Wir erhalten unsere Zukunft nicht ausschließlich mit exzellenter Forschung und ständigem Fortschritt – wir müssen ebenso unseren Globus ausreichend vor Gefahren schützen und ihn nachhaltig behandeln. Der Umweltwissenschaftler Dr. Norbert Kopytziok koordiniert seit fünf Jahren die Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und fordert insbesondere mehr Achtsamkeit im eigenen Stromverbrauch.

DER ALBRECHT: Das Klima wird immer wärmer, am Nord- und Südpol schmelzen die Gletscher, der Meeresspiegel steigt und Inseln drohen unterzugehen. Herr Kopytziok, fühlen Sie sich als Leiter eines Klimaschutzprojektes auch ein bisschen als Weltretter?
Kopytziok: Ja, ein kleines bisschen. Die Universität ist in der Klimarettung zwar ein kleines, aber trotzdem sehr bedeutendes Puzzlestück. All die Sachen, die auf globaler Ebene erkannt werden, müssen regional und konkret umgesetzt werden. Eine Hochschule übernimmt hier eine wichtige gesellschaftliche Vorbild- und Vorreiterfunktion.

Anfang Dezember einigten sich die Vereinten Nationen in Paris auf den ersten gemeinsamen Weltklimavertrag in der Geschichte. Welche Bedeutung hat dieses Abkommen für Sie?
Paris gibt uns Hoffnung. Leider waren alle vorherigen Konferenzen sehr trostlos. Obwohl fairerweise gesagt werden muss, dass der Ausgangspunkt dieser Konferenzen der UN-Weltklimagipfel im Jahre 1992 in Rio war. Dort wurde zum ersten Mal verbindlich verabredet, dass die Agenda 2021 und weitere Maßnahmen auf den Weg gebracht werden sollen. Nur war leider bisher die weitere Konkretisierung zum Klimaschutz ein kleines Trauerspiel. Das Abkommen in Paris war ein wirklicher Meilenstein. Aber er muss natürlich noch ratifiziert werden. Aber ganz ehrlich: Die beschlossenen Punkte setzt die CAU mit klik schon um.

Wie genau ist klik an der Christian-AlbrechtsUniversität entstanden?
Der Grundstein wurde im Jahre 2006 von den Studierenden gelegt, genauer gesagt von den damaligen AStA-Umweltreferenten. Sie waren die Ersten, die ein professionelles Umweltmanagementsystem forderten. Ein Jahr später wurden sie sogar mit einem Umweltpreis der Stadtwerke Kiel ausgezeichnet. Im Jahre 2010 beschloss das Präsidium, der Forderung nachzugehen. Der Grundstein für unsere Arbeit war gelegt: Anfang 2011 begannen wir mit der Implementierung des Umweltmanagementsystems nach EMAS, dem europäischen Umweltgemeinschaftssystem. Wir fingen an, unsere Eigenverbräuche zu reflektieren und ergriffen viele Maßnahmen und Kampagnen zur Reduzierung unseres CO2-Ausstoßes. Seit dem Jahresende 2012 ist unser Ziel klar definiert: Wir wollen bis 2030 eine klimaneutrale Hochschule sein. klik ist die Abkürzung für dieses Klimakonzept.

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Der Botanische Garten, das Rechenzentrum und die Hauptbibliothek sind Sorgenkinder im Stromverbrauch der Uni Kiel. ( Grafik: DER ALBRECHT / Quelle: klik )

An welchen Projekten arbeitet Ihr Team derzeitig?
Die CAU ist mit circa 30 Millionen Kilowattstunden (kWh) pro Jahr einer der größten Stromverbraucher der Stadt Kiel.* Das Problem ist, dass die Universität ihre Stromrechnung aus dem eigenen Etat zahlen muss. Hohe Stromkosten bedeuten also nicht nur Klimaschäden, sondern auch weniger Geld für Lehre und Forschung. Für die Bewältigung dieser Aufgabe haben wir bestimmte Strategien entwickelt. Als erstes haben wir die CO2-Emissionen identifiziert, die wir ausstoßen, ohne sie wirklich gebraucht zu haben. Die Uni Kiel verbraucht schätzungsweise rund 500.000 kWh im Jahr nur aufgrund von Geräten im Standby-Modus. Mithilfe unserer Energiesparkampagne helfen wir unseren Mitarbeitern, effizient Strom einzusparen. Im zweiten Schritt handeln wir umweltverträglich und wirtschaftlich vernünftig. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Im Jahr 2014 gelang es erstmals nach zehn Jahren den Stromverbrauch der Universität um fünf Prozent und im Jahr 2015 um weitere zehn Prozent zu senken. Zusammen genommen wurden rund 6 000 000 kWh Strom und über 3 000 Tonnen CO2 gespart. Dadurch konnten die Stromkosten der Universität um eine Million Euro gesenkt werden. Und das ist erst der Anfang. Das Präsidium hat gerade unser neues Mobilitätskonzept genehmigt – es werden Fahrradwege ausgebaut und der ÖPNV wird optimiert. Im letzten Jahr haben wir die Genehmigung für ein Blockheizkraftwerk erhalten, die Gelder stehen bereit – nun muss es nur noch realisiert werden.

Gibt es große Unterschiede im Energieverbrauch der einzelnen Einrichtungen der Universität?
Wir können es selbst kaum glauben, aber die Neubauten machen uns mehr Sorgen als die älteren Gebäude. Wir haben alle Bauten nach den Vorschriften der Energiesparverordnung (EnEV) der Bundesregierung bewertet und haben erstaunliche Ergebnisse erzielt: In den modernen Gebäuden funktioniert Vieles automatisch – oft weiß keiner, wie Lichter und  Klimaanlage ausgeschaltet werden. Ohne dass jemand etwas bemerkte, brannten wochenlang rund um die Uhr die Lichter der Universitätsbibliothek – die automatische Lichtanlage war kaputt. Die größten Stromfresser sind neben der Hauptbibliothek das Rechenzentrum und der Botanische Garten. Die Leibnizstraße 4 bis 10 und die Olshausenstraße 75 haben dagegen erstaunlich gute Werte im Strom- und Wärmeverbrauch. Alle Fakultäten mit erfreulichen CO2-Werten haben von uns eine Auszeichnung erhalten.

Was ist Ihr Wunsch für 2016?
Ich wünsche mir eine Kleinwindkraftanlage auf einem Dach der Universität. Eine solche Anlage würde sich leider erst nach 16 Jahren amortisieren, aber sie könnte uns für Forschungszwecke dienen und wäre ein sehr starkes Symbol. Bauvoranfragen sind hierfür schon gestellt!

Ich danke Ihnen für das Gespräch!
Das Interview führte Fenja Wiechel-Kramüller.

Das klik-Team stellt die bisherige Arbeit zum Umwelt- und Klimaschutz an der CAU am 2. Februar auf einem Symposium im Wissenschaftszentrum vor. Dabei wird auch das Engagement anderer Hochschulen in SchleswigHolstein zur Diskussion gestellt. Wer an der Veranstaltung teilnehmen möchte, findet das ausführliche Programm und den Anmeldebutton unter: www.klik.uni-kiel.de.

*Für den Vergleich: Ein Zweipersonenhaushalt in Kiel verbraucht durchschnittlich 2700 Kilowattstunden (2,7 Megawattstunden) pro Jahr.

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