Die Stimmung ist wie auf einem Konzert. DJ oder Live-Musik vor Ort, Lichtshows, Konfettikanonen für die Sieger. Unter frenetischem Jubel laufen die einzelnen Teammitglieder mit Trikots ein und begeben sich auf die Bühne. Die Kommentatoren begleiten das Spielgeschehen und heizen damit das Publikum zusätzlich an. Die überwiegend männlichen Spieler sitzen im Team an ihren Tischen, das Gesicht zum Publikum und mit Headsets über den Ohren. Über Großleinwände sieht das Publikum, was im Spiel passiert und wie sich jeder einzelne im Team schlägt. Nachdem das Spiel entschieden ist, schütteln sich die beiden Teams die Hände und die Sieger lassen sich vom Publikum feiern. Die Rede ist von dem neuen Sporttrend eSport. Doch was genau ist eSport überhaupt? Und kann man es wirklich „Sport“ nennen?

Als eSport wird der sportliche Wettkampf an Computern oder Videospielkonsolen bezeichnet. In den meisten Fällen handelt es sich um einen Wettkampf im Mehrspielermodus. Neben dem üblichen Mannschaftsaufbau zeichnet den eSport auch sein Kommerz aus: Es gibt Sponsoring, Merchandise und der Sport erreicht die Menschen weltweit. Auf der ganzen Welt füllen Wettkämpfe und Spiele die Stadien und werden über Live-Streams von Millionen Menschen verfolgt. Die Beliebtheit des eSports in Deutschland ist derzeit mit Volleyball oder Handball vergleichbar. Dieser Sport lebt von seinen Fans und konnte sich erst durch sie in der Sportszene durchsetzen. Anders als in den klassischen Sportarten können sich beim eSport die Regeln je nach Spiel alle paar Wochen anpassen.

Mit jedem Update eines Spieles ändern sich dessen Figuren, Waffen, Umgebungen und Funktionen. Die Spieler müssen eine hohe Anpassungsfähigkeit besitzen, um unter den sich ständig ändernden Bedingungen funktionierende Strategien zu entwickeln. Ein Spieler muss, neben einer guten Hardware, viel Zeit und Geduld mitbringen. Ebenso benötigt er Teamfähigkeit, denn immerhin ist es zum Großteil ein Mannschaftssport. Kritikfähigkeit und der Wille, sich zu verbessern sind ebenfalls wichtige Kriterien. Wer tatsächlich in den Ligen mitspielen will, muss wettbewerbsorientiert denken und handeln. In den Trainingsstunden wird nicht nur gespielt, sondern auch Theorie gelernt. Doch am wichtigsten ist und bleibt der Spaß am Spiel.

Es hat nicht jeder Verständnis für den eSport. „Computerspiele sind doch kein Sport!“, heißt es oft. Als Kritik angeführt werden die ausbleibende Bewegung, die gesundheitlichen Schäden durch ständiges Sitzen, Aggressionen, ausgelöst durch Spiele, und fehlende ethische Werte. Dennoch wird der eSport in immer mehr Ländern anerkannt.

So werden mittlerweile viele Spiele in den Ligen gespielt: die Reihe FIFA, Overwatch, League of Legends, Counter-Strike, Hearthstone, Rocket League und viele mehr. Wichtig für die Spiele ist, dass der Spieler sowohl mithilfe von individueller Performance als auch mit Strategie spielen und gewinnen muss. Auch müssen die Spieler mittels Headset die Möglichkeit haben, miteinander zu kommunizieren. Wann und wo genau der eSport seinen Anfang nahm, ist nicht genau festzulegen. Allgemein angenommen wird, dass der eSport mit dem Spiel StarCraft in Südkorea anfing, wo er sich schnell großer Beliebtheit erfreute. Inzwischen sind auch Spiele wie League of Legends mit an der Spitze der beliebtesten Spiele. Während Deutschland mit seiner Entwicklung im Bereich eSport noch ganz am Anfang steht, wird er in anderen Ländern bereits gefeiert: In Südkorea gilt der virtuelle Sport bereits als inoffizieller Nationalsport, in den USA gibt es Trainingscamps für Spieler. Eine Schule in Norwegen hat eSport sogar in ihren Stundenplan eingebunden. Es gibt Weltmeisterschaften ähnlich wie beim Fußball.

Gerade bei der Jugend kommt der eSport sehr gut an. Auf dem Schulhof ist er Gesprächsthema Nr. 1 und viele Jungen reden davon, dass sie später Profi-Gamer werden wollen. Auch das Fernsehen erkennt langsam den Wert des neuen Sports: Sender wie ZDF und ProSieben Maxx senden bereits Live-Übertragungen verschiedener Spiele. Im Kern der Gesellschaft jedoch ist das Klischeebild des Gamers noch sehr präsent. Dementsprechend wird auch der eSport betrachtet. Doch auch er wird gesellschaftsfähiger. Der Fokus liegt auf dem Zusammenspiel der Mannschaften und entfernt sich von dem Thema „Killerspiele“, das gerade die Eltern abschreckt. Auch Frauen fangen langsam mit dem Spielen an, obwohl die Quote in den Ligen noch sehr gering ist. In den USA werden bereits Maßnahmen dagegen unternommen, indem es eSport-Ligen allein für Frauen gibt. In Deutschland existieren ebenfalls rein weibliche Mannschaften, zum Beispiel die Playing Ducks.

Auch in Kiel existiert die eSport-Szene bereits: Allein die Universität hat zurzeit 8 Mannschaften in den Spielen League of Legends, Counter-Strike und Rocket League. Wer Interesse hat oder einfach mal in die Szene reinschnuppern möchte, kann sich an die Hochschulgruppe Hochschul-eSports Kiel wenden (www.esport-hsg.uni-kiel.de und Facebook: University Esports Kiel).

Autor*in

Merle ist seit Oktober 2017 beim ALBRECHT. Sie studiert Deutsch und Philosophie auf Fachergänzung.

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