Politiker*innen müssen der Presse meist Fragen beantworten, die mit aktuellen Ereignissen, Forderungen aus der Wirtschaft oder Opposition oder Wahlen zusammenhängen. Die persönliche Seite unserer Volksvertreter und Volksvertreterinnen kennen wir hingegen kaum. In der neuen Reihe „Zwölf Fragen an…“ stellt DER ALBRECHT die Politiker*innen von einer anderen Seite vor.

Frau Klöckner, wie sieht ein guter Tag für Sie aus?

Ein ‚guter Tag‘ ist ein Tag, den ich da verbringen darf, wo ich mich wohlfühle, beispielsweise auf dem Weingut meiner Familie in Guldental. Wenn ich die Menschen, die ich liebe, um mich herum habe, in der Natur bin, gutes Essen und Trinken, gesellig sein mit Freunden. Wunderbar, wenn dann am Abend noch Zeit für einige Seiten Buchlesen bleibt. Das Handy spielt dann eine sehr untergeordnete Rolle. Der perfekte Tag ist analog, nicht digital.

Wer ist ihr Vorbild?

Früher war das Olga Nemes. Als Kind wollte ich wie die bekannte Profitischtennisspielerin sein. Ihr Poster hing in meinem Zimmer. Sie wurde mehrfach Deutsche Meisterin, und ich war ein großer Fan von ihr. Ich habe früher intensiv Tischtennis in der Mannschaft und bei Turnieren gespielt. Aber mit dem Beruf à la Olga Nemes hat‘s dann nicht geklappt, sie hatte ein anderes Format.

Was regt Sie so richtig auf?

Journalisten oder Interviewpartner, die Fragen stellen, auf die ich nicht antworten möchte. Ist bei Ihnen aber nicht der Fall – bisher (lacht).

Wenn Sie nicht in die Politik gegangen wären, was hätten Sie stattdessen gemacht?

Vor der Politik habe ich ja auch schon gearbeitet, vier Jahre als Journalistin, unter anderem als Chefredakteurin. Nach dem Studium habe ich ein journalistisches Volontariat absolviert, eine Journalistenausbildung. Ursprünglich wollte ich ja Lehrerin werden, habe Politikwissenschaften, katholische Theologie und Pädagogik studiert – mit den Abschlüssen Staatsexamen und Magister. Alternativen zur Politik hätte es gegeben. Ich finde, das ist wichtig, damit man in gewisser Weise auch noch unabhängig bleibt und nicht aus reiner Alternativlosigkeit und Verzweiflung Politik machen muss (lacht).

Was war der dramatischste Moment in Ihrer politischen Karriere?

Eine Wahl zu verlieren, obwohl wir so gut und hart gekämpft haben, obwohl wir so viel Zustimmung für unser Programm bekommen haben – und dann auf den letzten Metern durch die Großwetterlage – die Flüchtlingsfrage – ausgebremst zu werden, das ist schon bitter. Aber meine Oma sagte immer: „Ebbes ist für ebbes immer gut.“ Kurzum: Irgendeinen Sinn wird es wohl gehabt haben.

Woher kommen Ihre politischen Haltungen?

Schon zur Studienzeit bin ich Mitglied der CDU geworden. Es war die Linke, damals hieß sie noch PDS, die mich in die CDU gebracht hat. Mein Professor, Dr. Jürgen W. Falter, der renommierte Parteienforscher, ließ uns in einem Seminar die Grundsatzprogramme der Parteien vergleichen. Ich verglich das Grundsatzprogramm der CDU mit dem der damaligen PDS. Seminararbeiten haben sicher nicht immer das Format von Unterhaltung und Lebensprägung, aber mich hat es damals gepackt.

Was ist das beste Buch, das Sie je gelesen haben?

Schwere Frage, da der Begeisterungshorizont auch immer etwas mit der eigenen Entwicklung und Erfahrungswelt zu tun hat, die sich immer wieder ändert. Also ein einziges Buch ist schwierig zu nennen. Ich versuche es dennoch: Nemesis von Philip Roth.

Woran denken Sie, wenn Sie nicht einschlafen können?

Oh, das passiert wirklich selten. Ich bin mit einer wunderbaren Schlaffähigkeit ausgestattet – da ich eh nicht so viel von ihm abbekomme. Sollte ich wirklich mal nicht einschlafen können, greife ich zu einem Buch auf meinem Nachttisch.

Was ist das Größte beziehungsweise Wichtigste, was Sie in der deutschen Gesellschaft/Politik bewirkt haben?

Politisches Arbeiten generell lässt sich nicht auf das ‚Größte beziehungsweise Wichtigste‘ reduzieren, was eine Politikerin oder ein Politiker je geleistet hat. Für die eine Rentnerin war es das Größte, dass ich die Fehlerhaftigkeit ihres Rentenbescheids herausgefunden und die Korrektur erwirkt habe, für den jungen Familienvater, dass ich ihm eine Arbeitsstelle vermitteln konnte oder das afghanische Mädchen, für das ich eine lebensrettende Operation in die Wege geleitet habe. Ich glaube, entscheidend ist das Gesamtgefüge. Ich persönlich versuche weder verbissen noch verkrampft etwas zu erreichen. Das, wofür ich mich einsetze, mache ich ordentlich. Und am Ende hat man selbst nur zum Teil die Dinge in der Hand. Das gilt fürs Leben wie für die Politik.

Was ist – Ihrer Meinung nach – die beste Lösung für die Probleme unserer Gesellschaft?

Nur Populisten können auf diese scheinbar einfache Frage in zwei Sätzen vereinfachend antworten. Ich nicht. Deshalb Gegenfrage: Was sind denn genau „die“ Probleme unserer Gesellschaft?

Was nimmt – Ihrer Meinung nach – zu viel Raum in der politischen Debatte ein?

Auch das ist pauschal nicht zu beantworten. Form- statt Sachfragen sind häufig im Fokus – und das lenkt ab.

Wovor fürchten Sie sich am meisten?

Fürchten nicht, ich stehe fest in meinem Glauben, der Zuversicht und Hoffnung. Aber ich habe Sorge vor der Polarisierung in unserer Gesellschaft, die Verrohung der Sprache und des Umgangs im Internet. Aber noch einmal: Nur mit zupackender Zuversicht lässt sich gute Politik machen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Die Fragen wurden per E-Mail an den Gesprächspartner*innen beziehungsweise an die zuständigen Pressesprecher*innen geschickt und schriftlich beantwortet.


Foto: CDU Rheinland-Pfalz

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