„Eines Tages wird alles gut sein, das ist unsere Hoffnung. Heute ist alles in Ordnung, das ist unsere Illusion.“ Dem aus dem 18. Jahrhundert stammenden französischen Philosophen und Aufklärer Voltaire war Greenwashing kein Begriff. Nichtsdestotrotz beschreiben seine Worte die bei Großkonzernen heutzutage sehr beliebte PR-Methode treffend. Wer im Medienüberfluss des 21. Jahrhunderts überleben will, malt sein Image grün und beruhigt somit das kollektive schlechte Gewissen.

Greenwashing ist seit einigen Jahren fester Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit vieler Unternehmen. Durch möglichst ‚grüne‘ Kampagnen suggerieren sie verantwortungsvoll mit der Umwelt umzugehen und nachhaltig zu wirtschaften, während in Wirklichkeit geringe bis gar keine entsprechenden Maßnahmen seitens der Konzerne getroffen werden.

Das wohl bekannteste Beispiel für die Grünfärberei ist eine Werbung des Energieversorgungskonzerns RWE. 2009 spielte das Unternehmen mit seiner in den Medien geläufigen Betitelung ‚Energieriese‘ und gab einen Werbespot in Auftrag, der einen gutmütigen Riesen zeigt. Auf seinen Schultern wachsen Bäume, er stapft durch eine grüne Landschaft, der Himmel leuchtet lila-blau. Der RWE-Riese platziert Windkraftanlagen, repariert defekte Strommasten, versieht eine Stadt mit Elektroautos, rollt grünen Rasen aus, pflanzt Bäume und schiebt graue Wolken zur Seite. Untermalt werden seine umweltbewussten guten Taten mit I like the Flowers in einer fröhlichen Ukulele-Version. Der zweiminütige Spot, der unter anderem im Kino-Vorprogramm zeitgenössischer Blockbuster zu sehen war, endet mit den Worten „Es kann so einfach sein, Großes zu bewegen, wenn man ein Riese ist“. Die Empörung über RWE war groß. Greenpeace konterte mit der Faktenlage: Der Anteil der Erneuerbaren Energien bei der Stromproduktion von RWE betrug im Jahre 2008 lediglich zwei Prozent.

Greenwashing ist jedoch häufig viel weniger offensichtlich als beim Ernergieriesen. So änderte McDonald’s Deutschland 2009 seinen Logo-Hintergrund von rot zu grün, „als Bekenntnis und Respekt vor der Umwelt“, so der damalige Vize- und heutige Vorstandvorsitzende Holger Beeck zur Financial Times Deutschland. Dass weiterhin Unmengen an Verpackungsmüll durch McDonald’s produziert werden, scheint für das neue grüne Image unwichtig. Selbigen Farbwandel vollzog auch die Deutsche Bahn mit ihren nun nicht mehr roten, sondern grünen Bahncards und verspricht den Kunden hundert Prozent Ökostrom – die restlichen Passagiere fahren jedoch im selben Zug weiterhin mit Atomstrom. Ein weiteres Beispiel ist die Conscious Collection der Modefirma H&M. Das Unternehmen wirbt dabei mit dem Slogan „Nachhaltigere Artikel“ und betitelt das Problem somit selbst: Die Kleidung mag nachhaltiger sein, jedoch noch immer nicht nachhaltig. Darüber hinaus bleiben die katastrophalen Arbeitsbedingungen in den Nähfabriken in Ländern wie Bangladesch, China und Äthiopien dieselben.

Einen weiteren Coup dachten sich mehrere Unternehmen pünktlich zum Kopenhagener UN-Klimagipfel im Jahre 2009 aus. Die Kampagne Hopenhagen vereinte Großkonzerne wie Siemens und den Chemieriesen DuPont und gaukelte vor, die Umwelt nun ganz besonders in den Fokus nehmen zu wollen. Kampagnen-Sponsor BMW ließ es sich nicht nehmen, den namhaften Beteiligten des Klimagipfels einige wasserstoffgetriebene Autos des Modells Hydrogen 7 zur Fortbewegung zur Verfügung zu stellen, während das Unternehmen jedoch noch im selben Jahr die Forschung rundum den Wasserantrieb einstellte. Die einst schicke Website Hopenhagens ist sieben Jahre nach dem Klimagipfel nicht mehr verfügbar, auch lassen sich kaum Informationen zur Kampagne und ihren Ergebnissen finden. Schnell wird deutlich, dass hier nur das Image, nicht aber die Umwelt gerettet werden sollte.

Der Kampagnenname Hopenhagen ist Indiz dafür, was Greenwashing mitunter so effektiv macht: Indem Großkonzerne dem Verbraucher vorgaukeln, tatsächlich etwas Gutes für die Umwelt zu tun, geben sie Hoffnung, dass der Klimawandel gestoppt werden kann. Vielmehr sogar, dass sie bereits im Begriff sind, dies zu tun. Die Antwort auf die schlechten Nachrichten rundum den Klimawandel, lautet durch Greenwashing positive, hoffnungsvolle Gefühle zu generieren, die wiederum zum Kauf des Produktes anregen sollen. Diese Strategie ist bewährt und funktioniert auch beim Äquivalent in der Lebensmittelindustrie, dem so genannten ‚Healthwashing‘. Seichter Werbung wird gerne Glauben geschenkt, die postfaktischen Zeiten, in denen wir uns befinden sollen, sind dabei eine große Hilfe. Beide PR-Maßnahmen haben zur Folge, dass vor allem das Gewissen der Öffentlichkeit beruhigt wird. An der Faktenlage ändert jedoch auch ein grünes Image nichts.

Autor*in

Leona ist seit Juni 2014 Teil der Redaktion und war von Dezember 2014 bis Februar 2017 Chefredakteurin der Print-Ausgabe des ALBRECHT. Anschließend leitete sie die Online-Redaktion bis Mitte 2018. Leona studiert Englisch und Französisch an der CAU, schreibt für verschiedene Ressorts der Zeitung und kritisiert Land, Leute, Uni und den Status Quo ebenso gerne wie Platten.

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