KunstCampusKiel zeigt Blickpunkte an am Unigelände

Das Campusgelände ist die Kulisse unseres Alltags als Studierende. Wir essen unter dem Glasdach der Mensa I, beschweren uns über den permanenten Baulärm und gleichzeitig über die Baufälligkeit einiger Gebäude, während wir entlang der Grünflächen zu den Institutsgebäuden eilen. Währenddessen verschwenden wir selten einen Blick auf die Besonderheiten der Gebäude und andere Verzierungen. Dabei gibt es eine Menge zu entdecken: Was ist so besonders an den Treppenstufen im Audimax? Welches Muster bilden die Glasdreiecke der Unikirche? Und wer hätte gewusst, dass der glasüberdachte Teil der Mensa I früher ein grüner Innenhof war?

Von Street Art bis zu architektonischen Finessen präsentiert der Campus eine vielseitige Sammlung künstlerischer und architektonischer Besonderheiten, die nicht immer offensichtlich ästhetisch, aber durchaus Blickfänge sein können. „Gerade wenn Gebäude nicht auf den ersten Blick im klassischen Sinne schön sind, kann man im Detail eine andere Art der Schönheit wertschätzen“, sagt Dr. Susanne Schwertfeger, die als Dozentin am Kunsthistorischen Institut das KunstCampusKiel-Projekt initiiert hat und betreut. Um die visuelle Vielfalt mehr Campusbesuchern zugänglich zu machen, haben Studierende der Kunstgeschichte dabei eine Karte des Campus mit Informationstexten zu einzelnen Objekten erarbeitet.

Dass der Mikroorganismus Amöbe nicht gerade für eine definierte Form bekannt ist, hat den Namensgeber des Zentrums für Molekulare Biowissenschaften scheinbar nicht gestört // Quelle: Jürgen Haacks/CAU Kiel
Dass der Mikroorganismus Amöbe nicht gerade für eine definierte Form bekannt ist, hat den Namensgeber des Zentrums für Molekulare Biowissenschaften scheinbar nicht gestört // Quelle: Jürgen Haacks/CAU Kiel

Im letzten Sommersemester recherchierten die sieben Teilnehmenden in einem Seminar die Baugeschichte des Campus und arbeiteten Charakterzüge einzelner Bau- und Kunstwerke heraus. Der älteste Teil des Campusgeländes am Westring ist das Gebiet nördlich der Olshausenstraße, dessen Backsteingebäude vorher der Rüstungsfabrik ELAC angehörten. Hierhin wurde die Universität nach dem zweiten Weltkrieg verlagert, da die ursprünglichen Campusgebäude in der Nähe des Schlossgartens größtenteils zerstört worden waren. Wer einen Eindruck vom Flair der alten Universität bekommen möchte, kann einen Blick auf die Augenklinik oder das Zoologische Museum werfen oder durch den Alten Botanischen Garten an der Kiellinie schlendern.

Erst in den sechziger Jahren wurde der neue Campus an der Olshausenstraße in Richtung Mensa I und Audimax erweitert, das erste Gebäude auf diesem Teil war das Verwaltungshochhaus. Ein Jahrzehnt später startete mit steigenden Studierendenzahlen auch der Ausbau bergab: Die Fakultätsblöcke an der Leibnizstraße entstanden. Diese mögen mittlerweile zwar eher grau und trist wirken, doch bei der Planung wurden unerwartete Überlegungen mit einbezogen: „Überraschend war der Grund für die Gänge zwischen den Fakultätsblöcken – sie wurden zum Ermöglichen eines interdisziplinären Austauschs zwischen den verschiedenen Fachrichtungen geplant“, sagt Kunstgeschichte-Master-Studentin Lisei Ziesmer über die Gebäudestruktur. In den letzten zwei Jahrzehnten kamen große Neubauten dazu: 2001 die neue Unibibliothek, vor einigen Jahren das golden verkleidete Zentrum für molekulare Biowissenschaften und das moderne Hörsaalgebäude der Leibnizstraße 1. Ein Ende ist noch nicht in Sicht. Durch die laufenden Baumaßnahmen wird der Campus in den kommenden Jahren sein Gesicht weiter verändern: Der Neubau des Juridicums oder der Abriss der für die Kopplung von Sturm und Veranstaltungsausfall bekannten Angerbauten sind nur zwei Beispiele.

Der Portikus der CAU gehört zwar nicht zu den ehemaligen Gebäuden der Rüstungsfabrik ELAC, ist aber im gleichen Stil erbaut – eine Tatsache, die zur Bauzeit für Diskussionen sorgte // Quelle: Horst Brix/CAU Kiel
Der Portikus der CAU gehört zwar nicht zu den ehemaligen Gebäuden der Rüstungsfabrik ELAC, ist aber im gleichen Stil erbaut – eine Tatsache, die zur Bauzeit für Diskussionen sorgte // Quelle: Horst Brix/CAU Kiel

Ihre Rechercheergebnisse zu bereits existierenden Gebäuden und Kunstwerken haben die Kunstgeschichtsstudierenden in kurzen Informationstexten aufbereitet, die nun online und auf einem Flyer für alle Campusbesucher zugänglich sind. „Für mich war es das erste Mal, dass ich Texte nicht für eine Hausarbeit, sondern für die Öffentlichkeit geschrieben habe“, sagt Hadja Rastagar, die sich im zweiten Bachelorsemester befindet – eine Erfahrung, die ihr auch im Berufsleben weiterhelfen könnte. Denn das Schreiben für ein nichtfachliches Publikum, so Susanne Schwertfeger, sei für den Großteil der Studierenden, die nicht in der Forschung bleiben werden, eine wichtige Fähigkeit. Aber nicht nur das: „Diese intensive Beschäftigung mit Besonderheiten an Campus und Uni hat auch unsere Identifikation mit der CAU verstärkt“, sagt Bachelorstudentin Almut Rix. Dabei erlebten sie auch einige Überraschungen: „Dass sich die dreieckigen Fenster der Unikirche zum Beispiel zu verschiedenen christlichen Symbolen wie einem Fisch zusammenfügen, hätte vor der Recherche keiner von uns bemerkt“, ergänzt ihre Kommilitonin Ingrid Guadalupe Böhnke-Quintana.

Und vielleicht braucht es gar kein Kunstgeschichtsstudium, um mit offenen Augen die liebenswerten Facetten des Campus zu entdecken: Der Flyer und die Website von KunstCampusKiel geben auf jeden Fall einen guten Anreiz, damit anzufangen.


Titelbild: Wer den aus Dreiecken zusammengesetzten Fisch in der Unikirche bewundern will, sollte dem Gebäude am Westring einen Besuch abstatten // Quelle: Jürgen Haacks/CAU Kiel

Autor*in

Eva ist seit November 2015 in der Redaktion. Sie studiert Biochemie und Molekularbiologie an der CAU. Als Ressortleiterin hat sie sich bis Anfang 2019 um den Hochschulteil der Zeitung gekümmert, mittlerweile schlägt ihr Herz für Online.

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