Laut Trend- und Zukunftsforscherin Karin Tischer von food & more gehören Rote Bete und Kurkuma zu den Trendprodukten des Jahres 2019. Das heimische Rübengewächs und die exotische ‚kleine Schwester‘ des Ingwers haben so einiges gemein: Beide zeichnen sich durch eine intensive pinke und orangene Färbung aus und sind reich von geradezu magischen Inhaltsstoffen, die sie zu sogenannten Superfoods machen. Beide Produkte sind seit jeher in der Gastronomie beliebt, um schnell und einfach Speisen zu färben – Kurkuma, auch Gelbwurz genannt, kann dabei gut den viel teureren Safran ersetzen. In der chinesischen Heilmedizin wird Kurkuma seit jeher gegen Entzündungen, Reizdarmbeschwerden, Infekte und sogar Arthritis eingesetzt, in der ayurvedischen Heilphilosophie findet sich Kurkuma in der sogenannten Goldenen Milch. So hübsch und doch so gesund – kein Wunder also, dass das ingwerähnliche Gewächs seinen Weg in die von trendbewussten Superfruit- und Plantarismus-Anhängern bevorzugten Supermarktregale gefunden hat. Wie viele Trendprodukte (Edamame, Avocado und Acerola-Kirsche) hat natürlich auch die Kurkumawurzel einen eher schlechten ökologischen Fußabdruck, sofern sie im nächstgelegenen Asia Shop gekauft wird.

Superfoods – darunter Exoten wie Goji- und Acai-Beeren oder Weizengras – präsentieren sich nach außen hin mit einem hohen Gehalt an Vitaminen und Mineralstoffen. Dafür werden sie meist vom anderen Ende der Welt in unsere Supermärkte transportiert und dort teuer verkauft.

Tatsächlich enthalten viele der Früchte, Samen und Pulver gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe, keine Frage – doch unser heimisches Superfood tut dies auch und steht den Exoten damit in keinster Weise nach. Eine Sonderstellung haben die Superfrüchte nicht und so sind wichtige Nährstofflieferanten altbekannte Kräuter, Nüsse, Blattsalate, Beeren und Samen aus dem eigenen Garten.

Wie gut also, dass uns die Trendsetter zurück in die heimischen Gärten scheuchen. Statt getrockneter Acai-Beeren gibt es bald wieder frische Kirschen oder Heidelbeeren für zwischendurch und Leinsamen machen sich bereit für den Kampf mit Chiasamen um den Platz in der Müslischale.

Die Rote Bete wurde in den letzten Jahren langsam, aber sicher von ihrem verstaubten Image befreit und legt nun einen regelrechten Senkrechtstart vom Kinderschreck zum ‚It-Piece‘ hin. Aufgrund ihres hohen Vitamin-B-, Kalium-, Eisen– und vor allem Folsäuregehalts trägt die Rote Bete ihren Titel als Superfood zu Recht. Die tiefpinke Farbe macht Saucen zum optischen Hingucker und bringt Smoothies zum Leuchten. Verantwortlich für das Rot der Roten Bete ist das Polyphenolbetanin. Der Stoff stärkt das Immunsystem nachweislich und wirkt entzündungshemmend – vor allem, wenn Rote Bete roh gegessen wird.

Bild: Anna Pelzer // unsplash

Her damit!

Heimische Superfoods mögen nicht so sexy sein wie ihre exotischen Nachbarn – doch neben einer frischeren und weniger pestizidbelasteten Qualität bieten die regionalen Produkte vor allem eins: das vollere Portemonnaie. Geld, das in kühle, hopfenhaltige Getränke oder in lehrreiche neue Studienbücher (Ironie aus) investiert werden kann. Wer auf maximale Frische setzen will, kann den Einkauf der Superfoods auch gleich mit einer Fahrradtour verbinden. Und zwar zum nächsten Biobauern in Kiel, bei dem ihr neben den angebauten Gemüsesorten noch Freilandeier und Milchprodukte findet. Der Hof Wittschap befindet sich in der Rendsburger Landstraße in Kiel und ist mit seinem 200 Quadratmeter großem Verkaufsbereich ein Paradies für Regionalfans. Es werden vorwiegend späte Gemüsesorten wie Kohl, Mangold, Fenchel, Spinat, Porree und Feldsalat angebaut, die dann jedoch nicht nur im Hofladen und auf dem Exerzierplatz dargeboten werden, sondern ihren Weg auch direkt zum Hauseingang von Verbrauchern findet – die immer beliebter werdende Hofkiste ist auch hier verfügbar. Mit wohlklingenden Namen wie „Küstenkiste“, „Kugelkiste“ und „Freidenker-Kiste“ haben auch Einkaufsmuffel keine Ausrede mehr, auf regionale Produkte zu verzichten.

