Er geht bis zum Morgengrauen und beginnt mit Sonnenaufgang. Er ist ohne Zeitlimit, ohne Vergütung. Und doch ist er gehaltvoller als jeder andere Studentenjob. Elternschaft. Jeder Tag ist anders. Was für viele undenkbar scheint, ist für andere alltäglich.

Rund sechs Prozent der Studierenden, das besagt die 18. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks, haben Kinder. Aber wie ist das vereinbar? Wird ein Studierender mit Kind nicht zwangsläufig zum Teilzeitstudenten? Und wie sieht es finanziell aus? Ist das noch ein normales Studentenleben? Ein Kind benötigt neben Liebe und Aufmerksamkeit ganz viel Zeit.

Aber seit der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge scheint gerade die zu fehlen. Das ist nicht mehr nur bei Medizin-, Pharmazie- oder Rechtswissenschaftsstudenten im regulären Präsenzstudium der Fall. Zwischen Hörsaal, Unibibliothek und Seminaren zählt jede Minute. Statt des gehetzten Kaffees und der schnellen Kippe werden bei Janina morgens Brote geschmiert und Frühstücksdosen gepackt. Alles läuft nach einem bestimmten Plan, ist zeitlich abgestimmt und präzise kalkuliert. Janinas Alltag ist strukturiert. Und das muss er auch sein. Sie ist 27 Jahre alt, studiert Jura im fünften Semester und hat einen fünfjährigen Sohn. Geplant war das nicht. Janina war mitten in einer Ausbildung und hatte eigentlich ganz andere Zukunftspläne. Aber trotzdem ist Toni ein „Wunsch- und Wollenkind“.

Die Kindertagesstätte in der Olshausenstraße. Foto: hw.

Sie ist alleinerziehend, hat außer dem Kindergarten keine konstante Betreuungsmöglichkeit. Ein Grund, weswegen sie anfing zu studieren. In ein Büro hätte sie Toni nicht mitnehmen können und Tagesmütter seien viel zu teuer, sagt sie. Ein Studium bietet Janina die Möglichkeit auch mal zu ungewöhnlichen Zeiten zuhause sein zu können. Etwa wenn Toni krank ist. Wie hart das Lernen mit Kind ist, unterschätzte sie.

Denn die Zeiten in der Uni müssen sich bei ihr nach den Öffnungszeiten des Kindergartens richten. Wenn Toni dort ist, beginnt für sie die Zeit in der Unibibliothek. Vorlesungen besucht sie fast gar nicht, denn Abwägen ist angesagt. Die wertvolle Zeit nutzt sie in der Stille der Bibliothek. Nachmittags muss sie pünktlich vor dem Kindergarten stehen und von der Studentin zur Mama werden.

Ohne Planung geht spätestens jetzt nichts mehr. Das Studium konkurriert mit Kinderbetreuung, Haushalt und eigenen Bedürfnissen. Wobei die oft hinten anstehen. Portale im Internet wie etwa www.studentenkind.de oder www.studieren-mitkind. info geben zwar Tipps, inzwischen ist aber auch den Verantwortlichen an den Hochschulen klar geworden, dass studierende Eltern Unterstützung brauchen. Die Uni Kiel hat extra ein Büro für Familien eingerichtet und bietet Informationen im Internet auf der Universitätsseite. Weitere Betreuungseinrichtungen, etwa eine zusätzliche KiTa sind in Planung. Oft bekommen Studenten mit Kind durch freie Kurswahlen die Möglichkeit zu einer individuell passenden und rechtzeitigen Semesterplanung, damit Betreuungsangebote und -möglichkeiten frühzeitig in Erwägung gezogen werden können.

Janina profitiert davon als Studentin eines Studienganges, welcher den Abschluss Staatsexamen hat, nicht. Denn Creditpoints oder Ähnliches sucht man hier vergeblich. „Von der juristischen Fakultät bekomme ich keine Hilfe. Das muss man alleine schaffen!“, betont Janina. Und so bewirbt sie sich für Arbeitsgruppen wie jede andere Studentin auch, ohne besondere Hilfen zu bekommen.

„Lernen kann ich dann jedes zweite Wochenende, wenn Toni bei seinem Papa ist. Und am Abend nach der Gute- Nacht- Geschichte. Es kommt nur darauf an, dass Toni müde ist!“, erklärt Janina. Und bekräftigt: „Ideen für Aktionen und die nötige Ausdauer haben junge Eltern mehr als genug.“ Anders sieht es finanziell aus. Kindergeld, BAföG und eventuelle Unterhaltszahlungen helfen zwar, aber junge Eltern lernen zu sparen. Eventuell können Stiftungen, wie die Christiane Nüsslein- Volhard-Stiftung, die Klaus Tschira Stiftung, oder das Gerda Tschira Stipendium finanzielle Hilfe oder Stipendien ermöglichen, denn ein Nebenjob ist fast undenkbar.

Fast. Janina hat gelernt, flexibel zu sein. „Eigentlich müsste ich noch etwas dazu verdienen“, meint sie müde. Toni wächst schnell. Schuhe und Hosen sind teuer. Außerdem kommt er bald in die Schule. Ausgaben für Materialien, Klassenfahrten und Ausflüge kommen dann zusätzlich auf Janina zu. Aber Janina möchte auch noch für ihren Sohn da sein. Und sie möchte studieren. Einen Job neben ihrer Hauptaufgabe hat sie noch nicht. „Aber das schaff‘ ich zur Not auch noch. Ich weiß zwar nicht wie, aber was muss, das muss! Für Toni“, sagt sie und lächelt tapfer.

Janina plant jeden Tag, aber nicht ihr Leben. Zukunft findet heute statt. Mit Toni und einem Studium. Denn sie versucht, das Beste aus Unistress und Alltagschaos, Geldknappheit und Leistungsdruck zu machen. Irgendwie dann doch ein ganz normales Studentenleben.

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