Stefan Richter alias Trettmann auf dem Chiemsee Reggae Summer // Quelle: Krd

Trettmann
Titel: #DIY
Label: SoulForce Records
VÖ: 29. September 2017

Da ist es: Das neue Album von Trettmann, ehemals Ronny Trettmann, ist da. Nach drei Kitschkrieg EPs mit Hits wie 120 Jahre zusammen mit Haiyti, einer EP mit Megaloh und drei Vorabsingles, erscheint nun also #DIY, gefüllt mit dem Leben des 44-jährigen Rapper aus Chemnitz, der sein Tun und Handeln zwischen der Karibik und Ostdeutschland mit Herb, Ultraboosts und Plattenbaureminiszenzen füllt. Glücklicherweise überschatten die Singles Knöcheltief mit Gzuz, Grauer Beton (unangefochten der stärkste Anspieler der LP) und Gottseidank mit Bonez MC und RAF Camora trotz ihrer Bekanntheit und allgemeinen Qualität nicht das Album. Mithilfe von Joey Bargeld und Haiyti geht der designierte Club-Hit Nur noch einen stark mit Druck nach vorne, Billie Holliday überzeugt nicht zuletzt, dadurch, dass es Trettmanns eigener Favorit der Platte ist, sondern vor allem durch seine Verletzlichkeit und resolute Attitüde. Die Stimmung, die man wohl am ehesten als das Drake-Gefühl beschreiben kann, kann auch Trettmann bestens vermitteln, wenn er auf New York eine gescheiterte Beziehung Revue passieren lässt, sich an der Erinnerung betrinkt und den Soundtrack für die nächste Lebenskrise liefert.

Der Wahlberliner hat den Übergang von der Zoni-Persiflage zum ernsthaften Künstler vollzogen, Features wie Megaloh (leider nicht auf der LP vertreten) oder Marteria zeigen, dass er fest in der deutschen Szene etabliert ist. Mit letzterem bringt „Tretti“, wie ihn Bonez MC liebevoll auf dem Intro zu Gottseidank nennt, mit Fast Forward einen späten Favoriten des Albums. Einziger Kritikpunkt ist das anfangs sehr kitschig anmutende Dumplin & Callaloo, in dem eine Jugendliebe revisionistisch wiedererlebt und endlich ausgelebt wird. Liebesgeschichten und Bettabenteuer können andere besser vertonen und auch ein Bella-Hadid-Diss (Team Gigi!) reißt die Kiste nicht raus. Erst ab dem zehnten Durchhören der 38-minütigen Platte wird einem das Lied so wirklich lieb, das schaffen andere Tracks schon beim Erklingen der ersten Takte. Manchem mag auch der klare Dancehall-Einfluss übel aufstoßen, immerhin rappt Trettmann sowohl mit sächsischer Aussprache als auch jamaikanischem Akzent: „chatte“ reimt sich auf „hatte“.

Es bleibt zu hoffen, dass die derzeitige Welle um diesen Ausnahmekünstler mit Marathonausdauer und das Berliner Kollektiv Kitschkrieg sich nicht zu früh bricht. Die deutsche Musik hat mal wieder Qualität verdient.

Autor*in

Paul war seit Ende 2012 Teil der Redaktion. Neben der Gestaltung des Layouts schrieb Paul gerne Kommentare und ließ die Weltöffentlichkeit an seiner Meinung teilhaben. In seiner Freizeit studierte Paul Deutsch und Anglistik an der CAU.

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