Ein Kommentar.

Der Weltuntergang fällt aus. Einfach so. Dabei galt der Eintritt der Apokalypse im Dezember dieses Jahres bereits als beschlossene Sache. Schließlich hatten Forscher, Verschwörungstheoretiker, Hobby-Experten und Nina Hagen einen alten Maya-Kalender umfassend analysiert und waren zu dem Schluss gekommen, dass die Sonne den Kieler Schneematsch am 21. Dezember voraussichtlich zum letzten Mal in ein warmes Grau tauchen wird.

Die Menschen akzeptierten diesen Umstand schließlich und hatten ganz unterschiedliche Arten, sich auf das nahende Ende vorzubereiten. Norbert Röttgen entschied sich dafür, seine letzten Tage nicht in NRW verbringen zu wollen und demontierte sich völlig nachvollziehbar, wenn auch etwas zu offensichtlich, kurzerhand selbst. In Berlin verschob man unterdessen die Fertigstellung des neuen Großflughafens clever auf die Zeit nach dem Weltuntergang. Der FC Bayern wiederum begann sich nach einer starken Saison in den Finalspielen systematisch für die Strapazen der Apokalypse zu schonen. Nachdem Roland Emmerich es rechtzeitig ermöglicht hatte, das Ende des Daseins in seinem Kino-Blockbuster „2012“ bereits vorab einmal mit eigenen Augen zu sehen, fand man die nahende Apokalypse sogar irgendwie cool.

Der Weltuntergang wird leider kurzfristig abgesagt. (Foto: Mia Schumacher)

Doch jetzt zerstörte eine irritierende Nachricht dieses fatalistische Idyll. US-Archäologen haben in Guatemala den bislang ältesten astronomischen Maya-Kalender gefunden, der das Ende der Welt schlicht ignoriert und tausende Jahre über 2012 hinaus geht.

Bevor jetzt jedoch Hamsterkäufe auf 2013-Terminkalender beginnen, lohnt es sich, ganz rational einmal die Welt in Ruhe mit den eigenen Augen zu betrachten. Denn es gibt vielfältige Anzeichen für einen Weltuntergang, die einen auch bei näherer Betrachtung nicht einmal dann vom Glauben an selbigen abbringen würden, wenn in Guatemala eine vorchristliche DVD auftauchen würde, auf der die Maya in 3D, akzentfreiem Hochdeutsch und untermalt von epischer Musik Hans Zimmers erklären würden, dass die Welt sich auch 2013 weiterdrehen wird.

Und da wir uns schon lange daran gewöhnt haben, die Wirklichkeit durch das Prisma des Fernsehens wahrzunehmen, sollte die Suche nach Symptomen eines kommendes Weltuntergangs genau hier ansetzten. Hinweise gibt es reichlich: Ehemals niveaulose Sendungen wie DSDS (Förderschüler singen und tanzen) entwickeln sich zu Formaten wie DSDS Kids (Kinder von Förderschülern singen und tanzen) und schaffen es so, sich selbst noch einmal zu unterbieten. Währenddessen lassen Britt Hagedorn und Inka Bause zu, dass sich physisch und psychisch Behinderte gegenseitig halbnackt mit Mettigeln füttern lassen, ohne dass jemand einschreitet. Verstörende Auswüchse der Fernsehlandschaft oder vielleicht doch lediglich eine sanfte Vorbereitung auf das Leben in der Nachwelt?

Nährt nicht außerdem jede Sekunde, in der Galileo Jumbo Schreiner auf sämtliche Essensvorräte dieser Welt loslässt, die Angst vor einem baldigen Ende? Oder der Anblick, wie Harro Füllgrabe mit apathischem Grinsen sämtliche Wasserrutschen der Welt testet?

Okay, zugegeben, es ist etwas unfair, an dieser Stelle nur die Privatsender anzuführen, denn auch ein Blick zu den Öffentlich-Rechtlichen gibt kaum Anlass zur Hoffnung. Hier kündigt sich nahendes Unheil vor allem durch Polit-Talkshows mit ewig gleichen Themen an. Besonders beunruhigend: Die ständige Präsenz zweier Antichristen des Charismas, Philipp Rösler und Karl Lauterbach, in möglichst allen Talkshows. Zudem scheint jede Sekunde, in der Waldi Hartmann in „Waldis EM Club“ betrunken Dummheiten von sich geben darf und fleißig Weißbier inhaliert, die apokalyptischen Reiter bereits vor dem Dezember herbeirufen zu wollen. Geht die Erde also doch unter? In Frank Plasbergs „Hart aber Fair“-Faktencheck wäre das Urteil wohl trotz aller Vorzeichen eindeutig. Gemessen an der Vielzahl der prophezeiten Weltuntergänge seit der Antike (allesamt mit doch recht enttäuschendem Ausgang) kommt ein Weltuntergang nicht infrage. Selbst Martin Luther, dem nun nicht gerade ein Ruf als weltfremder Spinner vorauseilt, kündigte die Apokalypse drei Mal an, nur um wenig später kleinlaut einen Rechenfehler einzuräumen. Vielleicht werden die Maya aber auch falsch verstanden, vielleicht sterben ja gar nicht alle Menschen, vielleicht geht die Erde ja überhaupt nicht unter. Möglicherweise stirbt lediglich das Niveau einen leisen Tod.

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