Erfahrungsberichte von Studierenden über ihre Probleme mit Dozierenden

Es ist Viertel vor, die Seminare und Vorlesungen sind gerade beendet worden und Studierende verlassen die Gebäude. Draußen sammeln sich kleine Gruppen und unterhalten sich über die unterschiedlichsten Themen. Doch gerade jetzt zum Semesterstart dominieren häufig Gespräche über die Dozierenden und Professor:innen. Ob schon einmal jemand bei dem Dozenten in einer Sprechstunde war? Wie hat die Professorin die Hausarbeit bewertet? Was sollten wir über diese Person wissen – ist sie eher abweisend oder verständnisvoll?  

Und fast alle Studierenden können dazu Geschichten erzählen. Nein, die Dozentin ist unorganisiert. Die Besprechung für eine Hausarbeit wurde eine Farce. Nein, der Dozent ist gemein. Er meinte, dass er Fragen und Kritik nicht annehmen könne, weil er davon ausgehe, dass die Studierenden sowieso nicht schlau genug dafür seien. Das Résumé solcher Unterhaltungen ist häufig die Entscheidung, aufgrund der Erfahrung der Kommiliton:innen, lieber keine Hausarbeit bei dieser Person zu schreiben, Seminare nicht zu belegen oder ihre Vorlesungen zu schieben. 

Dozierende ohne Rücksicht  

Und das ist ein Problem. Natürlich haben Studierende den Erfolg ihres Studiums selbst in der Hand: Sie müssen planen, lernen, schreiben, bestehen. Aber dazu gehört auch die andere Seite: Inhalte müssen vermittelt, Module organisiert und Prüfungen korrigiert werden und das liegt außerhalb der Macht von Studierenden. Auf einmal findet man sich in einer Situation wieder, in der Dozierende sich unfair verhalten.

„Immer wenn ich mich gemeldet habe, brachte der Professor alle Studierenden dazu, zu klatschen“, erzählt zum Beispiel eine Studentin der Informatik.

Das passiere wohl regelmäßig, wenn eine Frau sich mündlich beteiligt. Der Professor fordert den Hörsaal zum Applaudieren auf. Es ist leider immer noch ein bekanntes Problem in diesem Fach, dass Frauen diskriminiert und nicht respektiert werden. 

Einer Studentin der Politikwissenschaften ist das Gegenteil passiert. Der Dozent hat nämlich niemandem Aufmerksamkeit geschenkt und war als Ansprechperson nicht erreichbar. Als Ersatz für die Präsenzsitzungen während Corona erhielten die Studierenden hochgeladene Texte. Zoom-Sitzungen oder Hilfestellungen per E-Mail gab es nicht. Auch keine Themenbesprechung oder Unterstützung bei den Hausarbeiten.  

Der Vorwand: Wenn Dinge mit einzelnen Studierenden besprochen würden, könne die Chancengleichheit zwischen den Kommiliton:innen nicht gewährleistet werden. Die Tatsache, dass in anderen Seminaren all diese Unterstützung gewährleistet wurde, schien nicht relevant.

„Dass ich bei der Hausarbeit dann fast durchgefallen wäre, hat mich nicht mehr gewundert“, sagt die Studentin dem ALBRECHT.

Da dieser Dozent häufiger solche ‚Seminare‘ gab, bekam er eine Abmahnung. Heute ist er nicht mehr an der Uni angestellt.  

Bedürfnisse der Studierenden gekonnt ignoriert 

Die vielen Hindernisse, auf die wir im Laufe unseres Studiums treffen, müssen nicht immer von Menschen kommen. Oftmals sind es strukturelle oder organisatorische Verhältnisse, die für eine unfaire Behandlung sorgen. Lukas* ist Geographie-Student und hat uns von einer Situation im letzten Semester erzählt, die ihn immer noch den Kopf schütteln lässt. Neben den Vorlesungen seines Faches muss er je ein Begleitseminar belegen.

Leider werden Ein-Fach-Studierende hier bei der Platzvergabe bevorzugt. Lukas und dutzende andere Zwei-Fach-Studierende standen auf der Warteliste, nur um am Ende gesagt zu bekommen, dass sie ein Blockseminar besuchen können – mitten in den Semesterferien. 

Zu der Zeit hatten schon einige von ihnen Urlaube oder Festivals gebucht, aber die Seminarleiterin sah darin kein Problem und reagierte nicht wie erhofft auf die Kritik der Studierenden.

„Die Aussage der Seminarleiterin führte zu einem Raunen im Saal. Einige sind daraufhin aufgestanden und gegangen. Sie sagte uns sinngemäß, süffisant und von oben herab: ‚Sie können froh sein, dass Sie überhaupt einen Seminarplatz kriegen, sonst können Sie auch einfach ein Jahr länger studieren.‘“

Für Lukas bedeutet das nun, dass er ein Jahr später noch einmal probieren möchte, einen Platz zu bekommen. Auch auf die Gefahr hin, dass es wieder so eine Benachteiligung gibt.  

