Veranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung zur aktuellen politischen Lage

Es sei ihr bei der Vorbereitung der Veranstaltung schwergefallen, bei all den neuen Entwicklungen den Überblick zu behalten, bemerkte die Moderatorin des Abends, Semra Buşoģlu, in ihrer Einleitung. Dass sie damit nicht alleine war, zeigt der Zulauf, den die Veranstaltung Zurück in die Vergangenheit? Russland in der Ukraine an diesem Dienstag im International Center der CAU hatte. Die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung hatte im Rahmen ihrer Reihe Weltsichten den Journalisten Jens Siegert zu Gast, der das Moskauer Büro der Stiftung leitet.

Während seines Vortrags skizzierte er die Vorbedingungen, die das Verhältnis der russischen Bürger zu ihrer Regierung bestimmen. Nach dem Ende der Sowjetunion wäre es ihnen vor allem wichtig gewesen, dass der Staat ihre Privatsphäre achtete, etwas, das Präsident Wladimir Putin seit seinem Amtsantritt im Jahr 2000 einhielt. Im Ausgleich hierzu hätten sie auf ein gewisses Maß an politischer Teilhabe verzichtet. Im Laufe der Jahre hätte sich dies jedoch geändert. Der Staat greife stärker in das private Leben seiner Bürger ein, wolle über sie bestimmen. Siegert sprach hier von einer Art „Re-Ideologisierung“ Russlands, die auf immer größeren Widerstand in der Bevölkerung stoße. Dass die wichtigen politischen Entscheidungen Russlands wie in einer nicht einsehbaren ‚Blackbox‘ von nur einer kleinen Gruppe von Menschen getroffen würden, mache es auch für den Rest der Welt schwierig, den nächsten Schritt Putins, wie beispielsweise in Bezug auf die Krim und den Rest der Ukraine, vorherzusagen.

Blackbox RusslandBei einem derart komplexen Thema ist es zu erwarten, dass nicht alle seine Feinheiten in einem knapp einstündigen Vortrag angesprochen werden können. In der abschließenden Diskussionsrunde antwortete Jens Siegert kompetent auf die unterschiedlichen Fragen der Zuhörer und führte seine Aussagen aus dem Vortrag weiter aus. Durch den vorgegeben Zeitrahmen von zwei Stunden war es leider nicht möglich, alle Fragen aufzugreifen, er bewahrte die Diskussion jedoch auch davor, auszuufern. Bei der Veranstaltung gewannen die Zuhörer einen differenzierten und persönlichen Einblick in das heutige Russland. Den Anspruch, die aktuellen Ereignisse verständlicher zu machen, hat sie auf jeden Fall erfüllt.

Jens Siegert schreibt für die Heinrich-Böll-Stiftung auch einen Blog, in dem er die Nachrichten zu den Geschehnissen in Russland kommentiert. Zu finden ist dieser unter http://russland.boellblog.org/.

Die Stiftung veranstaltet in unregelmäßigen Abständen Vorträge zu aktuellen politischen Schwerpunkten. Über kommende Veranstaltungen der Reihe Weltsichten in Kiel informiert die Website http://www.boell-sh.de/ .

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