Es ist ein Grundpfeiler unserer modernen politischen Kultur, demokratische Strukturen auf allen gesellschaftlichen Ebenen aufzubauen. Auch wir an der CAU haben ein Studierendenparlament, das in seiner Funktionsweise seinen größeren Vorbildern durchaus ähnelt. Vertreter verschiedener Hochschulgruppen werden einmal im Jahr gewählt, um die Interessen der Studenten gegenüber der Hochschulleitung, der Landesregierung und der Öffentlichkeit zu vertreten. Wahlberechtigt sind alle, die an der CAU immatrikuliert sind. Ähnlich wie bei gewöhnlichen Wahlen unterstützt man mit einer Stimme nicht nur einzelne Kandidaten, sondern ebenfalls dessen Hochschulgruppe: Je mehr Stimmen eine Liste bekommt, desto mehr Abgeordnete darf sie entsenden. Je mehr Stimmen ein Kandidat aufweist, desto höher steht er in der Liste. Nach der Konstituierung des StuPa wählt dieses den ASTA, der sich zumeist aus einer Koalition mehrerer Gruppen ergibt. Jeden Monat gibt es dann eine StuPa-Sitzung in dieser Zusammensetzung. Soweit die Theorie. Doch fragt sich das Volk nicht selten: Was machen unsere Politiker eigentlich?

Um genau das herauszufinden, setzten wir uns an einem sommerlichen Maiabend in den Seminaranbau Ludwig-Meyn-Straße 2. Das StuPa ist hochschulöffentlich. Doch kaum eine Handvoll Gäste waren gekommen. Bald trudelten nach und nach die Abgeordneten ein. Sie wirkten gut gelaunt und entspannt mit Coffee-Mug, Fanta oder Weintrauben in der Hand. Man kennt sich, ob politisch Freund oder Feind. Denn das Plenum zählt nicht mehr als einundzwanzig Köpfe. Ein paar Tische wurden zu einem großen Rechteck gerückt. Dann sortierte es sich allmählich rundherum nach politischer Zugehörigkeit. Das gesamte Farbspektrum ist vertreten. Die Mehrheit stellen klar Campus Grüne, Juso und die Fachschaftsliste. Die verbleibenden Plätze sind zwischen JU, Linksalternativer Liste, den Liberalen sowie den christlich demokratischen Studenten aufgeteilt.

Eine der Hauptaufgaben des StuPas besteht darin, über die Verwendung der Finanzen, die der Studierendenschaft zur Verfügung gestellt sind, zu entscheiden. Gleich der erste Tagesordnungspunkt beschäftigte sich mit den Finanzanträgen. Im Idealfall erscheinen die Antragsteller selbst, um ihr Anliegen vorzutragen. Das Parlament diskutiert anschließend, ob nach ihren Richtlinien Geld dafür bereitgestellt werden kann und stimmt darüber ab. So wurden dieses Mal bspw. die Kostenübernahme einer Fachschaftsfahrt der Biologie und die finanzielle Unterstützung der 3.Islamwoche an der CAU, ein Projekt der Islamischen Hochschulgemeinde, besprochen.

Wem als Gast die erste Hälfte der Tagesordnung zu formal und zu wenig kontrovers schien, der kam spätestens bei Tagesordnungspunkt vier auf seine Kosten: Dem monatlichen Bericht des AsTa. Es besteht ein natürliches politisches Spannungsverhältnis zwischen diesem und den eher oppositionellen Stimmen im Parlament. Der AsTa zeigte sich sehr enttäuscht von der Beteiligung der Studenten am Landesweiten Aktionstag Bildung Ende April. In die Mobilisierung zur Demonstration wurde viel Zeit und Kraft investiert, um am Ende nur etwa 700 der 23.000 CAU-Studenten auf der Straße zu sehen. Ist allen anderen nicht klar, dass eine gebührenfreie Hochschule spätestens ab 2013 die laufenden Kosten nicht mehr bewältigen kann? Zur Erklärung des fehlenden Engagements der Studierenden wurden diverse Theorien aufgestellt: politisches Desinteresse, allgemeine Zufriedenheit, Zeitmangel im Unistress oder Zweifel an der Wirksamkeit von Demonstrationen. Auch die unmittelbare Aufeinanderfolge gleich zweier Vollversammlungen zu Anfang des Semesters wurde kritisiert. Deren Einberufung und Vorbereitung zählt ebenfalls zu den Aufgaben des Parlaments. Die Mehrheit des StuPa ist sich aber einig: der Kampf gegen die Unterfinanzierung muss weitergehen. Wenn auch möglicherweise mit anderen Formen des Engagements.

Zum Abschluss widmete man sich wieder Formalerem. Dem erst seit April existierenden Studiengang Medical Life Sciences wurde eine Fachschaft zuerkannt und der Wahlausschuss informierte über die Vorbereitungen zur diesjährigen StuPa-Wahl. In der nächsten Legislaturperiode werden Sitze neu verteilt und Ämter neu gewählt werden. Daher verabschiedete sich das Präsidium um Malte Jentsch in einigen knappen Worten. Wie schon zuvor blieb der Ton stets locker und ungezwungen. Kaum formalistische Schnörkel oder langatmiger Parlamentsjargon. Das erinnert angenehm daran, dass wir unter Studenten sind. Besucher haben also keinen Grund, sich vor floskelhaften Vollblutpolitikern zu fürchten.

Häufig führten die Wege der Abgeordneten über ihr Engagement in Fachschaften oder politischen Hochschulgruppen zu ihren Sitzen. Juliane Rusch war zunächst einige Zeit in der Fachschaft Geographie. Später kam sie dort über Bekannte mit der Fachschaftsliste (Fali) in Kontakt. Ihr gefiel, dass diese Gruppe sich zwar hochschulpolitisch einsetzt, aber an keiner politischen Partei direkt orientiert. Ganz anders Moritz Deutschmann: Als Vorsitzender der Jusos im Kreis Rendsburg/Eckernförde sammelte er bereits einige Jahre politische Erfahrung, bevor er im letzten Jahr in das StuPa gewählt wurde. Über ihren Freundeskreis kam Janne Seehase 2010 zu den Campus Grünen und erhielt gleich in der nächsten Legislaturperiode genügend Stimmen für das Parlament. Offenbar können die Vorgeschichten unterschiedlich sein und ein langjähriges Politikengagement ist keine notwendige Voraussetzung, um StuPa-Abgeordneter zu werden. Vielmehr sind StuPa und AsTa nach eigener Aussage gerade in den kommenden Semestern auf viel neuen Nachwuchs angewiesen. Gute Zeiten also, um die politische Karriere voranzutreiben.

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