„Aber was mache ich denn mit dem ganzen Zeug?“

Wer kennt es nicht – in einem temporären Aufbäumen unseres Öko-und-Gesundheits-Gewissens haben wir vielleicht einen Schrebergarten gepachtet und sehen uns plötzlich mit fünf Kilo Möhren konfrontiert. Oder wir haben nicht eine Knolle, sondern gleich eine Kiste der besagten Roten Bete gekauft. Nach den ersten Gehversuchen (ein Risotto soll es sein) sind unsere Hände pink (mit Zitrone abreiben hilft übrigens), zwei Knollen sind verbraucht und dafür steht genug Reis für die nächsten zwei Wochen im Kühlschrank. Nun möchten wir aber weiterhin trendbewusst sein und gegen das Wegwerfen angehen. Das Problem des Überschusses hatten schon alle Generationen vor uns. Es scheint nur, als seien wir die erste Generation, die das nicht freut, sondern schier überfordert. Obst und Gemüse einzuwecken und Fleisch haltbar zu machen, erscheint vielen eher wie Quantenphysik als ein alltäglicher Prozess. Doch schauen wir uns die Ergebnisse von Trendforschern an, findet auch der blutige Küchenanfänger hier seine Antworten: Fermentieren ist der Shit. Bei diesem Prozess des Haltbarmachens wird organische Substanz mit Hilfe von Mikroorganismen zersetzt. Der Unterschied zwischen der Fermentation und den herkömmlichen Methwoden wie Einwecken, Einkochen oder Einlegen ist gravierend: Beim Fermentieren kommen weder Hitze noch Essig oder Konservierungsstoffe dazu. Hierdurch gehen weniger Nährstoffe verloren, das Gemüse wird ‚sich selbst überlassen‘ und dabei nur von Salzwasser unterstützt. Was an diesem Prozess überzeugt, ist die unkomplizierte Umsetzung: Gestückeltes Gemüse in ein großes Glas, mit Salzwasser auffüllen, beschweren und bei Zimmertemperatur den Mikroorganismen bei der Arbeit zusehen, fertig. Das Fermentieren ist auch in unseren deutschen Gefilden nicht neu oder unbekannt und hat uns das traumhafte Sauerkraut geschenkt. Auch Kimchi, Tee oder Bier sind Produkte dieses Herstellungsprozesses.

Fermentiert werden kann quasi alles, was aus der letzten Hofkiste übriggeblieben ist, egal, ob Weißkohl, Apfel oder eben die Rote Bete.

Das Ferment: Sellerie-Quitte und Rote Bete-Fenchelsamen. Bild: Johanna Lea Rädecke

So geht’s:

Zutaten: Gemüse und/oder Obst (z.B. Weißkohl, Rote Bete, Kürbis, Möhren, Tomaten, Quitten, Paprika, Apfel…), Stein- oder Meersalz, Wasser, Gemüsehobel, großes, sauberes, gut verschließbares Gefäß, etwas zum Beschweren des Gemüses (z.B. Glasssteine, ein Säckchen aus unbehandelten Fasern, das mit Steinen befüllt wird, eine kleine Schüssel…)Z

Zubereitung: 

1. Das Gemüse (Ferment) wird gründlich gewaschen und, je nach Belieben, gehobelt, geraspelt oder kleingeschnitten. Generell gilt: Je kleiner das Ferment geschnitten wird, desto schneller und besser fermentiert es.

2. Das zerkleinerte Gemüse wird dann in die vorgesehenen Behälter gefüllt. Wichtig ist hierbei, mit der Faust immer wieder das Ferment nach unten zu drücken, sodass keine Hohlräume und Luftblasen entstehen. Sollten Kräuter und Gewürze mit in die Mischung gegeben werden, empfiehlt es sich, diese als erstes in das Glas zu geben, damit nichts obenauf schwimmt.

3. Bei der Befüllung sollte genügend Platz zum Deckel gelassen werden, damit das Ferment noch mit einem Glasstein oder ähnlichem beschwert werden kann. Hierdurch wird verhindert, dass Ferment an der Oberfläche der Salzlösung treibt und durch den Einfluss von Sauerstoff anfängt zu schimmeln.

4. Zur Herstellung der Lake muss eine zweiprozentige Salzlösung hergestellt werden. Hierfür werden also 2 Gramm Salz in 100 ml lauwarmem Wasser aufgelöst. Es wird so viel Salzwasser auf das Gemüse gegeben, bis dieses komplett bedeckt ist.

5. Jetzt heißt es nur noch warten: Nach dem Verschließen wird das Gefäß bei Zimmertemperatur gelagert. Es sollte natürlich weder neben einer Heizung stehen, noch direktem Sonnenlicht ausgesetzt sein. Die Fermentation beginnt sofort, nach circa vier Wochen kann bereits getestet werden. Ob das Gemüse aber drei, sechs, oder acht Wochen fermentiert, hängt vom persönlichen Geschmack ab.

Autor*in

Johanna schreibt seit Anfang 2015 vornehmlich für das Ressort Gesellschaft. Seit Februar 2017 ist sie Chefredakteurin des ALBRECHT. Sie studiert seit dem Wintersemester 2014 Deutsch und Soziologie an der CAU.

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