Es ist eine Geschichte wie aus einem Märchenbuch. Eine Geschichte, die in keiner anderen Form schöner erzählt werden könnte, als in einem Ballett. Und kaum ein anderes Ballett erlangte solchen Weltruhm. Noch bis zum 31. Mai ist Pjotr Iljitsch Tschaikowskis Meisterwerk Schwanensee im Kieler Opernhaus zu sehen.

Am Königshof wird die Thronfolgerin Odette geboren. Auf ihrem 18. Geburtstag tritt der Magier Rotbart auf, der die schöne Königstochter in seinen Bann zieht und in seine Welt entführt. Die eifersüchtige Tochter Rotbarts, Odile, veranlasst, Odette in einen Schwan zu verwandeln, wie es mit vielen anderen Mädchen zuvor auch geschah. Der Prinz betritt Rotbarts Reich und trifft dort auf Odette, die des Nachts Menschengestalt annehmen kann. Sie erklärt dem Prinzen, dass sie nur durch die Liebe eines Mannes erlöst werden kann. Der Prinz verspricht ihr die Treue und kehrt ins Schloss zurück. Dort findet ein großes Fest statt, auf dem sich der Prinz eine Braut wählen soll. Trotz vieler Schönheiten, hat er nur Augen für ein Schwanenmädchen, das allerdings ein schwarzes Federkleid trägt, und hält um ihre Hand an. Es ist jedoch Odile, die die Gestalt Odettes angenommen hat. Der Prinz kehrt verzweifelt zum Schwanensee zurück um Odette doch noch retten zu können.

Der Prinz und die weißen Schwäne. Foto: Olaf Struck
Der Prinz und die weißen Schwäne. Foto: Olaf Struck

Das Stück beginnt mit einem Intro vor geschlossenem Vorhang. Es dauert einige Minuten bis der Vorhang die Sicht auf einen geheimnisvollen Mann freigibt, der aus einer schwarzen Box wie durch Zauberei erscheint. Dieser entpuppt sich im weiteren Verlauf als Magier Rotbart (Alexander Abdukarimov), der mit seiner feindseligen Tochter Odile (Sonia Dvorak) die Strippen des Stückes ziehen wird. Der erste Akt spielt am königlichen Hof. Das Bühnenbild besteht aus schlichten Hofmauern. Ein Ensemble aus Tänzerinnen und Tänzern in pastellfarbenen Kleidern begrüßt die Geburt des Kindes und markiert fortan für den Zuschauer gut ersichtlich die Phasen seines Heranwachsens. Positiv fällt auf, dass die Figuren sehr abwechslungsreich gestaltet und genau auf die heitere Musik abgestimmt sind. Die Königstochter Odette (Victoria Lane Green) steht im zentralen Interesse des Stückes. Auf der Feier zu ihrem 18. Geburtstag brilliert vor allem das Pas du Trois (Alexej Irmatov, Natalja Rykova, Didar Sarsembayev) während der Zauberaufführung Rotbarts. Insbesondere die beiden männlichen Tänzer konnten das Publikum durch erstaunliche akrobatische Leistungen sowie amüsante Gesten begeistern. Während der Aufführung taucht immer wieder die schwarze Box vom Anfang auf, die als Tor zu einer anderen Welt dient. Die zauberhafte Welt Rotbarts im zweiten Akt wurde bühnenbildnerisch in dunklen Tönen gehalten und zeichnet sich durch Spiegel aus, die zum Publikum geneigt hängen und eine Vogelperspektive auf das Geschehen bieten. Der Zuschauer gewinnt den Eindruck, auf einen Schwanensee zu blicken. Die Krönung des Schwanentanzes ist der Russische Tanz. Hier wie auch an anderen Stellen zeigt sich jedoch, dass einzelne Figuren nicht ganz sauber getanzt werden. Der dritte Akt wird auf kreative Weise eingeläutet. Zwei Diener eilen herbei und öffnen den Vorhang als Einlass zum königlichen Ball. Die ausländischen Prinzessinnen sind durch Schärpen in Nationalfarben gut zuzuordnen und zeigen gemeinsam mit den Freunden und Gästen des Prinzen (Rauan Orazbayev) eindrucksvolle Hebefiguren. Der letzte Akt ist durch große Dramatik gekennzeichnet und endet damit, dass der Prinz und Odette in der Box verschwinden und in einem leeren Raum als Monument ihrer Liebe zurückbleiben.

Insgesamt glänzt diese Aufführung als sehr gelungene Inszenierung, die mit einer Vielzahl an guten Tänzerinnen und Tänzern und einer gut durchdachten, abwechslungsreich gestalteten Choreografie punktet. Die Schlüsselfiguren des Stückes waren zugleich auch die Stars des Abends. Odette-Darstellerin Victoria Lane Green überzeugt durch großes tänzerisches Talent und eine ausdrucksstarke Mimik, wobei sie in ihrer Rolle als Schwanenprinzessin noch zerbrechlicher wirken könnte. Auch der Darsteller Rotbarts, Alexander Abdukarimov, gab ein gutes Bild ab und zeigte in seiner Rolle als manipulativer Zauberer und gleichzeitig reizvoller Verführer auch schauspielerisches Können. Nicht zuletzt ist die fantastische Leistung des Philharmonischen Orchesters Kiel unter der Leitung von Georg Fritzsch zu nennen, die das enorme Ohrwurmpotential der zauberhaften Klänge Tschaikowskis noch erhöhten.

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