Ein Klick – ein Foto des in Nebel getauchten Unihochhauses. Ein weiterer Klick und das Foto mit der Unterschrift „Boah, wir versinken hier im Grau! Wie sieht es bei euch aus?“ ist in Sekundenschnelle bei WhatsApp gepostet. Antworten folgen sofort. Es ist schwer vorstellbar, dass vor sieben Jahren das kostenlose Verschicken von Fotos, Nachrichten, Videos und Sprachnotizen nicht selbstverständlich war. Damals besaßen die Handybesitzer noch SMS-Flatrates und versuchten Nachrichten in 160 Zeichen zu formulieren. Doch dann erreichte der 2009 gegründete Instant-Messaging-Dienst WhatsApp auch Deutschland und löste in rasender Geschwindigkeit SMS und MMS ab. Heutzutage benutzen zwei Drittel aller Deutschen WhatsApp. Weltweit zählte die App 2015 rund 800 Millionen aktive Nutzer und so belegt der Nachrichtendienst den ersten und zweiten Platz in den App-Stores von Apple und Google.

Der Erfolg des Messaging-Dienstes lässt sich leicht erklären: WhatsApp ist praktisch und komfortabel, leicht in der Bedienung und seit Anfang 2016 wieder kostenfrei. Mit der App können Fotos um den ganzen Globus geschickt, Gruppenchats geführt und sogar telefoniert werden. Das Einzige, was hierfür benötigt wird, ist eine Internetverbindung.

Seit 2014 gehört WhatsApp zu facebook. Das soziale Netzwerk kaufte den Messaging-Dienst für insgesamt 22 Milliarden US-Dollar. Beide Unternehmen versicherten damals, dass sie keine Daten untereinander austauschen würden. Doch im August 2016 wurde dieses Versprechen hinfällig. Mit der Änderung der Nutzungsbedingungen und der Datenschutzerklärung am 25. August 2016 behielt sich der Messenger vor, Informationen über Profilbild, Profilnamen und Status an facebook weiterzuleiten. Außerdem griff die App auf das persönliche Adressbuch des Nutzers zu und teilte die Kontakte und Handynummern mit facebook. Somit waren auch Handybesitzer betroffen, die WhatsApp gar nicht installiert und dementsprechend den Nutzungsbedingungen auch nicht zugestimmt hatten. Als offiziellen Grund für den Datenaustausch äußerte WhatsApp das Vorgehen gegen Spam und Missbrauch sowie das Verstehen und die Verbesserung der Nutzung. Dahinter stand die gezielte Platzierung von personalisierter Werbung auf facebook. Der Datenübertragung für Werbezwecke konnten die User von WhatsApp einen Monat lang widersprechen. Gut versteckt musste hierfür ein Häkchen in den Account-Einstellungen entfernt werden. Jedoch behielt sich WhatsApp vor, weiterhin die Telefonnummern mit facebook zu teilen.

Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Casper sah in dem Datenaustausch einen Verstoß gegen das nationale Datenschutzgesetz und untersagte per Verwaltungsanordnung dem Konzern die Weitergabe der Informationen. Lange Zeit sahen weder der Messaging-Dienst noch der Mutterkonzern den Bedarf, auf die Anordnung zu reagieren. Sie beriefen sich hierbei auf das Datenschutzgesetz Irlands, wo facebook seinen europäischen Hauptsitz hat. Nach anhaltendem Druck verkündete WhatsApp am 09. November 2016, dass der Messenger die Datenweitergabe zunächst stoppen würde, damit facebook die Einwende der Datenschützer prüfen könne. Zunächst bedeutet die Entscheidung eine Unterbrechung des Datenaustausches, jedoch nicht das Unterlassen des Sammelns von Nummern und Metadaten. So wird weiterhin registriert, wer wem, wie oft schreibt oder wie häufig die App genutzt wird.

Nicht nur im Datenaustausch mit facebook sieht der deutsche Verbraucherschutz eine Gefährdung der Privatsphäre sondern auch in der nicht allumgreifenden Verschlüsselung der Nachrichten. So implementierte WhatsApp aufgrund erheblicher Sicherheitslücken Anfang 2015 zwar eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, welche die Nachricht auf dem eigenen Gerät verschlüsselt, um sie dann auf dem Empfängergerät zu entschlüsseln. In Gruppenchats entfällt diese Codierung jedoch, sollte einer der Teilnehmer nicht die neueste WhatsApp-Version nutzen. Alle geteilten Medien und Nachrichten bleiben so weiterhin ungeschützt und frei zugänglich für WhatsApp.

Wer dem Sammeln seiner Daten nicht zustimmen möchte, dem empfiehlt der Bundesverband der Verbraucherschutzzentralen (vzbv) die Nutzung des kostenlosen Messengers Threema. Dieser ist ähnlich aufgebaut wie WhatsApp und verfügt über dieselben Funktionen, welche jedoch durch weitere Möglichkeiten wie zum Beispiel eine Abstimmungsfunktion oder die Verwendung von GIFs ergänzt wird. Die gesamte Nutzung der App hinterlässt keine Datenspur, sodass keine Metadaten entstehen können und gesammelt werden. Ein Grund hierfür ist die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung der gesamten Chats und das sofortige Löschen vom Server, sobald eine Nachricht empfangen wurde. Greift WhatsApp auf die Adressbücher der User zu, so werden bei Threema die Kontakte nicht über die App, sondern über das Gerät verwaltet. Ein weiterer großer Vorteil des Messengers ist, dass das Unternehmen ihren Sitz in der Schweiz hat und somit unter die strengen Datenschutzrichtlinien des Landes fällt.

Eine weitere Alternative zu WhatsApp stellt der Messaging-Dienst Telegram dar. Dieser bietet die Möglichkeit kostenlos sogenannte ‚geheime Chats‘ zu benutzen, welche keinerlei Datenspuren hinterlassen, Ende-zu-Ende verschlüsselt sind und, wie auch bei Threema, nach dem Empfangen sofort gelöscht werden. Jedoch gelten diese Datenschutzmaßnahmen nur für die geheimen Chats und nicht für die reguläre Kommunikation über den Messenger. Des Weiteren bietet Telegram eine Unzahl an anderen Funktionen, die über das Angebot von WhatsApp weit hinaus gehen.

Eine Betrachtung der Datenschutzlage bei WhatsApp macht deutlich, dass die User für die Nutzung des bequemen, kostengünstigen Messengers mit Beeinträchtigung in ihrer Privatsphäre zahlen. Dass facebook unlängst in der Lage ist, Millionen WhatsApp-Daten facebook-Accounts zuzuordnen, zeigt deutlich, dass sie nicht in einem Strom aus zig Milliarden von Daten verloren gehen, sondern klar einem einzelnen Individuum zuzuordnen sind. Das Eingehen des Nachrichtendienstes auf die deutsche Verwaltungsanordnung lässt hoffen, dass der WhatsApp seine Datenschutzmaßnahmen überdenkt. Wie der Konzern die Kritik am Ende bewertet und ob der Datenaustausch mit facebook tatsächlich eingestellt wird, bleibt bisher jedoch unklar. Für diejenigen, die eine Einigung nicht abwarten möchten, gibt es alternative, sicherere Messenger. So ist es möglich, der Datensammlung WhatsApps zu entgehen.

Autor*in

Sophie studiert Germanistik und Kunst. Seit April 2015 ist sie Teil der Redaktion des ALBRECHTs. Sophie ist für den Bereich 'Zeichnungen' zuständig und greift hier auch gerne selbst zum Stift.

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