Wer kennt sie nicht, die Geschichte vom jungen Mädchen, das nach dem Tod ihrer Mutter zusammen mit ihren Stiefschwestern und ihrer Stiefmutter leben muss, die sie aus Eifersucht auf ihre Schönheit zur Hausmagd degradieren und mit Bosheit behandeln; nur der Prinz kann sie mithilfe des verlorenen Schuhs aus dieser misslichen Lage befreien. Das weltweit beliebte Märchen Cinderella erfährt nun durch den Kieler Ballettdirektor Yaroslav Ivanenko einen neuen Glanz. Denn anstatt Cinderella in der Küche Erbsen zählen zu lassen, ist das Mädchen in seiner Neuauflage als Putzkraft im Zirkus tätig und träumt davon, Artistin zu werden. Die Idee, dass bekannte Stück von Sergei Prokofjewin in die Welt des Zirkus zu versetzen, ist genial und das Ergebnis kann sich sehen lassen: Neben den tänzerischen Leistungen versetzen beeindruckende Kunststücke, unfassbare akrobatische Leistungen und Zaubertricks das Publikum ins Staunen.

 

Der Vorhang öffnet sich zum ersten Akt und schon jetzt gibt es eine Überraschung, denn statt einer Küche präsentiert sich eine Zirkusmanege, die von Lars Peter farbenfroh und sparsam gestaltet wurde. Cinderella, getanzt und gespielt von Keito Yamamoto, in einer unscheinbaren Leinenkluft fegt den Boden und träumt davon, Artistin zu werden. Im Hintergrund ein Sternenhimmel, vor dem sich eine Akrobatin am Vertikalband in den Glanz der Zirkuswelt zaubert.

 

Komplett in schwarz gekleidet glänzt Victoria Lane Green alias die Stiefmutter, die als strenge Zirkusdirektorin mit Adleraugen die Proben ihrer Zirkustruppe überwacht. Ihre Töchter (Gulzira Zhantemir und Sabina Fashki) fallen dabei mit ungelenken und tollpatschigen Darbietungen auf. Zusammen machen sie Cinderella das Leben schwer und grenzen sie von den Proben aus. Doch die drei Clowns (Yat-Sen Chang Oliva, Jean Marc Cordero und Didar Sarsembayev) nehmen sich ihrer an und durch ihre witzige und quirlige Art steigen sie schnell in der Gunst des Publikums.

 

Eine unfassbare Bühnenshow mit Stelzenkünstlern, akrobatischen Tanzeinlagen, Zaubertricks und lustigen Clowns dient als Krönung des ersten Aktes. Besonders beeindruckend hierbei ist der Ring-Akrobat, der die Reifen scheinbar mühelos mit und um seinen Körper schwingt und gleichzeitig akrobatische Verrenkungen vorführt.

 

Nach der Pause geht es dann in den zweiten Akt, der am Hof des Prinzen (Amilcar Moret Gonzalez) situiert ist. Die komplette Zirkuskompanie tanzt auf dem königlichen Ball und nun hat auch Titelheldin Cinderella, die sich bisher im Hintergrund aufhielt, ihren großen Auftritt: Als schöne Unbekannte verzaubert sie mit ihrem anmutigen Tanz den Prinzen. Der Fokus wird nun verstärkt auf die Liebesgeschichte zwischen den beiden Hauptcharakteren gerichtet. Das Duett der beiden ist wunderschön choreografiert und getanzt.

 

Der Rest der Geschichte wird nahe am Original erzählt: Der verlorene Schuh, der Prinz begibt sich auf die Suche und schließlich das Happy End, er nimmt Cinderella zu Frau. Wer sich von der magischen Welt des Zirkus faszinieren lassen und ein bekanntes Märchen einmal aus einer völlig neuen Perspektive erleben möchte, sollte sich das herzerwärmende und lustige Stück auf keinen Fall entgehen lassen. Großartig!


Titelbildquelle: Theater Kiel/Olaf Struck

Autor*in

Johanna studiert seit dem Wintersemester 2016/17 Deutsch und Soziologie an der CAU. Sie ist seit Oktober 2016 Teil der ALBRECHT-Redaktion. Von Juli 2017 bis Januar 2019 war sie als Ressortleiterin für die Kultur verantwortlich. Sie war von Februar 2019 bis Januar 2022 Chefredakteurin des ALBRECHT.

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