Ressourcenschutz und Gesundheit: zwei aktuelle Themenbereiche, in denen Alternativen gesucht werden, die umweltverträglich und natürlicher sind. Allerdings gibt es für einige Probleme bereits Lösungsansätze – wir haben es nur vergessen. Hier sind einige Beispiele dessen, was die Denker*innen aus längst vergangenen Zeiten schon wussten und wie uns dieses Wissen heute helfen kann.

Pflanzlicher Sonnenschutz

Dass Sonnencreme wichtig ist, weiß jede*r: Sie soll unsere Haut vor den schädlichen UV-Strahlen schützen. In Deutschland ist Hautkrebs, verursacht durch Sonnenbrand, die häufigste Krebserkrankung. Allerdings kann keine Creme einen hundertprozentigen Schutz garantieren. Wasser wäscht sie leicht von unserer Haut und ihre Inhaltsstoffe sind Gift für die Meere.

Deswegen wird an Alternativen geforscht – doch die Maya hatten schon eine gefunden: den Tüpfelfarn. Sie verarbeiteten den Farn zu einer Paste, die gegen die Entzündungen durch Sonnenbrand wirkt. So kamen Patrick Schmitt und Bernhard Lieb vom Institut für Molekulare Physiologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz auf die Idee, einen Sonnenschutz zu entwickeln, der von Innen wirkt.

Grundlage ihrer Forschung ist das mündlich überlieferte Wissen der Maya. Denn Sonnenbrand entsteht, wenn UV-Strahlen auf die Haut treffen und die dadurch entstandenen Sauerstoffradikale die Hautzellen angreifen. Tests haben bestätigt, dass die Antioxidanzien des Farns in der Lage sind, die Zellen vor diesen Radikalen zu schützen.

Nun haben die Forscher*innen eine Pille entwickelt ohne synthetische Substanzen, deren beständige Einnahme einen dauerhaften Schutz mit LSF 15 garantiert. Momentan werden noch klinische Studien zu der Pille durchgeführt, doch danach wird sie wohl auf dem Markt erhältlich sein. Umweltfreundlicher Sonnenschutz – ganz ohne Eincremen.

Mittelalterliches Antibiotikum

Die Klöster im Mittelalter waren Sammelorte des Wissens. Dort wurden Kranke behandelt, die medizinische Forschung stetig vorangetrieben und alle Ergebnisse schriftlich festghalten. Da diese Forschung allerdings auf Kräuter- und Naturheilkunde beruhte, wurden die Schriften der Klöster lange Zeit nicht ernstgenommen.

Doch langsam fangen Wissenschaftler*innen an, sich mit ihnen zu beschäftigen. So entdeckte 2015 eine Forschergruppe um Christina Lee, Professorin für angelsächsische Studien der Universität Nottingham, Rezepte für Medizin aus dem England des zehnten Jahrhunderts. Eines von ihnen wird als „das beste Rezept“ deklariert. Die Zubereitung ist ohne Aufwand: Zwiebeln, Knoblauch, Wein und Ochsengalle sollen neun Tage in einem Kupferkessel ruhen. An sich klingt das wenig beeindruckend, nur die Ochsengalle ist hier außergewöhnlich.

Die Forschergruppe hat dennoch das Rezept ausprobiert und kam nach einigen Tests zu folgendem Ergebnis: Bei der gewonnenen Medizin handelt es sich um ein hochwirksames Antibiotikum. Weitere Tests zeigen außerdem, dass dieses Antibiotikum gegen einen multiresitenten Stamm des Bakteriums Staphylococcus aureus (MRSA) eingesetzt werden kann. Dabei handelt es sich um einen Krankenhauskeim, der gegen fast alle heutzutage verfügbaren Antibiotika resistent ist.

Bisher hat das neue Antibiotikum bei Tests an Mäusen gewirkt. So hat ein Rezept, das etwa tausend Jahre alt ist, der Wissenschaft geholfen, eine potenzielle Lösung zu finden. Inwiefern es allerdings in der heutigen Medizin eingesetzt werden kann, ist noch nicht klar, denn der Mechanismus der Chemie dahinter ist noch nicht vollends nachvollziehbar.

Windkraft Reloaded

Heutzutage, wo der Klimawandel und die Suche nach alternativen Antriebsmöglichkeiten eine erhöhte Priorität haben, erhält eine Erfindung der 20er Jahre neue Bedeutung: der Flettner-Rotor.

Anton Flettner, ein deutscher Ingenieur, erdachte einen neuartigen Antrieb für Schiffe und setzte dabei auf Wind als Energiequelle. Er konstruierte dafür einen Rotor, der aus einem senkrecht stehenden Zylinder besteht. Der Zylinder wird elektrisch angetrieben, sodass er sich dreht.

Weht nun Wind gegen den Zylinder, beschleunigt sich die Luft an der Stelle, an der sie auf den Zylinder trifft und verlangsamt sich an der gegenüber liegenden Seite. So entsteht vorne ein Unterdruck und hinten ein Überdruck (Magnus-Effekt). Dadurch wird Kraft entfaltet, die für den Antrieb sorgt. Die Fahrtrichtung des Schiffes ist dabei abhängig von der Windrichtung – weht der Wind von der Seite fährt das Schiff geradeaus. Daraus ergeben sich die Nachteile eines solchen Antriebs: Das Schiff muss wie beim Segeln gegen den Wind kreuzen und bei Flaute bleibt es ohne andere Antriebsmöglichkeit stehen.

1924 fuhr die MS Buckau als erstes Schiff mit Flettner-Rotoren und 1926 überquerte sie damit den Atlantik. Allerdings geriet seine Erfindung in Vergessenheit, da Dieselkraftstoff günstiger war und sich daher durchsetzte. Inzwischen werden aber erneut Tests mit den Rotoren durchgeführt und es gibt wieder einige Schiffe, die diesen Antrieb – zusätzlich zum Motorenantrieb – zur Kraftstoffeinsparung nutzen.

Forscher*innen rechnen momentan mit einer Einsparung von bis zu 50 Prozent. Hier in Kiel machte das Frachtschiff E-Ship 1 im Jahr 2010 den Versuch, neben Diesel auch mit Rotoren betrieben zu werden. So ist zum Beipiel die finnische Fähre Viking Grace seit 2018 mit den Rotoren ausgestattet und wird bis Ende 2019 getestet. Eine weitere Fähre dieser Line, die Viking Glory, wird gerade gebaut und es werden Flettner-Rotoren erstmals in den Schiffsbau mit eingeplant. Ob sie installiert werden, hängt allerdings von den Testergebnissen der Viking Grace ab. 2018 lief auch die MV Afros als erster Massengutfrachter mit vier Flettner-Rotoren aus.

In der Praxis sind die Ersparnisse aber noch nicht so hoch wie erwartet. Dennoch zeigt sich wieder, dass eine Idee, die vor hundert Jahren kein Gehör fand, heute umso nützlicher sein kann.

Autor*in

Eileen studiert Soziologie/Philosophie und ist seit Januar 2022 die Chefredakteurin. Sie leitete von Februar 2019 bis Anfang 2020 das Ressort für Gesellschaft. Danach war sie stellvertretende Chefredakteurin. Außerdem werden viele der Illustrationen im Albrecht von ihr gezeichnet.

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