Als 1998 der Kinotrailer zu Star Wars: Episode I – The Phantom Menace im Vorprogramm von Meet Joe Black lief, stürmten die Menschen die Kinovorstellungen, nur um den Star Wars-Trailer zu sehen. Das war vor der Etablierung von YouTube und anderen Streaming Plattformen. Mit dem Wandel der Medien hat sich ebenso das Vorprogramm des Kinos verändert.

Der Filmtrailer ist zum vermutlich wichtigsten Marketingwerkzeug der Filmindustrie herangewachsen. Über Videoportale und soziale Netzwerke ist die Filmvorschau permanent verfügbar. Die Clips werden mit Freunden geteilt oder einfach nur als Statement ins World Wide Web gepostet. International angekündigte Veröffentlichungstermine machen die Filmwerbung mittlerweile zu einem Event. Ob mit Freunden oder alleine wird die Filmvorschau meist mehrmals angeschaut, analysiert und auf ihren Status zum so genannten Feature Film (Langfilm) prognostiziert. Damit folgt der Filmtrailer werbestrategischen Strukturen, die sich bereits in der Autoindustrie, Telekommunikations- und Videospielbranche bewährt haben.

Zweifelsohne soll der Trailer möglichst viele Besucher*innen in die Kinos locken. Bei einigen Produktionen wird das Publikum jedoch bereits ein Jahr im Voraus (Star Wars VIII, Guardians of the Galaxy Vol. 2) mit Teasern und Trailer buchstäblich an den Kinostart herangeführt. Wobei hier zumindest die Möglichkeit besteht, die Bilder der ersten Vorschau bis zum Kinostart wieder vergessen zu haben. Während die Teaser nur wenige Sekunden lang sind und häufig vollkommen ausreichen würden, um die Neugier auf den Feature Film zu wecken, manövrieren sich die Studios durch den frühen Release in die Misere, bis zur Premiere permanent neues Material veröffentlichen zu müssen.

Neben den multiplen Trailern variiert die Laufzeit derweil von knapp zwei bis vier Minuten Länge. Dabei ist es nicht primär die Laufzeit der Trailer, wie es die Vorschau zu The American beweist, welche ein prekäres Ausmaß angenommen hat, sondern der Inhalt. Selbstverständlich bedingen sich diese Elemente, je länger der Trailer desto mehr Inhalt wird quantitativ preisgegeben. Weder die dreieinhalb-minütige Filmvorschau von Blade Runner noch der vier Minuten lange Prolog zu Alien Covenant raubt den Zuschauer*innen den Spaß am Film, im Gegenteil. Nichtsdestoweniger gab es in der Filmgeschichte schon immer Trailer, die den Plot vorweggenommen haben; Chinatown, Carrie, Speed oder Free Willy sind nur einige Beispiele.

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Was in der Vergangenheit eine Ausnahme war, wird gegenwärtig gefühlt zur Regel. Rian Johnson, Regisseur von The Last Jedi warnte Fans via Twitter vor dem aktuellsten Star Wars-Trailer: „More stuff is coming, that‘s the nature of the beast. But I fully endorse avoiding everything you can from now till December!“

Während es sich dabei ebenso gut um eine clevere Werbestrategie von Johnson handeln kann, besteht bei den folgenden Trailern kein Zweifel daran, dass sie den Feature Film obsolet werden lassen oder zumindest das Vergnügen am Schauen ruinieren. So verraten die Trailer von Terminator: Salvation, Terminator: Genisys, und Batman vs Superman – Dawn of Justice, einen signifikanten Plot Twist, in Kingsman: The Golden Circle ist der totgeglaubte Ziehvater ohne Erklärung wieder lebendig und in Valerian and the City of a Thousand Planets wird uns bereits ein Großteil der wundervollen, bunten Welt und deren Figuren gezeigt, die das einzig Sehenswerte sind. Ähnlich verhält es sich bei Kong: Skull Island; der erste Teaser sowie Trailer wären vollkommen ausreichend gewesen, stattdessen wurden zwei weitere veröffentlicht, in denen die unterschiedlichen Monster der Insel, der eigentliche Antagonist und die Action- und Versöhnungssequenz mit Kong gezeigt werden. Womit jegliche Geheimnisse und Spannung zugunsten erwartbarem Gefallen eliminiert werden.

Dass es auch anders geht, zeigen beispielsweise die Trailer zu den Filmen von Little Children, The Tree of Life, Inherent Vice oder Kill Bill: Vol. 1. Sie überzeugen durch eine Auswahl an repräsentativen, jedoch aus ihrem konkreten Sinnzusammenhang extrahierten Szenen des Feature Films, um einen Handlungsverlauf zu suggerieren, ohne ihn jedoch vorwegzunehmen.

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Keine Geheimnisse oder Fragen offen zu lassen, ist eine schlechte Angewohnheit, die ebenso im Feature Film zu finden ist. Welchen Mehrwert haben, überspitzt betrachtet, die Star Wars-Prequels? Die Filme brauchen nicht erklären, wie und warum Anakin Skywalker zu Darth Vader wurde. Manchmal ist Nichtwissen, gute Horrorfilme basieren auf dieser Prämisse, wirkmächtiger als alles zu erklären.
Ein absurdes Beispiel für einen erfolgreichen Trailer stellt David Ayers Suicide Squad dar. Leider war der Trailer bei Fans so beliebt, dass der Final Cut des Films an die Filmvorschau angepasst wurde, was ihn zu einem zusammenhangslosen 123-minütigen Trailer werden ließ.

Ambivalent ist zudem, dass bei den Konsumenten*innen eine konträre Entwicklung stattgefunden hat. Mit Filmen wie The Sixth Sense von M. Night Shyamalan oder Fernsehserien wie The Wire, Breaking Bad oder spätestens seit Game of Thrones hat sich bei Fans eine No-Spoiler-Kultur herausgebildet. Die neben einer peniblen Vorsicht vor plotrelevanten Informationen, die einem die Lust am Schauen verderben könnten, ihre Mitmenschen mit dem Ausruf SPOILER-ALARM in den Satz fallen oder soziale Netzwerke infolgedessen temporär meiden.

Zum Glück wird niemand gezwungen, die Trailer vorab anzusehen, obwohl das Wegsehen und -hören im Kino nicht einfach ist. Eine Alternative zu den spoilernden Trailern stellt die geschriebene Filmkritik dar. Gute Texte sind unter anderem bei epd-film, critic.de, perlentaucher.de oder rogerebert.com zu finden.

 

Autor*in

Marc studierte Politik, Soziologie und Medienwissenschaft in Kiel. Für den ALBRECHT schreibt er seit 2015 insbesondere für das Kulturressort und dessen Filmsparte KinoKatze.

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