Ein Kommentar.

Unsere Universität feiert nächstes Jahr ihr 350-jähriges Bestehen. Anlässlich dieses Jubiläums werben die Verantwortlichen mit dem Slogan „CAU – seit 350 Jahren ganz weit oben“. Es ist nichts Neues, dass die Universität den Anspruch hat, eine der Elite-Unis zu werden. Die blumige Eigendarstellung führt den ALBRECHT zu der Frage, ob es nicht genügend Baustellen innerhalb der Universitätsstrukturen gibt.

Um Schwachstellen der Universität zu finden, reicht es vollkommen, seinen täglichen Weg durch die Gemäuer zu rekapitulieren: Morgens geht es mit dem klapprigen Fahrstuhl in der Leibnizstraße auf in den fünften Stock. Natürlich kann man die Treppe benutzen – außer man sitzt im Rollstuhl. Der graue Gebäudekomplex steht nicht unter Denkmalschutz und könnte einladender gestaltet werden. Auch die räumliche Ausstattung versetzt uns zurück in die Nachkriegszeit. Graue Wände, kaputte Overheadprojektoren, Tafeln aus der Steinzeit. Positive Lernatmosphäre wird hier vergebens gesucht.

Lernen in den Bibliotheken – jeder Student kennt es. Die Universität hat die Aufgabe Studenten zu Höchstleistungen zu motivieren. Um unseren Horizont zu erweitern, stehen uns deshalb viele Bücher zu Verfügung. Doch setzt man sich wirklich gerne im schwachen Licht in die verstaubte Fachbibliothek? Wäre eine lichtdurchflutete moderne Bibliothekswelt nicht schöner? Welches Argument spricht gegen ein neues architektonisches Konzept für die Christian-Albrechts-Universität? Das Geld? Wenn man sich selbst zur Elite zählen möchte, gilt es auch, Investitionen aufgeschlossen gegenüberzustehen. Geld sollte nicht nur in das Äußere gesteckt werden – auf die inneren Werte kommt es an. Auch hier ist es als Student der Geisteswissenschaften unweigerlich festzustellen, dass die Naturwissenschaften sehr viel besser ausgestattet sind als wir. Natürlich ist das naturwissenschaftliche Feld der Kieler Universität durch das UKSH und das GEOMAR ein gern zur Profilierung genutztes Gebiet. Doch sollte sich eine Universität, die sich „ganz weit oben“ befindet, nicht dadurch auszeichnen, dass alle Fakultäten denselben Standard genießen und Dozenten sich durch ihre Lehre als hervorragende Mentoren auszeichnen? Dass sich die Universität schützend vor ihre Angestellten stellt, anstatt ernsthafte Konsequenzen auf ihre Fehler folgen zu lassen, zeigte sich erst vor kurzem, durch den viel diskutierten Abtastskandal.

Doch nicht alle Probleme der CAU sind auf den ersten Blick offensichtlich, wie die Architektur, betreffen uns jedoch alle und werden gerne aus der öffentlichen Diskussion ferngehalten: In Sachen Rüstungsforschung und Zivilklausel zeigt sich die CAU bisher eher verschwiegen und intransparent. Diese durch den Senat beschlossene Klausel ist eine Selbstverpflichtung der Universität, Studium, Forschung und Lehre frei von militärischen Einflüssen zu halten. Aus einer kleinen Anfrage der Piratenpartei an den Landtag Schleswig-Holsteins geht jedoch hervor, dass die Uni Forschungsaufträge von der NATO und dem Bundesverteidigungsministerium annimmt und dabei finanzielle Mittel im Millionenbereich erhält. Um was für Projekte es konkret geht, ist nicht bekannt, es handle sich nämlich „um sensible Daten, die der Vertraulichkeit unterliegen und nicht veröffentlicht werden können“.

Zudem verweigert sich die Uni gegen die Einführung der Zivilklausel, da diese nach einer Stellungnahme von Dr. Joachim Krause, Professor am ISPK, verhindert, sich „wissenschaftlich auf dem Gebiet der Erforschung von Sicherheitspolitik zu betätigen“. Als Antwort auf eine Wahl im vergangenen Jahr, bei der 2/3 der Studierenden für die Zivilklausel stimmten, wurde eine Ethikkommission eingerichtet, bestehend aus drei Festangestellten der Uni, welche in Zukunft über die Forschungsprojekte richten soll.

So hoch wird studentische Beteiligung geschätzt und so wichtig ist sie für die Hochschulpolitik. Man muss dazu sagen, dass das Engagement der Kieler Studierenden für ihre Uni nicht sehr ausgeprägt ist. Das zeigt beispielsweise die Wahlbeteiligung, die meistens um 20 Prozent liegt. Oder der chronisch überarbeitete, weil ständig unterbesetzte AStA. Oder die ebenso knapp belegten Fachschaften. Aber auch das ist ein Punkt, in welchem die CAU hinterherhinkt: Das Interesse an der Alma Mater und die Zufriedenheit ihrer Kinder.

Umfragen zufolge liegt die Christian-Albrechts- Universität diesbezüglich höchstens im Mittelfeld. Keiner ist richtig unzufrieden hier zu studieren, richtig zufrieden ist aber auch niemand. Vor allem die Infrastruktur (zu volle Busse) und das äußere Erscheinungsbild sowie die innere Ausstattung der Uni werden bemängelt. Dazu gibt es auf dem gesamten Campus keinen Aufenthaltsort für Studierende außerhalb von Bibliotheken und Mensen.

Studenten gehören genauso zu einer Uni wie Forschung, Lehre und Exzellenz, und in diesem Punkt liegt die CAU weit hinter der Spitze. Wo die Forschungselite vorprescht, bleibt der gemeine Student zurück, zumindest in der glanzvollen Spitzenpolitik.

Liebe Universität, wenn du zu den ganz Großen zählen möchtest, dann tut ein kritisches Betrachten deiner selbst sicher gut.

Foto: Jürgen Haacks / Uni Kiel

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