Bestseller-Autor Haruki Murakami ist für umfangreiche Romane wie Kafka am Strand oder 1Q84 bekannt. Mit Von Männern, die keine Frauen haben, wendet er sich nach vielen Jahren wieder der Kurzgeschichte zu. Nun ist die deutsche Übersetzung der Geschichtensammlung erschienen.

„Nur Männer, die keine Frauen haben, können verstehen, wie herzzerreißend, wie furchtbar traurig es ist, Männer zu sein, die keine Frauen haben.“ Sätze wie dieser geben den Ton für alle sieben Erzählungen des Buches an. In Von Männern, die keine Frauen haben geht es wortwörtlich darum, was der Titel proklamiert. Dass diese Situation der Einsamkeit jedoch sehr unterschiedlich ausfallen kann, beweisen die verschiedenen Geschichten, die Murakami uns erzählt.

So handelt Drive my Car beispielsweise von einem alternden Schauspieler namens Kafuku, der seiner Chauffeurin Misaki die Untreue seiner verstorbenen Frau offenbart. Kafuku versucht im Dialog mit Misaki zu verstehen, warum seine Frau ihn ausgerechnet mit einem durchschnittlichen Schauspielerkollegen betrogen hatte.

Scheherazade handelt von der Liebesaffäre Habaras und einer geheimnisvollen Frau. Habara gibt ihr den Spitznamen Scheherazade, da sie ihm nach jeder gemeinsamen Nacht eine wundersame Geschichte erzählt. Hier wird der Spieß umgedreht, denn Scheherazades jüngste Erzählung spielt in ihrer Jugend, in der sie hoffnungslos in einen Klassenkameraden verliebt war. Sie beginnt, heimlich in sein Elternhaus einzubrechen und sein Zimmer nach persönlichen Gegenständen zu durchsuchen.

Die Geschichte Samsa in Love tanzt etwas aus der Reihe, da sie als einzige Murakamis Hang zum Surrealen bedient. Kafkas berühmte Verwandlung wird neu erzählt, diesmal wacht Gregor Samsa allerdings überrascht auf, nur um festzustellen, dass er sich von einem Insekt in einen Menschen transformiert hat. Ebenso wie Kafkas Vorlage bietet auch Samsa in Love eine Menge Spielraum für Interpretationen.

Hervorzuheben ist die Entscheidung Ursula Gräfes, in der deutschen Übersetzung Besonderheiten der japanischen Kultur unerklärt zu lassen. Diese störten in früheren Übersetzungen den Lesefluss und passten die Narration dem westlichen Ethnozentrismus an.

Viele Elemente, die typisch für Murakamis Romane sind, finden sich auch in dieser Kurzgeschichtensammlung. So spielt eine Katze in Kinos Bar eine zentrale Rolle und mehrere Protagonisten empfinden eine große Leidenschaft für Jazz. Fokus der Handlung ist immer eine Liebesgeschichte, mag sie durch Ehebruch, Tod oder unerwiderte Gefühle bestimmt sein. Deshalb – und durch die Kürze der Erzählungen – stellt Von Männern, die keine Frauen haben einen guten Einstieg in Murakamis Werke dar.

murakamiTitel: Von Männern, die keine Frauen haben
Autor: Haruki Murakami
Übersetzung: Ursula Gräfe
Preis: 19,99 Euro (Hardcover)
Verlag: DuMont

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