Ein neues Semester beginnt, der Nebenjob ist bereits in vollem Gange und dennoch ist das Geld knapp. Abhilfe sollte da eigentlich das Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz BAföG, schaffen. Es dient dazu, die staatliche Unterstützung für die Ausbildung von Schüler*innen und Student*innen in Deutschland zu regeln. Oder anders gesagt: Es bietet die Möglichkeit, vom Staat Geld zu erhalten, damit der Wunsch nach einem Studium nicht an den finanziellen Mitteln scheitert. Aber die Realität sieht oft anders aus.  

Wer den BAföG-Antrag das erste Mal erblickt, möchte ihn vermutlich am liebsten direkt wieder weglegen. Wundervolles Beamtendeutsch gekoppelt mit vielen Formblättern zeigen das Ausmaß der Bürokratie. Google wird zu einem noch besseren Freund, als es sowieso schon ist, denn wann welches Formblatt wie benötigt wird, ist eine Wissenschaft für sich.   


Finanzielle Entblößung vor dem Staat  

Ist die erste Hürde mit den Formblättern geschafft, so wird schnell klar, dass für den Antrag jede Menge Informationen gebraucht werden. Wie viel wird in einem Jahr verdient? Wie viel Geld liegt auf dem Konto? Wie viel Geld findet sich in der Spardose? Wie viel ist das eigene Auto wert? Und was verdienten die Eltern eigentlich vor zwei Jahren?   

Das und noch einiges mehr müssen Studierende von sich preisgeben, wenn sie einen Antrag auf BAföG stellen. Sie ziehen sich finanziell vor dem Staat aus und präsentieren unter anderem, wie gut sie mit Geld umgehen könnten, denn wer Mitte des Monats einen Antrag stellt und nur noch wenig Geld auf dem Konto hat, wird dies mit dem Studentenwerk teilen müssen. Eine durchaus entblößende Situation.

Es ist selbstverständlich, dass der Staat wissen muss, dass es sich um jemanden handelt, der dieses Geld wirklich braucht. Immerhin ist die Hälfte ein Zuschuss, der nicht zurückgezahlt werden muss, da will das Geld schon gut vergeben worden sein. Aber dennoch bin ich der Meinung, dass 7500 Euro als Vermögenshöchstgrenze und 5400 Euro als jährlicher Verdienst doch etwas kläglich sind.  


26 Jahre alt und immer noch abhängig von den Eltern  

Wer beispielsweise jünger als 30 ist oder noch keine drei Jahre Berufserfahrung nach einer bereits abgeschlossenen Berufsausbildung vorweisen kann, ist nach wie vor von den Eltern abhängig, denn diese sind auch für ein Studium unterhaltspflichtig. Daher werden neben den Finanzen der Antragstellenden auch die der Eltern unter die Lupe genommen. Und das nicht zu wenig. Verdient ein geschiedenes Elternteil netto über 1225 Euro oder zusammenlebende Elternpaare über 1835 Euro, so wird dieser Betrag auf das BAföG angerechnet und der oder die Antragsstellende bekommt weniger BAföG. Dass diese Berechnungen zum Einkommen der Eltern sehr gering liegen, sollte klar sein. Es passiert also leicht, dass sich der Höchstsatz des BAföG vermindert, weil die Eltern ‚zu viel‘ verdienen. In diesem Fall sollten die Eltern den fehlenden Teil beisteuern.  


BAföG – Fluch und Segen  

Jedes Jahr folgt ein Antrag auf Weiterförderung. Jedes Jahr müssen die Formblätter neu ausgefüllt werden und jedes Jahr kommt es auf ein und dasselbe hinaus: Der Freibetrag für Eltern ist sehr knapp bemessen und nur wenige Studierende, die BAföG beziehen und die ich kenne, werden von ihren Eltern noch zusätzlich unterstützt – einfach, weil viele es nicht können oder aber ab einem gewissen Alter auch nicht mehr wollen.   

Natürlich ist es lobenswert, dass es eine Förderung wie das BAföG für Studierende gibt und natürlich kann das Geld nicht wahllos an alle rausgeworfen werden, gerade wenn es sich zum Teil um einen Zuschuss handelt. Aber dennoch ist es zermürbend, wie schnell der Höchstsatz Geschichte ist – vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass die Regelstudienzeit den Studierenden im Nacken sitzt. Aber vielleicht werden in den kommenden Jahren die Freibeträge und Sätze weiterhin angepasst. Ich würde es mir für alle wünschen, die studieren möchten, aber nicht die finanziellen Mittel von Zuhause aus mitbringen und deren Wunsch vom BAföG abhängt.  

Autor*in

Rebecca ist 27 Jahre alt, studiert Deutsch und Philosophie im Profil Fachergänzung und ist seit Oktober 2018 beim ALBRECHT. Sie schreibt Artikel für alle Ressorts, vorzugsweise welche, in denen sie sich aufregen kann. Von Januar 2019 bis Januar 2022 leitete sie das Lektorat.

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