Nahezu jeder Student hat sie schon gesehen: die älteren Herrschaften in den vorderen Reihen der Vorlesungen. Besonders beliebt sind Fächer wie Musik oder Geschichte. Dort türmt sich eine weißhaarige Wand vor einem auf. Also lieber Sicherheitsabstand zu ihnen halten und sich am besten auf die hintersten Bänke verkriechen. Kein Wunder, denn jeder wurde schon wegen Banalitäten von älteren Menschen angegangen. Ebenso kann es auch umgekehrt sein.

Die Lösung für das Problem im Umgang zwischen Alt und Jung ist: Respekt. Und zwar nicht nur, wie viele ältere Menschen aufgrund ihrer Lebenserfahrung erwarten, ihnen gegenüber, sondern genauso der Respekt gegenüber der Jugend. Den verdient sie sich durch die vielen Neuerungen, doch die kann es nur geben, wenn weiter geforscht wird. Oft ist es wichtig, etwas nicht konventionell zu betrachten, sondern zu widersprechen und eine Grenze zu überschreiten.

Beide Generationen haben das Recht darauf, von der jeweils anderen respektiert zu werden. Doch was ist überhaupt Respekt? Er ist nicht mit Toleranz oder Höflichkeit zu verwechseln. Die Respect- Research-Group, eine Gruppe von jungen Forschern aus verschiedenen Fachbereichen, die vor etwa 10 Jahren gegründet wurde, hat dafür eine Definition gefunden. Für sie ist Respekt „eine Einstellung eines Menschen einem anderen gegenüber, bei welcher er in diesem einen Grund erkennt, der es aus sich heraus rechtfertigt, ihn zu beachten und auf solche Weise zu agieren, dass bei ihm über Resonanz das Gefühl entsteht, in seiner Bedeutung und seinem Wert (an)erkannt zu sein“, schreiben sie auf ihrer Homepage. Wichtig im zwischenmenschlichen Umgang ist dabei die Unterscheidung zwischen horizontalem und vertikalem Respekt.

Horizontaler Respekt bezeichnet die Einstellung, jemand anderen auf Augenhöhe wahrzunehmen. Das bedeutet, dass sich beispielsweise beide Generationen (Alt und Jung) als gleichwertig ansehen. Doch genau das stellt vielfach ein Problem dar, da sich die Jugend-Generation von den Älteren nicht genug wahrgenommen fühlt und die älteren Menschen den jüngeren sowieso immer schlechtes Benehmen vorwerfen. Dabei wird Respekt jedoch häufig auch mit Höflichkeit verwechselt. Die bezeichnet eine sozialisierte, ritualisierte Form von Respekt. Die Studierenden lernen also, zum Seminar nicht mal eben 15 Minuten später zu kommen, sondern pünktlich zu sein, sonst fühlen sich der Professor oder die Professorin angegriffen. Den Lehrenden gegenüber haben Studierende vertikalen Respekt, weil sie sich in einem Bereich besser auskennen und sich dafür Respekt verdient haben. Außerdem fordern sie vielfach auch Anerkennung für ihre Position ein. Egal, wie schlecht sie manchmal auch lehren, erwarten sie trotzdem, dass die Studierenden sie anerkennen. An dieser Stelle ließe sich jedoch die Frage stellen, ob diese Einstellung noch zeitgemäß ist. Gerade in unserer modernen Leistungsgesellschaft wird erwartet, dass sich jeder über seine Verdienste definiert. Das gilt nicht nur für Studenten sondern gleichfalls auch für Profressoren. Es gilt sich seinen Status ständig durch gute Leistungen zu bestätigen.

Neue Strömungen wie die Globalisierung und Individualisierung zählen ebenfalls zu den Veränderungen der heutigen Zeit. Diese Vielfalt der heutigen Zeit kann durch ein respektvolles Miteinander fruchtbarer gestaltet werden. Oft fehlt der Austausch mit Menschen der älteren Generation, die in den Vorlesungen beispielsweise in den ersten Reihen sitzen. Eine Möglichkeit ihnen Respekt entgegen zu bringen könnte der Dialog mit den älteren Menschen sein. Versucht es doch mal umgekehrt und fragt, was die älteren überhaupt in der Vorlesung machen. Ob sie sich wohl unter den ganzen jungen Menschen wohl fühlen oder nicht genauso unwohl wie die Studierenden im Umgang mit ihnen.

Foto: cw

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