Versteckspiel mit der Verantwortung 

In den unterschiedlichsten Bereichen kann Studierenden die Unterstützung verwehrt werden und je wichtiger diese Hilfestellungen werden, desto mehr spüren Studierende ihre Machtlosigkeit. So war es zum Beispiel bei der Biologiestudentin Sarah*. Ihr Fall zeigt, dass die Art und Weise, wie Betreuende und Professor:innen ihre Verantwortung vernachlässigen, Auswirkungen auf den weiteren Verlauf des Studiums, auf die Studienzeit, die Noten und den Abschluss hat.  

Während ihrer Bachelorarbeit war Sarah häufig auf sich allein gestellt, musste eine Rückmeldung zu ihrer Arbeit regelrecht einfordern. „Eine Kollegin von mir meinte, ich solle unbedingt einmal mit dem eigentlichen Betreuer sprechen, dass ich doch bitte eine gute Note für den Bachelor-Schnitt brauche. Sonst hätte er mir wohl willkürlich irgendeine Note gegeben. Das Gespräch hat scheinbar funktioniert.

Mein Abschluss hat aber länger gedauert, weil der zuständige Professor sich geweigert hatte, meine Bachelorarbeit rechtzeitig zu korrigieren. Dadurch habe ich ein ganzes Semester verloren und ich habe ein Jahr für meine Arbeit gebraucht. Das wünsche ich niemandem. Auch wenn ich der Meinung bin, dass die Regelstudienzeit nicht das Wichtigste ist – das war einfach vergeudete Zeit“, erzählt Sarah. 

Ihre Masterarbeit hat sie bei einer fachfremden Arbeitsgruppe geschrieben. Hier hatte sie zwar zwei Betreuerinnen, diese waren aber kaum anwesend und haben sich nicht abgesprochen. Daher war ihr Feedback oft kontrovers. Auf Sarahs Bitte nach Betreuung sind sie auch nicht eingegangen. „Meine Masterarbeit hat leider meinen Schnitt heruntergezogen.“ Sie wünscht sich, dass sich Dozierende und Professor:innen bewusst sind, was mangelndes Interesse bedeutet. Studierende stehen unter enormem Druck und fühlen sich dann zusätzlich alleingelassen.  

„Man sollte sich als Dozierende:r durchaus bewusst sein, dass eine Betreuung viel Arbeit sein kann, aber für die Studierenden unglaublich wichtig ist. Anderen Studierenden möchte ich raten, dass sie ihre Betreuung aktiv einfordern. Das mag manchen schwerfallen, aber man darf nicht darauf vertrauen, dass andere sich so sehr um die eigene Arbeit kümmern wie man selbst. Schreibt lieber eine Mail mehr und fragt nach Feedbackgesprächen.“

Und für diejenigen, die demnächst ihre Abschlussarbeit schreiben möchten, hat sie auch einen Tipp: „Macht vielleicht vorher ein Praktikum in dieser Arbeitsgruppe, um herauszufinden, wie die Abläufe und der Umgang mit den Studierenden aussehen. Dann wisst ihr, wie organisiert die Gruppe ist und ob ihr diesen Leuten vertraut.“ 

Auch wenn wir uns manchmal machtlos fühlen und nicht wissen, wie wir mit der Situation umgehen sollen, gibt es Auswege. Ein Streit mit Dozierenden muss keine schlechte Note bedeuten. Sie stehen in der Verantwortung und das können wir auch einfordern. Wir sollten mehr miteinander über solche Probleme reden und diese weiterreichen. Wir können die Evaluationsbögen ausfüllen, damit die Fakultät weiß, dass sich ihre Angestellten nicht korrekt verhalten haben.

Oder wir gehen zu Beratungsstellen, die uns bei der Kompromissfindung helfen können und die durchaus auch den Einfluss haben, etwas zu verändern. Eine dieser Beratungsstellen ist zum Beispiel das AStA-Referat für Studienangelegenheiten. 

*Namen durch die Redaktion geändert. 

Autor*in

Nele studiert seit Wintersemester 2019/20 Politikwissenschaften und Deutsch an der CAU. Im Mai 2020 hat sie als Redakteurin und im Lektorat-Team beim ALBRECHT angefangen. Sie war bis zum SoSe 23 zwei Jahre lang Gesellschaft-Ressort-Leitung.

Autor*in

Eileen studiert Soziologie/Philosophie und ist seit Januar 2022 die Chefredakteurin. Sie leitete von Februar 2019 bis Anfang 2020 das Ressort für Gesellschaft. Danach war sie stellvertretende Chefredakteurin. Außerdem werden viele der Illustrationen im Albrecht von ihr gezeichnet.

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