nur eine Aussage wirklich sicher im Raum: Studierende aller Fachrichtungen sollten ihre Stimme nutzen und sich an der Wahl des Studierendenparlamentes und den Fachschaftsvertretungen beteiligen, um nicht nur die politische, sondern auch kulturelle Zukunft der CAU aktiv mitzugestalten.


* Die Fachschaft ist der Zusammenschluss aller Studierenden eines Faches, demnach bemüht sich die Fachschaftsvertretung um die Belange und Interessen dieser Fachstudierenden und kann nur von ihnen gewählt werden.

** Das Studierendenparlament wird fächerübergreifend von allen Studierenden gewählt und ist das oberste Beschlussgremium der Studierendenschaft. Es kümmert sich um grundsätzliche Angelegenheiten aller Studierenden und ist für die Wahl und Kontrolle des Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) zuständig.

Quelle Titelbild: Wahlausschuss der CAU-Kiel

Autor*in

Leona ist seit Juni 2014 Teil der Redaktion und war von Dezember 2014 bis Februar 2017 Chefredakteurin der Print-Ausgabe des ALBRECHT. Anschließend leitete sie die Online-Redaktion bis Mitte 2018. Leona studiert Englisch und Französisch an der CAU, schreibt für verschiedene Ressorts der Zeitung und kritisiert Land, Leute, Uni und den Status Quo ebenso gerne wie Platten.

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